Simbabwes Oppositionspartei in der Krise
30. April 2014Vor einem Jahr war Simbabwes wichtigste Oppositionspartei noch Teil der Regierung. Heute droht die "Bewegung für Demokratischen Wandel" (Movement for Democratic Change, MDC) zu zerfallen. Verschiedene Fraktionen bekämpfen sich mit harten Bandagen: Vergangenes Wochenende verkündete eine Gruppe um Generalsekretär Tendai Biti, den Parteichef und Ex-Premierminister Morgan Tsvangirai auszuschließen. Er habe die Grundprinzipien der von ihm gegründeten Partei verraten. Doch das ließ Tsvangirai nicht auf sich sitzen. Er scharte seine Anhänger um sich, die am Dienstag (29.04.2014) wiederum dafür stimmten, Biti auszuschließen - zusammen mit den weiteren Personen, die an der Revolte gegen den Parteichef beteiligt gewesen waren. "Sie haben das Volk betrogen", sagte Tsvangirai danach öffentlich. "Wir sind eine demokratische Partei, aber diese Menschen gehören nicht zur MDC."
Wichtiges Gegengewicht zu Langzeitherrscher Mugabe
Der frühere Gewerkschaftsführer Tsvangirai steht an der Spitze der Partei, seit sich diese vor 15 Jahren gründete. Die Partei hatte schnell eine große Anhängerschaft und brachte den langjährigen Präsidenten Robert Mugabe zum ersten Mal seit seiner Machtübernahme nach der Unabhängigkeit 1980 in die Defensive. 2008 gewann Tsvangirai die erste Runde der Präsidentschaftswahl für sich, zog sich aber dann von der Stichwahl zurück, nachdem Anhänger Mugabes massiven Druck auf die Opposition ausgeübt hatten und es blutige Ausschreitungen gegeben hatte. Schließlich einigten sich die Kontrahenten auf eine Machtteilung: die MDC koalierte mit Mugabes Partei ZANU-PF (Afrikanische Nationalunion von Simbabwe-Patriotische Front), Mugabe wurde Präsident, Tsvangirai Premierminister. Der inzwischen aus Tsvangirais Partei ausgeschlossene Tendai Biti bekam damals das Amt des Finanzministers. Doch bei den nächsten Wahlen 2013 verlor die MDC - so stark, das Mugabe nun wieder alleine regiert.
Auch wenn viele noch immer anzweifeln, dass die letzten Wahlen frei und fair verlaufen sind, muss vor allem Parteichef Tsvangirai für die Wahlniederlage Kritik einstecken: Es heißt, er habe sich in den Jahren der Macht von seiner Partei entfremdet und sich einige umstrittene Prinzipien seines Gegenspielers Mugabe zu eigen gemacht. Zu den Kritikern in den eigenen Reihen gehört auch Charles Mangungera, einer ihre Sprecher: "Es geht darum, sich an die Prinzipien und Werte der eigenen Partei zu halten", sagt er der DW. "Die MDC wurde auf den Grundlagen von Demokratie, Gewaltfreiheit und dem Respekt unterschiedlicher Meinungen gegründet." Viele seiner Parteigenossen sehen diese Werte heute von ihrem Vorsitzenden verraten.
Eifersucht und Intrigen
Dass die Jahre an der Regierung für die MDC nicht einfach waren, steht für den deutschen Simbabwe-Experten Peter Ripken außer Frage. Als ehemaliger Leiter des Vereins "Informationsstelle südliches Afrika" war er häufig in Simbabwe und kennt viele der simbabwischen Oppositionspolitiker. Tsvangirai sei von Mugabe in der Regierung "ganz heftig und immer wieder blockiert und eingekastelt" worden, so dass er kaum seine eigentlichen Aufgaben hätte wahrnehmen können, sagt Ripken der DW. Dazu sei die Eifersucht Tsvangirais auf zwei Minister aus seiner eigenen Partei gekommen - einer davon der jetzt geschasste Tendai Biti: "Tsvangirai konnte es schlecht vertragen, dass seine beiden Minister, die auch in der Partei gelegentlich an ihm Kritik übten, erfolgreicher waren als er", so Ripken.
Manche vermuten jedoch auch Simbabwes 90-jährigen Machthaber Mugabe selbst hinter den aktuellen Streitigkeiten innerhalb der Oppositionspartei. Laut Simbabwe-Experte Ripken kursiert das Gerücht, Mugabe habe die Kritiker Tsvangirais selbst ermuntert. Der Grund: Schon mehrmals wurde Tsvangirai dem Langzeitpräsidenten in Wahlen gefährlich, er hat viele Anhänger im Land. Ripken vermutet: "Mugabe geht wohl immer noch davon aus, dass ein Nachfolgekandidat, der sein Erbe eines Tages antreten könnte, bei einer Präsidentschaftswahl gegen Tsvangirai eigentlich keine Chance hätte." Diesen Nachfolger haben Mugabe und seine Partei allerdings noch nicht bestimmt. Doch die Zeit ist reif: Denn früher oder später wird es ein Simbabwe ohne den heute 90-jährigen Präsidenten geben.
"Ein Desaster für Simbabwe"
Wie die Oppositionspartei MDC dann aussehen wird, ist unklar. Für viele Beobachter scheint eine Aufspaltung von Tsvangirais Partei nun nicht mehr aufzuhalten. Doch um Mugabes mächtige ZANU-PF bei den nächsten Wahlen zu schlagen, ist ein starkes Bündnis nötig. Trotzdem - die Entwicklungen seien für die Regierungspartei noch kein Grund zur Freude, sagt der simbabwische Analyst Ibbo Mandaza: "Sie sollte sich vielmehr Sorgen machen, dass die Opposition drauf und dran ist, zusammenzubrechen. Das wäre ein Desaster für unser Land." Mandaza fürchtet um die fragile Stabilität in Simbabwe: "Die Menschen hier werden dann noch verzweifelter sein." Bisher habe die Bevökerung mit der MDC eine Alternative zur herrschenden Partei gehabt, sagt er der DW. "Nun könnte es zu sozialen Unruhen kommen."