Ägyptische Regierung tritt zurück
21. November 2011Als Reaktion auf die jüngste Protestwelle in Ägypten hat das Kabinett in Kairo seinen Rücktritt erklärt. Das berichtete das Staatsfernsehen. Die Entscheidung sei angesichts der schwierigen Umstände des Landes getroffen worden, sagte ein Regierungssprecher.
Bei den seit drei Tagen andauernden blutigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Ägypten sind nach unterschiedlichen Angaben bislang bis zu 35 Menschen getötet worden. Rund 2200 sollen verletzt sein. Es sind die schlimmsten Ausschreitungen seit dem Sturz des Machthabers Husni Mubarak Anfang des Jahres.
Der Militärrat mahnte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Mena zur Besonnenheit und drückte sein Bedauern über die Opfer aus. Den Rücktritt des Kabinetts will das Führungsgremium angeblich erst annehmen, wenn ein Nachfolger für Ministerpräsident Essam Scharaf gefunden ist.
Tränengas gegen Demonstranten
Auf dem Tahrir-Platz in Kairo gingen Polizisten am Montag (21.11.2011) den dritten Tag in Folge mit Tränengas und Knüppeln gegen die Protestierenden vor. Diese bewarfen die Beamten mit Steinen.
Die mehreren tausend Demonstranten fordern vom herrschenden Militärrat vor allem eine raschere Übergabe der Verantwortung an eine zivile Regierung. Der Militärrat hatte unter dem Eindruck der Proteste ein Dekret erlassen, das Parteigängern des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak erschweren soll, weiter politisch aktiv zu sein. Es sieht ein fünfjähriges Betätigungsverbot für jeden Ägypter vor, der sich der "politischen Korruption" schuldig gemacht hat. Hintergrund ist die Kandidatur zahlreicher Ex-Mitglieder von Mubaraks inzwischen aufgelöster Regierungspartei bei der am 28. November beginnenden Parlamentswahl.
Wahl in der kommenden Woche
In der kommenden Woche beginnt in Ägypten die erste Wahl seit dem Aufstand. Angesichts der Zusammenstöße fürchten Beobachter allerdings, dass die Abstimmung gestört wird. Zwar sind die Ägypter aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Allerdings bleibt die Macht bis zur Präsidentenwahl beim Militär. Ein neuer Präsident soll Ende 2012 oder Anfang 2013 gewählt werden. Die Demonstranten fordern einen früheren Machtwechsel.
Die USA forderten Ägypten auf, die Parlamentswahl wie geplant abzuhalten. Regierungssprecher Jay Carney rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Auch Außenminister Guido Westerwelle forderte erneut ein Ende der Gewalt.
Autor: Herbert Peckmann/Dirk Eckert (rtr, dpa, dapd, afp)
Redaktion: Thomas Grimmer