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Weiter Weg bis zur Geschlechtergerechtigkeit

12. Februar 2021

Der erzwungene Rücktritt von Olympia-OK-Chef Yoshiro Mori zeigt: Frauenfeindliche Äußerungen von Sportfunktionen werden nicht mehr einfach hingenommen. Gut so, meint Stefan Nestler, doch es gibt noch viel zu tun.

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Japan Protest gegen Yoshiro Mori
Bild: The Yomiuri Shimbun via AP/picture alliance

Yoshiro Moris Rücktritt war überfällig und absolut nötig. Wer sich so frauenfeindlich äußert wie der 83 Jahre alte frühere japanische Ministerpräsident vor anderhalb Wochen, hat nichts an verantwortlicher Stelle zu suchen - weder an der Spitze des Organisationskomitees für die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio noch sonst wo. Der Sturm der Entrüstung über Mori hat sich nicht gelegt, bis er selbst die Konsequenzen zog und seinen Hut nahm. Das ist ein gutes Zeichen. Ebenso, dass man nicht gleich Moris Wunschkandidaten, einen 84 Jahre alten früheren Fußball-Funktionär, als Nachfolger benannt hat. Frischer Wind muss dringend her. Und das nicht nur im Organisationskomitee in Tokio.

Bezeichnenderweise hatte sich Mori abfällig über Frauen geäußert, als es in einer Diskussionsrunde des Japanischen Olympischen Komitees darum ging, den Frauenanteil im Vorstand von 20 auf 40 Prozent zu verdoppeln. Noch immer haben im Sport weltweit auf der Ebene der Spitzenfunktionäre meist Männer das Sagen, viele von ihnen im Seniorenalter. Als Sinnbild dafür galt jahrzehntelang das Internationale Olympische Komitee.

Luft nach oben

Das IOC will dieses Image loswerden. In ungewohnt deutlicher Weise distanzierte sich das IOC von Mori und bezeichnete dessen frauenfeindliche Äußerungen als "unangemessen". Sie passten, so das IOC, nicht zum eigenen Bestreben, in der Olympischen Bewegung für Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen. Dass dort noch Luft nach oben besteht, räumte die Organisation ein: Aktuell seien 37,5 Prozent der IOC-Mitglieder Frauen, im Vorstand liege der Anteil nur bei einem Drittel.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler, DW Sport

Der Deutsche Olympische Sportbund, der Dachverband des deutschen Sports, ist schon weiter. Die Spitzengremien des DOSB sind inzwischen nahezu paritätisch besetzt: Vier der neun Präsidiumsmitglieder sind Frauen, zwei der vier Mitglieder des hauptamtlichen Vorstands. In den deutschen Sportverbänden sieht das noch ganz anders aus. Laut dem Gleichstellungsbericht des DOSB für 2020 lag der Frauenanteil in Führungspositionen der Verbände insgesamt nur bei knapp 20 Prozent.

Peinliches Bild

Alles andere als ein Vorzeigebeispiel ist der Deutsche Fußball-Bund, mit mehr als sieben Millionen Mitgliedern der größte Sportfachverband der Welt. Unter den 19 DFB-Präsidiumsmitgliedern findet sich mit Hannelore Ratzeburg nur eine Frau. Die 69-Jährige ist als Vizepräsidentin für den Frauen- und Mädchenfußball zuständig - und für Gleichstellung. Das sagt eigentlich alles.

Frauen in Führungspositionen, ob als Vereinschefinnen, Trainerinnen oder Schiedsrichterinnen, gelten im deutschen Fußball immer noch als Exotinnen. Die Frauen-Bundesliga fristet im Vergleich zum Pendant bei den Männern ein kümmerliches Dasein. Von auch nur ansatzweise ähnlicher Bezahlung weiblicher und männlicher Profis kann keine Rede sein. Auch weltweit ist das nicht anders - bis auf wenige Ausnahmen, die man mit der Lupe suchen muss. Insgesamt bietet der Fußball in dieser Hinsicht ein peinliches Bild und zeigt: Es ist noch ein weiter Weg bis zur Geschlechtergerechtigkeit im Sport.

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Stefan Nestler Redakteur und Reporter