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Rendite einer "gelenkten Demokratie"

Ingo Mannteufel2. Dezember 2003

Die russische Wirtschaft wächst seit 1999 mit jährlichen Raten von rund fünf Prozent. Öl- und Gasexporte waren dafür die Hauptgründe. Doch auch die Kreml-treue Duma hat bisher eine entscheidende Rolle gespielt.

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Wechselstube in MoskauBild: AP

In den ersten neun Monaten des Jahres 2003 ist die russische Wirtschaft um 6,5 Prozent gewachsen. Für das Gesamtjahr rechnet das russische Kabinett mit einem Wirtschaftswachstum von 5,9 Prozent. Gründe für diesen fünfjährigen Aufschwung: die reale Rubelabwertung nach der Finanzkrise vom August 1998 und vor allem die hohen Energiepreise auf den Weltmärkten. Russlands Öl- und Gaskonzerne wie Gasprom, Yukos, Lukoil und TNK vermelden steigende Umsätze und Gewinne. Doch auch andere Industriebranchen wie Eisenmetallurgie, Maschinenbau und Lebensmittelindustrie tragen zum Wachstum bei.

Ölförderung in Sibirien
Ölförderung in SibirienBild: AP

Langersehnte Reformen

Einen Anteil an der positiven Wirtschaftsentwicklung kann auch die 1999 gewählte Staatsduma beanspruchen, in der die Pro-Putin-Kräfte die Mehrheit haben. Denn sie hat die Wirtschaftsreformen des Präsidenten und seiner Regierung um Premier Kasjanow ergeben abgesegnet. Im Juli 2000 verabschiedete das russische Parlament eine nicht nur für Russland radikale Steuerreform. Durch einen einheitlichen Einkommenssteuersatz von dreizehn Prozent gehören die Russen nun mit zu den am wenigsten belasteten Steuerzahlern der Welt. Im Dezember 2001 beschloss die Duma ein neues Arbeitsgesetz. Das Gesetz regelte erstmals Einstellungen und Entlassungen für private Firmen. Die alten Arbeitsgesetze aus der Zeit der Sowjetunion galten nur für staatliche Betriebe und somit nicht für 80 Prozent aller Arbeitsverhältnisse im heutigen Russland.

Historisch ist auch die von der Regierung initiierte Landreform zu nennen, der die Staatsduma im Sommer 2002 zugestimmt hat: Mehr als 70 Jahre nach der sowjetischen Zwangskollektivierung dürfen russische Bauern nun Agrarland kaufen oder verkaufen. Zwar garantierte die russische Verfassung seit 1993 den Privatbesitz an Grund und Boden. Die von den Kommunisten dominierte Staatsduma unter Präsident Jelzin hatte jedoch mit der Behauptung, eine Privatisierung führe zum Ausverkauf russischer Erde, Ausführungsbestimmungen dieses Verfassungsrechtes verhindert.

Die Duma in Moskau
Die Staatsduma in MoskauBild: AP

Mitverantwortlich ist die Kreml-treue Staatsduma auch für die Stabilisierung der Staatsfinanzen: Die Staatshaushalte der letzten Jahre verzeichneten regelmäßig Überschüsse. Der Ende November verabschiedete Entwurf für 2004 sieht ebenso ein Plus in Höhe von 0,5 Prozent des BIP vor. Aufgrund der soliden Haushaltspolitik dürften die gesamten Auslandsschulden Russlands in diesem Jahr auf 119 Milliarden Dollar beziehungsweise 27,5 Prozent des BIP zurückgehen.

Die Dominanz der Pro-Putin-Allianz in der Staatsduma hat maßgeblich das politische Klima in Russland beruhigt – zum Leidwesen vieler Kritiker, die darin einen Verlust an Pluralismus sehen, aber zur Freude internationaler Investoren, die an stabilen Verhältnissen interessiert sind.

Machtbaustein Duma

Putins Rede zur Lage der Nation
Russlands Präsident Wladimir PutinBild: AP

Eine dem Kreml gegenüber loyal gesinnte Duma ist daher ein wichtiger Machtbaustein im System Putin. Das ist der Grund für die massive Förderung der Partei "Geeintes Russland" bei den bevorstehenden Parlamentswahlen. Denn in der nächsten Legislaturperiode stehen weitere schwierige Reformen im Bereich des Banken- und kommunalen Wohnungswesens an. Hinzu kommen erforderliche Reformen für den Beitritt zur Welthandelsorganisation wie die Umstrukturierung der russischen Gas- und Strommonopolisten. Neben der Frage, ob die Bürokratie die Gesetze auch in der Realität befolgt, sind das die notwendigen Reformschritte für Putins Ziel, das russische Bruttoinlandsprodukt in den nächsten zehn Jahren zu verdoppeln.