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Nordafrika im Fokus der Kapitalismuskritiker

7. Februar 2011

In Dakar hat das 11. Weltsozialforum begonnen. Zentrale Gesprächsthemen sind die Volksaufstände in Tunesien und Ägypten. Dabei schwanken die Globalisierungsgegner in Senegals Hauptstadt zwischen Hoffen und Bangen.

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Senegalesische Frauen bei der Eröffnung des Weltsozialforums (Bild: AP)
Senegalesische Frauen demonstrieren bei der Eröffnung für mehr LandrechteBild: AP

Die Teilnehmer des 11. Weltsozialforums werden bis zum 11. Februar 2011 in Dakar diskutieren. Das Thema: die Krise des Kapitalismus, die in diesem Jahr wohl vor allem mit den Volksaufständen in Nordafrika in Zusammenhang gebracht wird. Die Organisatoren erwarten etwa 50.000 Teilnehmer. Für viele Globalisierungsgegner, die die Reise nach Dakar angetreten haben, ist das Treffen im Senegal besonders wichtig, weil es in Afrika stattfindet. "Afrika wird sich während dieses Forums beschweren. Hauptsächlich, um eine bessere Welt zu erschaffen und um die Probleme Afrikas ans Licht zu bringen", erzählt Babouna D'Akité aus Mauretanien. Seit Jahren lebt er in Dakar und setzt sich für die Rechte von Flüchtlingen aus seinem Heimatland ein. Für ihn sei es besonders wichtig, dass das Forum auch die Problematik der Migration diskutiert.

Bauer Joao Sanha aus Guinea-Bissau (Foto: Renate Krieger)
Bauer Joao Sanha aus Guinea-Bissau fordert eine nachhaltige LandwirtschaftBild: DW/Renate Krieger

Ein Problem, das man beispielsweise in Guinea-Bissau spüren kann. Joao Sanha ist Landwirt und nach Dakar gekommen, um sich über Alternativen für die Landwirtschaft in seinem Land zu informieren. "Wir haben nicht viele Landwirtschaftsmaterialien in Guinea-Bissau, und unsere Wirtschaft ist nicht nachhaltig", erzählt er. "Wir leben sozusagen von der Hand in den Mund. Auch brauchen wir Spezialisten in unserem Land. Es gibt viele Ingenieure. Sie arbeiten aber alle im Ausland. Die Regierung sollte sich darum kümmern, diese Menschen wieder nach Hause zu bringen", fordert er.

Aufstände in Ägypten und Tunesien

Doch dieses Mal wird vor allem über ein sehr wichtiges Thema debattiert: die gegenwärtigen Aufstände in Ägypten und Tunesien. Vier Kilometer und drei Stunden nach Beginn des Eröffnungsmarsches am Sonntag (06.02.2011) erreichen die Teilnehmer eine Bühne am Eingang der Universität Cheikh Anta Diop im Westen von Dakar. Auf der Bühne steht Evo Morales, der Präsident Boliviens, gemeinsam mit den Organisatoren des Weltsozialforums. Der erste indigene Präsident Lateinamerikas ergreift das Mikrofon.

Boliviens Präsident Evo Morales (Bild: Renate Krieger)
Boliviens Präsident Evo Morales kommentiert die Umbrüche in der Arabischen WeltBild: DW/Renate Krieger

"Brüder und Schwestern, wir sehen, dass der Kapitalismus auf der Welt, vor allem wenn er mit Aufständen konfrontiert wird, langsam stirbt. Wir sehen, was in Ägypten passiert. Ich glaube, in den arabischen Ländern findet gerade eine Revolte gegen den amerikanischen Imperialismus statt. Dieser Kampf kann nicht gestoppt werden, auch wenn die USA versuchen, diese Demonstrationen durch viel Geldzufuhr zu stoppen. Ich glaube, die Lösung kommt von den sozialen Bewegungen und nicht von der Repression".

Doch Alexis Passadakis von ATTAC Deutschland analysiert die Revolten in Nordafrika etwas nüchterner. "Das, was man in Tunesien und Ägypten gerade sieht, sind die einzigen und ersten Momente, in denen es den Anschein gibt, dass vielleicht jetzt eine Bewegung in die andere Richtung möglich ist", sagt er. "Sie setzen sich nämlich für soziale Rechte, für Demokratie ein. Aber leider sitzen diejenigen, die die Krise mit verursacht haben, weiterhin im Sattel."

"Eine andere Welt ist möglich"

Die brasilianische Gruppe Ilê Ayiê fordert musikalisch eine gerechtere Welt (Bild: Renate Krieger)
Die brasilianische Gruppe Ilê Ayiê fordert musikalisch eine gerechtere WeltBild: DW/Renate Krieger

Der Globalisierungsgegner glaubt, dass die Aufstände in Tunesien und der darauf folgende Sturz des ehemaligen Präsidenten Ben Ali vielen Menschen in Afrika Mut zur Hoffnung machen. Doch viele sogenannte kapitalistische Politiker hätten kein Interesse das System zu ändern, meint Passadakis.

Der ehemalige Bildungsminister Marokkos, Abdallah Saaf, ist ebenfalls nach Dakar gereist, um die sozialen Bewegungen aus der Nähe zu erleben. Der Professor für Politikwissenschaften bekräftigt das Motto der sogenannten Alternativen: "Eine andere Welt ist möglich" und betont: "Die Globalisierung ist keine fatale Realität wie viele bei uns in Marokko, auch in den Reihen der Linken, denken. Es gibt andere Möglichkeiten. Die Kreativität muss sich durchsetzen und nicht die internationalen Mechanismen wie der Internationale Währungsfonds, die eigene Regeln erlassen. Die Kreativität kann in anderen Richtungen arbeiten."

An diesem Montag (07.02.2011) versammeln sich die Teilnehmer des Weltsozialforums während des Afrikatages. Senegals Präsident Abdoulaye Wade trifft sich mit Vertretern von linksorientierten Bewegungen weltweit, unter anderem mit Brasiliens Ex-Präsident Lula. Auch der Präsident von Guinea-Conakry, Alpha Condé, soll am Weltsozialforum teilnehmen.

Autorin: Renate Krieger
Redaktion: Katrin Ogunsade