Seehofer: "Das hat mich sehr aufgewühlt!"
2. Januar 2019Bundesinnenminister Horst Seehofer, noch wenige Tage auch Vorsitzender der CSU, hat nie einen Hehl aus seiner Ansicht gemacht: Asylbewerber, die in Deutschland gegen Gesetze verstoßen, müssen schneller abgeschoben werden können. Bereits Mitte Dezember vergangenen Jahres hatte Seehofer einen Vorstoß für eine Gesetzesverschärfung für den Jahresanfang angekündigt.
Und fühlt sich nun durch die Geschehnisse von Amberg in Bayern bestätigt. Dort hatten am vergangenen Samstagabend vier junge Männer aus Syrien, Afghanistan und dem Iran Passanten unvermittelt angepöbelt und geschlagen. Zwölf Personen wurden verletzt, die meisten von ihnen leicht. Die Beschuldigten sitzen in Untersuchungshaft.
"Wenn die Gesetze nicht reichen, müssen wir sie ändern!"
Seehofer sagte der "Bild"-Zeitung: "Die Ereignisse in Amberg haben mich sehr aufgewühlt. Das sind Gewaltexzesse, die wir nicht dulden können." Wenn Asylbewerber Gewaltdelikte begingen, müssten sie Deutschland verlassen, so Seehofer. "Wenn die vorhandenen Gesetze dafür nicht ausreichen, müssen sie geändert werden." Wie der "Münchner Merkur" berichtet, wollen die CSU-Bundestagsabgeordneten auf der am Donnerstag beginnenden Klausurtagung in Seeon einen eigenen Entwurf dafür verabschieden.
Demnach sollen beispielsweise Täter konsequent in Haft genommen werden, wenn sie in anderen EU-Staaten bereits zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden. "Es kann nicht sein, dass sich bei Wiederholungstätern eine Bewährungsstrafe an die andere reiht. Das gilt auch europaweit", zitiert die Zeitung aus dem Papier. Das Bundesinnenministerium wollte sich nicht genauer dazu äußern: "Es wird eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen geben, um die Durchsetzung zu verbessern", sagte Seehofers Sprecher Sören Schmidt lediglich.
Riexinger: "Brauchen keine Sondergesetze!"
Seehofers Vorstoß in der "Bild"-Zeitung stieß bei Politikern der Opposition auf Kritik. Bernd Riexinger, Vorsitzender der Linkspartei, erklärte: "Seehofer ist nun wirklich kein Anlass zu blöd, um Einschränkungen von Grundrechten zu fordern. Wenn sich betrunkene Jugendliche an Silvester schlagen, ist das ein Fall für die Polizei, nicht für den Gesetzgeber." In Deutschland gebe es ein Gesetz für alle, so Riexinger. "Wir brauchen keine Sondergesetze für bestimmte Personengruppen."
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer von der SPD, erinnerte daran, dass schnellere Abschiebungen oft an fehlenden Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern scheiterten, für die der Innenminister zuständig sei. "Wenn Innenminister Seehofer da Fortschritte erreicht, werden auch die Rückführungszahlen weiter steigen", sagte Dreyer der Deutschen Presse-Agentur.
Unterstützung erhielt Seehofer aber vom Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. Er sagte, immer heiße es, die Beweggründe der Täter seien nicht bekannt. "Ich will ihnen das Motiv nennen: Es ist eine tiefe Verachtung für unseren Staat und für die Menschen, die bei uns leben", erklärte der Gewerkschafter. "Die vier Täter dürfen erst wieder in Freiheit kommen, wenn sie den Boden ihres Heimatlandes betreten."
Gewalt nicht nur im Amberg, auch in Bottrop
Ein differenzierte Betrachtung von Gewalttaten mahnte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner an, die auch stellvertretende CDU-Vorsitzende ist. Sie bezog sich nicht nur auf die Gewalttaten von Amberg, sondern auch auf den Fall des mutmaßlichen Täters von Bottrop, der in der Silvesternacht seinen Wagen in eine Fußgängergruppe gesteuert und mindestens vier Menschen verletzte, einige von ihnen schwer. Staatsanwaltschaft und Polizei gehen derzeit von einem gezielten Anschlag mit möglicherweise rechtsextremem Hintergrund aus.
Klöckner sagte, es sei wichtig, die Taten zu verurteilen, aber bei der Reaktion darauf "nicht sofort mit einer Keule" zu kommen: "Man darf also nicht jedem gleich vorwerfen, er mache Stimmung gegen Ausländer, Stimmung gegen Inländer oder gegen sonst jemanden. Man muss die Tat als solche begutachten und auch beurteilen."
Regierung ist über beide Taten "bestürzt"
Um einen sachlichen Debattenton ist offenbar auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bemüht. Die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz sagte, die Bundesregierung nehme beide Taten, die in Amberg und die in Bottrop, mit Bestürzung zur Kenntnis. Jede Form von Gewalt sei zu verurteilen. "Es ist nicht sehr sinnvoll, semantische Debatten zu führen", fügte Fietz aber auch hinzu. Gemeint war Gewerkschaftschef Wendt, der zur Gewalttat von Amberg gesagt hatte, bei Gewalttaten von Rechtsextremen wie im vergangenen Jahr in Chemnitz werde von Hetzjagden gesprochen, nicht aber bei Gewalttaten von Asylbewerben wie in Amberg.
Der Sprecher des Innenministeriums, Sören Schmidt, äußerte sich ebenfalls sehr zurückhaltend zum Fall der Auto-Attacke von Bottrop. Eine Terrortat sei das für ihn nicht, sagte er: "Das ist wohl eher in den Bereich der allgemeinen Kriminalität einzuordnen." Gegen den 50 Jahre alten Mann, der in Bottrop das Auto steuerte, wurde mittlerweile Haftbefehl wegen mehrfachen versuchten Mordes erlassen.