Al-Dschasira in Kuwait geschlossen
23. Dezember 2010In Kuwait brechen für die Pressefreiheit schweren Zeiten an. Der Nachrichtensender Al-Dschasira darf seit dem 13. Dezember 2010 nicht mehr in Kuwait berichten. Das Büro des Senders wurde geschlossen. Hintergrund war die Berichterstattung über die gewaltsame Auflösung einer Versammlung der Opposition am 8. Dezember durch die kuwaitischen Sicherheitskräfte.
Der Nachrichtensender Al-Dschasira zeigte Fernsehaufnahmen, auf denen zu sehen war, wie die Polizei mit Stöcken auf die Menge einschlug. Der Vorfall ereignete sich in Sulaibikhat, zehn Kilometer westlich der Hauptstadt Kuwait. Mehrere Menschen wurden verletzt. Unter den Opfern befanden sich vier oppositionelle Parlamentsabgeordnete.
"Einmischung in interne Angelegenheiten"
Die kuwaitische Regierung warf Al-Dschasira vor, sich in interne Angelegenheiten einzumischen und sich nicht an die Anweisungen des Informationsministeriums zu halten. Der Vorschlag von Al-Dschasira, beide Seiten in einem Fernsehinterview ihre Sicht der Dinge schildern zu lassen, blieb seitens der kuwaitischen Regierung unbeantwortet. Stattdessen drohte das kuwaitische Informationsministerium damit, das Büro des Senders schließen zu lassen, sollte Al-Dschasira mit einem der angegriffenen Abgeordneten ein Fernsehinterview führen.
Trotz dieser Drohung interviewte Al-Dschasira den Parlamentsabgeordneten Mussallam Al Barrak telefonisch. Daraufhin schloss die kuwaitische Regierung das Büro des in der arabischen Welt sehr beliebten Senders, entzog ihm die Akkreditierung und verbot seinen Reportern, in Kuwait zu arbeiten.
Nichtregierungsorganisationen protestieren
Im Interview mit Al-Dschasira kritisierte der Oppositionsabgeordnete Al Barrak das Vorgehen der Polizei und wies die Behauptung der Regierung zurück, die versammelten Oppositionellen hätten die Polizeikräfte zuerst provoziert. Al Barrak lobte den in Katar ansässigen Sender und seine Berichterstattung über den Vorfall und äußerte sein Unverständnis über die Schließung des Al-Dschasira-Büros.
Mehrere arabische und internationale Nichtregierungsorganisationen haben die Schließung des Senderbüros ebenfalls kritisiert und sie als einen "Angriff auf die Pressefreiheit" bezeichnet, wie es in einer Erklärung des 'Arab Commitee for the Defence of Journalists', einer arabischen Organisation zur Verteidigung der Rechte von Journalisten, hieß.
Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" rügte die Schließung und forderte das kuwaitische Informationsministerium dazu auf, sie rückgängig zu machen. Der stellvertretende Direktor für den Nahen Osten bei "Human Rights Watch", Joe Stork, erklärte, die Schließung sei ein Versuch der kuwaitischen Behörden, die Repressalien gegen die politische Opposition auf die unabhängigen Medien auszuweiten. Auch die Organisation "Reporter ohne Grenzen" verurteilte die Schließung und forderte die Regierung auf, Al-Dschasira auf kuwaitischem Boden ungehindert weiter arbeiten zu lassen.
Eine politische Krise nach der anderen
Es ist nicht das erste Mal, dass Al-Dschasiras Büro in Kuwait geschlossen wird. Im November 2002, kurz vor der von den USA geführten Invasion des Irak, kam es ebenfalls zur Schließung des Büros. Die kuwaitische Regierung begründete ihre Entscheidung damit, dass der Nachrichtensender eine feindselige Haltung gegenüber Kuwait einnehme, ließ den Sender jedoch 2005 wiedereröffnen.
Der Golfstaat Kuwait hat etwa 2,8 Millionen Einwohner und verfügt über ein Zehntel der weltweiten Erdölreserven. Das Land wird vom Emir Scheich Sabah Al Ahmad Al Jabir Al Sabah regiert und hat ein gewähltes Parlament, das offiziell "Nationalversammlung" heißt. Parteien sind in Kuwait nicht zugelassen. Das Land erlebte in letzter Zeit eine politische Krise nach der anderen. In den vergangenen fünf Jahren wurde das Parlament drei Mal vom Emir aufgelöst, und die Regierung ist drei Mal geschlossen zurückgetreten.
Autor: Nader Alsarras (afp, dpa, rtr, ap)
Redaktion: Carolin Hebig