Mexiko erstattet Anzeige gegen Versteigerung
21. September 2021Der Anzeige bei der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft und einem Brief der Kulturministerin Mexikos zum Trotz soll die Versteigerung am Dienstag (21. September 2021, 14 Uhr) wie geplant stattfinden. Zum Gebot im Münchner Auktionshaus Gerhard Hirsch Nachfolger stehen 324 Kunstgegenstände wie Figuren, Masken und Gefäße aus der Zeit vor der spanischen Eroberung.
Mexikos Kulturministerin Alejandra Frausto informierte das Auktionshaus in einem Brief darüber, dass 74 Gegenstände im Versteigerungskatalog als Eigentum Mexikos identifiziert worden seien.
Gerhard Hirsch Nachfolger hat darauf mit einem Statement reagiert und mitgeteilt, alle angebotenen Artefakte verfügten über "Provenienznachweise, die belegen, dass die Objekte sich legal in Deutschland befinden". Alle Gegenstände seien durch das Art Loss Register überprüft worden.
Sorgfaltspflicht erfüllt
Das Art Loss Register ist eine private Datenbank für verlorene und geraubte Kunstwerke, die 1991 von der International Foundation for Art Research, Kunsthandelsverbänden und Auktionshäusern gegründet wurde. Dort können Händlerinnen und Händler Objekte abfragen, etwa vor einer geplanten Versteigerung.
Sofern das jeweilige Objekt nicht vermerkt ist, bestätigt das Register mit einem Zertifikat, dass es zum Zeitpunkt der Suche nicht als gestohlen oder verloren gemeldet war. Gänzlich ausgeschlossen ist ein Raub oder Verlust dadurch jedoch nicht - das Register ist nicht mit anderen Datenbanken verknüpft.
Der mexikanische Botschafter in Deutschland, Francisco Quiroga, schrieb am Montag vor dem Versteigerungstermin auf Twitter: "Den potenziellen Käufern sagen wir: Dieser Handel ist mit Illegalität und Gefühllosigkeit behaftet." Mit Blick auf Schätzwerte von teils nur einigen hundert Euro für mehr als 500 Jahre alte Kunst kommentierte er weiter: "Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann wundern Sie sich nicht, wenn es sich als falsch herausstellt."
Das Auktionshaus stand für weitere Nachfragen nicht zur Verfügung. Unklar ist, welche konkreten Forderungen Mexikos Kulturministerium über die Absage der Auktion hinaus gestellt hat. Aus Sicht Mexikos handelt es sich beim Verkauf der Artefakte um eine Straftat nach mexikanischem Recht, die Veräußerung trage zum Schmuggel und grenzübergreifenden organisierten Verbrechen bei.
Weitere Länder schließen sich Mexiko an
Auch Panamas Außenministerium forderte das Auktionshaus eigenen Angaben zufolge auf, Ausfuhrgenehmigungen für die zur Versteigerung angebotenen Artefakte vorzulegen. Zudem sei das deutsche Außenministerium über den Protest gegen die Auktion informiert worden, da die Objekte "Teil des historischen Erbes Panamas sein könnten".
Der Verkauf müsse verhindert werden, bis Experten des panamaischen Kulturministeriums die Herkunft der Objekte klären können. Panama habe auch die UNESCO um Unterstützung gebeten.
Am Dienstag forderte die Gruppe der Botschafter Lateinamerikas und der Karibik (Grulac) das Auktionshaus auf einer gemeinsamen Pressekonferenz noch einmal dazu auf, die Versteigerung abzusagen. Der Verkauf verstoße gegen das nationale Recht der jeweiligen Länder, das Völkerrecht und "möglicherweise gegen das deutsche Recht".
El Salvadors Botschafterin Florencia Eugenia Vilanova de von Oehsen sagte, ihr Land habe am Montag eine diplomatische Note an das Auswärtige Amt in Berlin gerichtet. Darin sei das Außenministerium um Hilfe gebeten worden.
Auch Kleidungsmarken im Visier
Mexikos Außenministerium macht bereits seit einigen Monaten Schlagzeilen - auch über die Kunstwelt hinaus. Bereits im Juni beschuldigte es drei internationale Bekleidungskonzerne, darunter die spanische Modekette Zara, der kulturellen Aneignung. Die Unternehmen hätten in ihren Kollektionen Muster indigener Bevölkerungsgruppen verwendet - ohne dass diese davon profitierten.
Die Muster würden auf traditionellen Kleidern im südwestlichen Bundesstaat Oaxaca basieren. Alejandra Frausto hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, dass Mexiko die kulturelle Aneignung ohne einen Ausgleich nicht länger tolerieren werde. Damit solle das kulturelle Erbe des Landes geschützt werden.
Mexiko hatte bereits mehrfach gegen Auktionen mit präkolumbischen Kunstgegenständen protestiert, unter anderem in Frankreich und in den USA. Der Lateinamerika-Historiker Stefan Rinke bezeichnete das Vorgehen im Deutschlandfunk Kultur als Symbolpolitik, mit der sich die Regierung von Staatspräsident Manuel López Obrador die Stimmen der indigenen Bevölkerung sichern wolle.
Die in München angebotenen Artefakte, darunter größtenteils Gefäße, Münzen und Schmuck, stammen in etwa aus der Zeit von 1500 vor bis 1460 nach Christus. Die aus Stein gefertigte Gesichtsmaske eines Würdenträgers der Olmeken ist mit einem Schätzpreis von 100.000 Euro das wertvollste Objekt der Auktion.