Schillerndes Leben voller Qualen
9. Mai 2005Unausweichliche Notlagen im Leben und ihre Beherrschung - das sind Probleme, die Friedrich Schiller als Autor immer wieder faszinierten. Auch er selbst ist ein Beispiel dafür, wie ein Mensch dem Unausweichlichen trotzen kann. Viele Krankheitsjahre hindurch zeigte er, dass der Geist über den Körper triumphieren kann.
Dauerpatient
Schillers Fieberanfälle waren zeitweise so heftig, dass bereits vor seinem Tod mehrmals Gerüchte umgingen, er sei gestorben. Aber immer wieder hatte er es mit einem unbändigen Willen geschafft, das Bett zu verlassen und an seinen Schreibtisch zurückzukehren."Als er dann gestorben war, sagte der Herzog: 'Den schneiden wir auf'", erzählt Schiller-Biograph Rüdiger Safranski. Für die Ärzte war Schiller ein medizinisches Wunder. Bei seinem Befund hätte er schon viel früher sterben müssen.
1791 war der damals frisch verheiratete Dichter an einer Lungenentzündung erkrankt, deren chronische Spätfolgen, darunter eine Vereiterung des Rippenfells, des Herzbeutels und der Nieren, ihm schubweise kaum erträgliche Schmerzen bereiteten. Aber: "Idealismus ist, wenn man durch die Kraft seines Enthusiasmus, seines Geistes mindestens zehn Jahre länger lebt, als es der Körper eigentlich erlaubt", fasst Safranski zusammen.
Zwangssoldat
Geboren wurde Friedrich Schiller am 10. November 1759 im Städtchen Marbach am Neckar. Der Vater war Wundarzt in der Armee des Herzogs Karl Eugen von Württemberg; die Mutter Tochter eines Gastwirtes. Der Schulunterricht weckte im jungen Schiller den Wunsch, evangelischer Geistlicher zu werden. Aber der Plan, Theologie zu studieren, wurde von Herzog Karl Eugen durchkreuzt. 1773 beorderte er den 14-jährigen Schiller an die Militärschule. Als Hauptmann konnte Schillers Vater sich dem Befehl des Herzogs nicht widersetzen.
Gelegenheitsdichter
Die Schule wurde für Schiller zur Qual. Er litt an ihrem Drill und Zwang. Um mit dem Druck fertig zu werden, begann er zu schreiben. Zunächst Gedichte, 1777 dann das Drama "Die Räuber". Während er heimlich an den "Räubern" schrieb, arbeitete er gleichzeitig an einer medizinischen Doktorarbeit. Die wurde Ende 1780 fertig. Ein halbes Jahr später erschienen "Die Räuber" als Buch. Die Uraufführung war am 13. Januar 1783. Das leidenschaftliche Plädoyer Schillers für die Freiheit machte das Stück zu einem Sensationserfolg. Von nun an ist Schiller der Dichter der Freiheit.
Freiheit!
Dem Herzog freilich war Schillers Freiheitsenthusiasmus alles andere als willkommen. Er verbot seinem Militärarzt das Schreiben. Schiller entzog sich dem Verbot im September 1782 durch die Flucht. Von nun an lebte er als freier Schriftsteller. In rascher Folge entstanden die Dramen "Fiesco", "Kabale und Liebe" und "Don Carlos". Schiller reiste kreuz und quer durch Deutschland. Teilweise aus Angst vor Verfolgung durch den Herzog, teilweise auf der Suche nach neuen Geldquellen. In Jena lernte er 1787 die Philosophie Kants kennen, die ihn entscheidend beeinflusste. Dort begegnete er auch seiner zukünftigen Frau Charlotte von Lengefeld, die er 1790 heiratete.
Geschichte
Die Französische Revolution 1789 begeisterte Schiller. Denn es ging um die Freiheit. Aber ihr blutiger Verlauf enttäuschte ihn und regte ihn an zum Studium der Geschichte. In den folgenden Jahren verzichtete Schiller fast ganz auf die dichterische Arbeit. Stattdessen schrieb er geschichtsphilosophische Untersuchungen. 1790 ließ sich Schiller in Jena nieder, wo er an der Universität Geschichte lehrte. Ein Jahr darauf erfolgte die schwere Erkrankung von der Schiller sich nie wieder wirklich erholen konnte. 1794 begann die Freundschaft mit Goethe, die zu einem Höhepunkt im Leben der beiden Dichter und in der deutschen Geistesgeschichte wurde.
Goethe
Durch Goethe begann Schiller wieder mit der dichterischen Arbeit. Gemeinsam schrieben sie die berühmten Spottgedichte der "Xenien". 1799 zog Schiller nach Weimar, um Goethe näher zu sein. Im Jahr darauf erfolgte ein neuer schwerer Krankheitsanfall. Der Mediziner Schiller wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. In rastloser Arbeit trotzte er der Krankheit die Stücke ab, die ihn weltberühmt gemacht haben: "Wilhelm Tell", die "Wallenstein-Trilogie", "Maria Stuart" und die "Jungfrau von Orleans".