Stranddiplomatie
3. September 2011Die EU-Außenminister haben auch am Samstag (03.09.2011), dem zweiten Tag ihres Treffens im polnischen Zoppot, um ihre Haltung zu Syrien gerungen. Nach der Verhängung eines Ölembargos über Syrien schließen die Europäer weitere Sanktionen nicht aus. Wenn der Druck auf Präsident Baschar al-Assad nicht ausreicht, könnten – so die Andeutungen des französischen Außenministers Alain Juppé und seines deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle - weitere Maßnahmen folgen.
Am Freitag hatte die Ministerrunde beschlossen, dass ab sofort keine neuen Ölverträge mit Syrien abgeschlossen werden dürften. Bereits vereinbarte Ölkäufe könnten noch bis zum 15. November abgewickelt werden. Diese Verzögerung hatte der italienische Außenminister Franco Frattini durchgesetzt. Es sei eine technische Forderung gewesen, begründete der Italiener seine Haltung: "Wir brauchen eine gewisse Zeit, um das Einfuhrverbot umsetzen zu können."
Türkei und Israel sollen Untersuchungsbericht akzeptieren
In der Region machen den Europäern aber zur Zeit auch die Spannungen zwischen Israel und der Türkei Sorge. Anlass ist eine internationale Untersuchung des israelischen Einsatzes gegen eine Hilfsflotte für den Gaza-Streifen 2010. Bei der Erstürmung der "Mavi Marama" waren damals neun türkische Aktivisten getötet worden. Nach der Veröffentlichung der Untersuchung hat die Türkei nun den israelischen Botschafter ausgewiesen und die Militärabkommen mit Israel ausgesetzt.
Westerwelle sagte, er habe dem in Zoppot anwesenden türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu ins Gewissen geredet. "Wir rufen alle Beteiligten auf, keine neuen Verschärfungen ins Spiel zu bringen, sondern auf Entspannung und Gesprächsfähigkeit hinzuarbeiten." Die Untersuchung solle ernstgenommen werden, auch wenn manche Aspekte dem einen oder anderen nicht gefielen, so Westerwelle. Der Bericht hat sowohl Israel als auch die Türkei kritisiert.
Davutoglu kündigte inzwischen an, dass sein Land vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen die israelische Blockade des Gazastreifens vorgehen wolle. Ankara werde in der kommenden Woche ein Verfahren einleiten, um die Rechtmäßigkeit der Blockade anzufechten.
Polen lenkt den Blick nach Osten
Erneut haben die Außenminister auch über Nordafrika gesprochen. Seit Beginn der Aufstände dort richtet die EU ihr Augenmerk sehr stark auf diese Region. Aber die polnischen Gastgeber sorgten dafür, dass auch die Gebiete östlich der EU wieder mehr ins Blickfeld rücken.
Westerwelle meinte, Nachbarschaftspolitik müsse "mehr bedeuten als die Region südlich des Mittelmeers. Wir haben auch eine östliche Nachbarschaft, und diese östliche Nachbarschaft, sie verlangt große politische Aufmerksamkeit."
Keine EU-Annäherung ohne demokratischen Fortschritt
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nannte hier besonders zwei Länder, mit denen die EU enger zusammenarbeiten will, mit denen sie aber im Moment kaum weiterkommt: die Ukraine und Weißrussland. In der Ukraine sitzt die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs im Gefängnis; viele sehen das als politischen Schauprozess.
Ashton sagte, die EU verfolge "den Fall Timoschenko mit großer Sorge". Man wolle mit den "Verhandlungen über alle Abkommen mit der Ukraine fortfahren, aber wir sind uns auch der politischen Lage sehr bewusst". Und in Weißrussland hat Präsident Alexander Lukaschenko zwar immer wieder Lockerungen seines autokratischen Systems angekündigt, passiert ist aber praktisch nichts. Hier wiederholte Ashton die Forderung, "dass alle politischen Gefangenen freigelassen und rehabilitiert werden".
Polen hat für Ende dieses Monats in Warschau zu einem Gipfel mit den Ländern der östlichen Nachbarschaft eingeladen. Dazu gehören die früheren Sowjetrepubliken Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, die Ukraine und Weißrussland.
Autoren: Christoph Hasselbach, Sabine Faber
Redaktion: Pia Gram