Ostpartnerschaft Gipfel in Warschau
30. September 2011Für Polen ist der Gipfel eine der wichtigsten Veranstaltungen im Rahmen seiner ersten EU-Präsidentschaft. In Warschau beraten am Freitag (30.09.2011) die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer der Östlichen Partnerschaft den zweiten Tag in Folge, wie die Zusammenarbeit ausgebaut werden kann. Schon lange tritt Warschau für eine engere Kooperation mit den östlichen EU-Nachbarn ein. Unterstützung seitens der großen EU-Staaten gab es aber erst seit 2008. Der russisch-georgische Krieg und Befürchtungen, es könnte zu einem ähnlichen Konflikt zwischen Moskau und Kiew um die ukrainische Halbinsel Krim kommen, beschleunigten die Entstehung der EU-Ostpartnerschaft.
2009 wurde sie in Prag offiziell gegründet. Die EU-Kommission bezeichnete die Initiative damals als ein "ehrgeiziges neues Kapitel" in den Beziehungen mit den postsowjetischen Staaten Ukraine, Belarus, Moldau, Georgien, Armenien und Aserbaidschan. Im Rahmen der Ostpartnerschaft stellt Brüssel den sechs Staaten bis zum Jahr 2013 etwa 600 Millionen Euro zur Verfügung. Die Gelder fließen in verschiedene Projekte – von regionaler Energiezusammenarbeit bis hin zur besseren Sicherung der Staatsgrenzen.
Ukraine im Mittelpunkt
Als das zentrale Land der Ostpartnerschaft gilt die Ukraine. In Brüssel heißt es, die Zusammenarbeit mit Kiew entwickle sich besonders erfolgreich. Das Land solle Vorbild für andere werden. Die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen, das eine Freihandelszone beinhaltet, stehen kurz vor dem Abschluss. Anfangs war so ein Abkommen nur für die Ukraine geplant, aber nun bietet die EU es auch den anderen Teilnehmern der Ostpartnerschaft an.
"Die Ukraine wurde mit Ländern zusammengeworfen, die überhaupt auf 50 Jahre Zeithorizont keine Chance haben, Mitglieder der EU zu werden", meint Winfried Schneider-Deters, ehemaliger Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kiew. Er unterstreicht, vier der sechs Mitgliedsländer hätten ungelöste territoriale Konflikte. Belarus bilde, wenn auch nur formal, mit Russland einen Unionsstaat. "Nur die Ukraine alleine hat die Chance, Mitglied der EU zu werden", so Schneider-Deters.
Partnerschaft statt Mitgliedschaft?
In den östlichen Ländern, insbesondere in der Ukraine, ist der Eindruck verbreitet, Brüssel betrachte die Ostpartnerschaft als Ersatz für eine vollwertige EU-Mitgliedschaft. Denn die EU betont, dass die Initiative nicht automatisch einen künftigen EU-Beitritt vorsehe. Der ehemalige EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen meint, "dass die Östliche Partnerschaft von einigen als ein sehr bequemes Instrument betrachtet wird, sich den schwierigen wirklichen Entscheidungen zu entziehen".
Die Ukraine hat ausdrücklich erklärt, dass ihre Teilnahme an der Ostpartnerschaft keine Abkehr von ihrem Wunsch bedeute, Mitglied der EU zu werden. Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch sagte im Mai, er erwarte konkrete Entscheidungen vom Gipfeltreffen in Warschau. Das war vor dem Beginn des umstrittenen Gerichtsprozesses gegen die ukrainische Oppositionsführerin und ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko in Kiew. Der Fall trübt nun die Gespräche beim Gipfeltreffen in Polen. Denn die EU hat sich wiederholt sehr besorgt über die Untersuchungshaft und den Prozess gegen Timoschenko geäußert.
Schon vor dem Warschauer Treffen wurde bekannt, dass in der gemeinsamen Abschlusserklärung des Gipfels die Absicht erwähnt werden soll, die Visumpflicht für Mitgliedsländer der Ostpartnerschaft abzuschaffen. Dafür müssen die Länder bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu gehört unter anderem die Einführung biometrischer Pässe. Wenn es dazu kommt, kann man dies als Geste werten an die östlichen Länder, die seit langem einen Verzicht der EU auf Visa fordern.
Autoren: Roman Goncharenko / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann