1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Auch ein Star-Politiker steht nicht über dem Gesetz"

Gabriel Dominguez / mgr22. Oktober 2015

Auf den Malediven sitzt der frühere Präsident Nasheed im Gefängnis. Die UN haben das als illegal kritisiert. Im DW-Interview spricht der amtierende Vizepräsident Ahmed Adeeb über den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.

https://p.dw.com/p/1GnEi
Vize-Präsident der Malediven, Ahmed Adeeb (Foto: Ishara S.KODIKARA/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/S. Kodikara

Die Regierung der Malediven steht unter Druck - und der ist in den vergangenen Monaten gewachsen: Sie hatte mehrere Oppositionspolitiker verhaften lassen, darunter den ehemaligen Präsidenten Mohamed Nasheed. Im März wurde er zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Ein Gericht in der Hauptstadt Male befand den Ex-Präsidenten für schuldig, in seiner Amtszeit die Verhaftung des Vorsitzenden des Strafgerichtshofs der Malediven wegen Korruption veranlasst zu haben. Der zuständige Richter sprach in diesem Zusammenhang von einer "Entführung und Internierung des Strafgerichtshofsvorsitzenden" und wertete dies als "Terrorismus". Obwohl die Haftstrafe zwischenzeitlich in Hausarrest umgewandelt worden war, wurde er vergangenen Monat erneut ins Gefängnis gebracht.

Die USA sowie Menschenrechtsorganisationen haben das Vorgehen als politisch motiviert bezeichnet. Zuletzt verurteilte ein UN-Gremium das Gerichtsurteil als illegal und rief zur sofortigen Freilassung Nasheeds auf. Das wiederum wies die Regierung des Präsidenten Abdulla Yameen zurück.

Nasheed war der erste demokratisch gewählte Präsident der Malediven und regierte den Inselstaat im Indischen Ozean von 2008 bis Februar 2012. Dann musste er nach einer Meuterei von Polizei und Armee zurücktreten.

Der frühere Präsident der Malediven, Mohamed Nasheed (Foto: AP Photo/ Mohamed Sharuhaan)
Ex-Präsident Nasheed war im März zu 13 Jahren Haft verurteilt wordenBild: picture-alliance/AP Photo/M. Sharuhaan

Im DW-Exklusivinterview spricht der amtierende Vizepräsident Ahmed Adeeb über die umstrittene Verurteilung, Vorwürfe der Menschenrechtsorganisationen und die Zukunft des Falles Nasheed.

Deutsche Welle: Menschenrechtsgruppen werfen der Regierung von Präsident Yameen vor, friedliche Demonstranten mundtot zu machen, kritische Vertreter von Medien und Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen und die Justiz einzusetzen, um Oppositionspolitiker ins Gefängnis zu stecken. Was sagen Sie zu den Vorwürfen?

Ahmed Adeeb: Die Malediven sind eine junge und lebendige Demokratie. Die letzten zehn Jahre waren nicht perfekt, aber wir haben ein funktionierendes Mehrparteiensystem, eine freie Presse und eine unabhängige Justiz.

Sowohl die Vereinten Nationen als auch das Commonwealth haben die Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung unterstützt, die ergab, dass der ehemalige Präsident 2013 freiwillig zurückgetreten ist. Danach gab es im Land eine demokratische Präsidentschaftswahl unter internationaler Beobachtung, bei der Nasheed gegen Präsident Yameen verloren hat, sowie Parlamentswahlen, in denen die Partei von Nasheed ebenfalls unterlag. Die amtierende Regierung hat ihre demokratische Glaubwürdigkeit wiederholt bewiesen.

Trotzdem wächst die Kritik zu einer Zeit, in der ihre Regierung Anzeige erstattet hat gegen bedeutende Oppositionspolitiker.

Als Nasheeds Anwälte vorigen Monat hier waren, haben sie frei und ohne irgendeine Form der Störung Pressekonferenzen mit den internationalen Medien veranstaltet. Unterstützer der Opposition haben in der Hauptstadt demonstriert, ohne dass sie Repressionen fürchten mussten. Das sind die Fakten.

Rechtsanwältin Amal Clooney und Laila Ali, Gattin des inhaftierten Ex-Präsidenten der Malediven, Nasheed (Foto: BRENDAN SMIALOWSKI/AFP/Getty Images)
Letzten Monat reiste Nasheeds Rechtsanwältin Amal Clooney auf die Malediven, um sich für die Freilassung des Ex-Präsidenten einzusetzenBild: AFP/Getty Images/B. Smialowski

Als der ehemalige Präsident Nasheed jedoch im Amt war, hat er den Obersten Gerichtshof eingesperrt, den obersten Richter inhaftiert, ebenso wie oppositionelle Abgeordnete. Er hat sogar versucht, das unabhängige Büro des Generalstaatsanwalts abzuschaffen. Das hätte Nasheed erlaubt, jeden zu verhaften, der mit ihm nicht übereinstimmte. Im Gegensatz dazu sehen wir heute, dass faire und unabhängige Prozesse abgehalten werden, frei von jeglicher politischen Einmischung.

Amnesty International kritisiert, dass Nasheed und zwei andere inhaftierte Oppositionspolitiker - der frühere Verteidigungsminister Mohamed Nazim und der Parlamentsabgeordnete Ahmed Nazim - Opfer von politisch motivierten Verfahren wurden. Wie sehen Sie das?

Der frühere Präsident Nasheed hat seine Verteidigung auf seinem internationalen Star-Status aufgebaut. Er fordert dazu auf, weltweit Druck zu machen, damit wir den Fall fallen lassen. Aber die Medien sollten sich die Fakten ansehen, nicht nur den PR-Hype. Nur weil es in dem Fall um Star-Politiker und Star-Anwälte geht, sollten sie der Tatsache, dass wir Recht und Ordnung in unserem Land aufrecht erhalten müssen, nicht blind gegenüber sein.

Die Festnahme und Inhaftierung Nasheeds sind von vielen internationalen Organisationen ebenfalls verurteilt worden. Und der ehemalige Präsident hat den Fall selbst eingestanden in einem Beitrag in der "New York Times" und bei "Hardtalk" in der BBC. Das sind keine ausgedachten Geschichten, die die Regierung zusammengerührt hatte, sondern Eingeständnisse von Nasheed selbst.

Warum wird Nasheed als "Terrorist" dargestellt. Inwiefern stellt er eine Bedrohung für die maledivische Gesellschaft dar?

Der Fall wird zurzeit überprüft. Der Generalstaatsanwalt hat den Obersten Gerichtshof gebeten, sich den Prozess und die Beweise anzusehen. Dennoch hat Nasheed versucht, die Anhörung im letzten Monat zu untergraben, indem er die Gelegenheit eher für politische Effekthascherei verwendet hat, als Argumente zu liefern.

Die Tatsache, dass seine Anwälte - Amal Clooney und Jared Genser - die Malediven verlassen haben, bevor das Gericht seine Entscheidung gefällt hat, zeigt den Zynismus seiner Unterstützer, die rechtlichen Institutionen der Malediven zu umgehen. Wir haben allerdings ohnehin schon während Nasheeds Amtszeit gesehen, wie wenig Respekt er diesen Einrichtungen entgegenbringt.

Proteste in Male, der Hauptstadt der Malediven (Foto: AP Photo/Sinan Hussain)
Mindestens 140 Demonstranten wurden seit Februar auf den Maldiven verhaftetBild: picture-alliance/AP Photo/S. Hussain

Menschenrechtsgruppen zufolge wurden seit Februar mindestens 140 Demonstranten verhaftet und wurden nur entlassen unter Bedingungen, die ihr Recht, an weiteren Protesten teilzunehmen, extrem einschränken. Warum erlaubt die Regierung den Anhängern von Nasheed nicht, ungehindert zu demonstrieren?

Die Regierung lädt gerne jegliche internationale Medien oder Beobachter ein, um in der Hauptstadt die Kundgebungen der Opposition zu beobachten und darüber zu berichten. An den Protesten nehmen auch Mitglieder der Menschenrechtsorganisation teil. Weder die Regierung, noch eine ihr zugehörige Behörde kann willkürliche Festnahmen befehlen. Wir handeln nur, wenn es glaubwürdige Beweise gibt, dass ein Demonstrant ernsthaft gegen die öffentliche Ordnung verstößt oder Gewalt ausgeübt hat. Und auch dann stehen dem Angeklagten alle Rechtsmittel zur Verfügung.

Ahmed Adeeb ist Vizepräsident der Malediven.