Overwatch debütiert mit Superliga
24. Januar 2018Bei seiner Veröffentlichung im Jahr 2016 wurde das Spiel Overwatch groß gefeiert. Zum Start stiegen Millionen Spieler ein und machten es zu einem der meistverkauften Titel des Jahres. Der Entwickler, Blizzard, beabsichtigte von Anfang an, einen Wettkampftitel zu erschaffen und schon vor der Veröffentlichung des Spiels im Mai 2016 hatte sich eine rege Community um Overwatch herum entwickelt. Noch innerhalb des ersten Jahres wurden internationale Turniere abgehalten und über eine Million US-Dollar an Preisgeldern ausgeschüttet. Die Entwicklung anderer Spiele wie Counter-Strike oder Dota 2 verlief dagegen deutlich langsamer und über Jahrzehnte hinweg.
Nun soll der nächste Schritt erfolgen: Blizzard pumpt Geld in die Szene, um Overwatch früh als eSports-Größe zu etablieren. Allerdings sind die Zahlen bislang alles andere als überzeugend. Die Statistikwebseite newzoo.com ordnet monatlich alle eSports-Titel nach den Zuschauerzahlen auf der Streaming-Plattform "Twitch" ein. Overwatch konnte sich in 2017 kaum in den Top-Fünf halten und fiel hinter Spiele zurück, die von ihrem Entwickler weit weniger unterstützt werden.
Blizzard will es in Bezug auf Investments mit den größten eSports-Spielen aufnehmen und hofft, dass die Zuschauerschaft proportional zu den Geldern wächst, aber wird sie das auch tun? Diese Frage wird immer wichtiger, wenn man das neueste Projekt des Entwicklers betrachtet - die größte Liga, die der eSport je gesehen hat.
Die Geburt einer Superliga
Die Overwatch League (OWL) wurde spät im Jahr 2016 angekündigt und befand sich seitdem in der Entwicklung. Es handelt sich um ein Franchise-System, die Teams mussten sich in die Liga einkaufen um einen permanenten Startplatz zu erhalten. Eine garantierte dauerhafte Teilnahme an der Liga ohne Auf- und Abstieg soll Sponsoren locken, die normalerweise aufgrund von Abstiegs-Systemen keine Langzeitverträge eingehen wollen. Jedoch schockte die Liga zu Beginn bereits mit ihren Einstiegsgebühren. Pro Startplatz wurden Summen zwischen 10 und 20 Millionen US-Dollar bezahlt, was es im eSport zuvor nie gegeben hatte. Über 200 Millionen Dollar stecken nun in dieser Liga, nachdem Investoren und Besitzer großer Sport-Teams wie Jeff Wilpon vom US-Baseballklub New York Mets sich eingekauft haben.
Die Szene reagierte beeindruckt: "Die Overwatch League ist technisch perfekt und hat einen absolut sauberen Broadcast. Sie haben es sogar geschafft, ein gutes Zuschauererlebnis zu kreieren, was viele für unmöglich hielten in einem derart unübersichtlichen Spiel", kommentierte der deutsche eSports-Experte Matthias "cLaun" Holländer.
Schwindendes Zuschauerinteresse
Am ersten Spieltag der Overwatch League schalteten über 1,2 Millionen Zuschauer ein, um die Matches zu verfolgen, 400.000 alleine bei der englischsprachigen Übertragung. Jedoch sanken die Zahlen innerhalb der ersten Tage stark, am vierten Spieltag waren es nur noch 200.000 Zuschauer, die gleichzeitig auf dem englischen Stream eingeschaltet waren. Viele eSports-Enthusiasten wollten wohl einfach den Beginn des gigantischen eSports-Projektes miterleben - am eigentlichen Spiel waren sie anscheinend gar nicht interessiert. Das macht Prognosen schwierig, wie viele treue Fans die Overwatch League noch in ein paar Monaten haben wird.
Zum Vergleich: In Boston findet derzeit Counter-Strikes "ELEAGUE Major: Boston" statt. Alleine in der Qualifikationsphase, in der die besten Teams noch nicht dabei waren, schalteten durchschnittlich über 300.000 Zuschauer ein. Bei den Matches der Top-Teams werden es noch mehr sein. Die Kosten solcher Counter-Strike-Turniere sind weit niedriger als das, was in die Overwatch League investiert wurde.
Stars entwickeln, Community bilden
Overwatch-Entwickler und -Investor Blizzard darf sich damit trösten, dass sein eSport-Projekt noch in den Kinderschuhen steckt. Er hat einige Möglichkeiten, seinen Titel zum Erfolg zu führen. "Um Interesse und Zuschauerzahlen der Overwatch League zu halten und zu steigern, muss die Liga schnellstmöglich dafür sorgen, dass sich Fans mit Spielern und Teams identifizieren können.", erklärt Matthias Holländer.
Stars wie die League-of-Legends-Legende "Faker" sind gigantische Werbeträger für ihr Spiel und dessen Events. Nach weniger als zwei Jahren fehlt es Overwatch aber verständlicherweise an solchen Charakteren. "Zuschauer interessieren sich für Basketball als Wettkampf wegen Stars wie LeBron James oder Stephen Curry, nicht wegen der schönen Halle." Solche Persönlichkeiten müssten auch im eSports entwickelt werden - mit Hilfe der Teams, der Liga und der Medien.