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New York Times-Journalist ausgewiesen

1. Januar 2013

Die "New York Times" hat die chinesische Führung mit Enthüllungen über das riesige Vermögen der Familie des Ministerpräsidenten verärgert. Jetzt muss ihr Pekinger Korrespondent Chris Buckley China verlassen.

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New York Times Building in New York (Foto: picture alliance)
Bild: picture alliance/landov

Die Volksrepublik China hat erneut einen ausländischen Journalisten ausgewiesen. Der Pekinger Korrespondent der amerikanischen Zeitung "New York Times", Chris Buckley, musste am Montag ausreisen, nachdem sein Visum nicht verlängert worden war. Der 45-jährige Australier flog mit seiner Frau und Tochter in Richtung Hongkong.

Nach Ansicht von Beobachtern steht das Visum-Problem Buckleys in Zusammenhang mit der chinesischen Verärgerung über die Enthüllungen der Zeitung über die großen Reichtümer der Familie von Ministerpräsident Wen Jiabao. Als Reaktion hatten die Behörden schon die Webseite der "New York Times" in China blockiert.

Zweite Ausweisung nach Melissa Chan

Nach dpa-Informationen haben die Behörden die Verweigerung der weiteren Akkreditierung nicht mit den Berichten über Wen Jiabaos Familie begründet. Allerdings wartet auch der künftige Pekinger Bürochef der "New York Times", Philip Pan, schon seit Monaten auf sein Visum. Er hatte seine Akkreditierung bereits im März beantragt.

Erst im Mai hatte die US-Journalistin Melissa Chan, die für das englische Programm des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira gearbeitet hatte, China verlassen müssen. Es war die erste Ausweisung seit 14 Jahren. Sie wurde als Versuch verstanden, den Druck auf ausländische Korrespondenten zu erhöhen.

Die amerikanische Korrespondentin Melissa Chan des TV-Senders Al Dschasira musste China im Mai verlassen (Foto: dpa)
Die amerikanische Korrespondentin Melissa Chan des TV-Senders Al Dschasira musste China im Mai verlassenBild: picture-alliance/dpa

Der Australier Buckley arbeitete seit 2000 als Journalist in China. Zuletzt war der erfahrene China-Kenner für die Nachrichtenagentur Reuters tätig, bevor er im September wieder zurück zur "New York Times" wechselte. Jill Abramson, Chefredakteur des Blatts, forderte das Pekinger Außenministerium auf, Buckley so rasch wie möglich ein Visum auszustellen und ihm zu erlauben, nach Peking zurückzukehren.

Sanktionen auch gegen Bloomberg

Die Berichte der Zeitung über das Vermögen der Verwandten des Premiers sowie ähnliche Enthüllungsgeschichten der Nachrichtenagentur Bloomberg über die Familie des neuen Parteichefs Xi Jinping hatten in China für großen Wirbel gesorgt. Auch die Webseite der US-Agentur wurde gesperrt.

Das Vorgehen gegen Buckley ist insofern überraschend, als das Visum für den Autor der heiklen Enthüllungsgeschichten, David Barboza, in Shanghai, "reibungslos" verlängert worden war. Die "New York Times" hat fünf weitere Journalisten in China, deren Visa ebenfalls normal verlängert worden waren. Experten vermuten daher, dass die jüngste Aktion nicht auf Buckley persönlich zielt, sondern auf das Medium.

Erst am Montag hatte die "New York Times" aufgedeckt, wie die Familie von Ex-Zentralbankchefs Dai Xianglong satte Profite durch den Kauf von Versicherungsaktien erzielt hat. Der frühere oberste Banker hatte 2002 auch die Aufsicht über die Versicherungsindustrie. Heute verwaltet Dai Xianglong den rund 150 Milliarden US-Dollar großen staatlichen Sozialversicherungsfonds, einen der größten Investmentfonds der Welt.

kle/qu (dpa, ape)