Trauer um getöteten Oppositionellen
8. Februar 2013Der Verkehr stand in vielen Städten des Landes still, Geschäfte, Supermärkte und Cafés blieben geschlossen. Im Zentrum der Hauptstadt Tunis marschierte die Armee aus Angst vor weiteren Ausschreitungen auf. Der Gewerkschaftsbund UGTT rief seine 500.000 Mitglieder zur Ruhe auf. "Dies ist ein friedlicher Streik gegen Gewalt", erklärte der UGTT, der gemeinsam mit vier Oppositionsparteien zu dem Generalstreik aufgerufen hatte.
Der erschossene Jurist Chokri Belaid, dessen Tod die jüngste Protestwelle in dem nordafrikanischen Land ausgelöst hatte, galt in Tunesien als einer der schärfsten Kritiker der von Islamisten angeführten Regierung in Tunis. Zu seiner Beisetzung versammelten sich in Tunis Tausende Menschen. Von einem Kulturzentrum aus zogen sie in Richtung eines Friedhofs.
Seit Mittwoch steckt Tunesien in einer schweren Regierungskrise. Landesweit kam es zu Massenprotesten. Die Polizei setzte Tränengas ein, um gegen Ausschreitungen vorzugehen.
Im Mittelpunkt des politischen Streits steht Ministerpräsident Hamadi Jebali von der islamistischen Ennahda-Partei. Angesichts des Aufruhrs unter den Bürgern hatte er die Bildung einer neuen Regierung mit parteilosen Experten vorgeschlagen.
Dies sei eigenmächtig und ohne Absprache vorgeschlagen worden, kommentierten hochrangige Parteifreunde den Vorstoß und wiesen das Vorhaben entschieden zurück. Das Land brauche weiter eine Regierung, in der auch Politiker säßen.
Die Ennahda wies zudem jegliche Mitschuld am Tod des Oppositionellen zurück. Dessen Familie und politische Weggefährten hatten die Islamisten für das Attentat verantwortlich gemacht.
Im Ausland äußerten zahlreiche Politiker ihre Besorgnis über die Entwicklung in Tunesien nach dem Arabische Frühling. "Die wachsende Zahl an politischen Gewalttaten durch extremistische Gruppen ist eine Gefahr für den politischen Wandel", schrieb die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in einer in Brüssel verbreiteten Erklärung.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte Regierung und Opposition in Tunis auf, die Demokratie zu verteidigen. Nach dem Mord sei die deutsche Bundesregierung "in großer Sorge um Tunesiens inneren Frieden", sagte Westerwelle der Zeitung "Die Welt". Das Auswärtige Amt in Berlin rät in seinen Sicherheitshinweisen für Touristen, sich auf Demonstrationen gefasst zu machen, die eskalieren könnten.
uh/qu (dpa,afp)