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Keine gewöhnliche Wahl

Maja Braun2. März 2013

Angesichts der teils bürgerkriegsähnlichen Zustände nach der letzten Wahl in Kenia vor fünf Jahren ist die Angst vor neuen ethnischen Unruhen groß. Aber es gibt auch Grund zur Hoffnung für die Demokratie des Landes.

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Der Präsidentschaftskandidat Raila Odinga bei einer Wahlkampfveranstaltung (Foto:Will Boase/AFP/Getty Images)
Bild: Will Boase/AFP/Getty Images

Gleich sechs Kreuze sollen die Kenianer bei der Wahl am Montag (04.03.2013) machen. Dabei stimmen sie auch über viele neue Institutionen ab, die ihr Land demokratischer und gerechter machen sollen. Jeder Landkreis wird demnächst eine eigene Frauenvertreterin im Parlament bekommen. Überhaupt sollen die neuen Regierungen der 47 Landkreise mit einem Gouverneur und lokalen Volksvertretungen künftig viele Entscheidungen auf lokaler Ebene treffen. Außerdem wählen die Kenianer einen neuen Senat, der in der Hauptstadt Nairobi den Einfluss der ländlichen Regionen geltend machen soll.

"Wir haben die Hoffnung, dass die Wahl einen großen Wandel bringen wird", sagt Nyaigoti Chacha, Politikwissenschafter in Nairobi. Es werde durch die zwei Abgeordnetenkammern und die dezentralisierte Regierung viele Formen der Gewaltenteilung und gegenseitigen Kontrolle geben. "Wir erwarten aus den Landkreisen einen wesentlich größeren Druck auf die Parlamentarier ", so Chacha.

Ein Anhänger von Raila Odinga mit einem Plakat des Kandidaten (Foto: AFP)
Raila Odinga kommt laut Umfragen zur Zeit auf 45 Prozent der StimmenBild: Ivan Lieman/AFP/Getty Images

Knappes Rennen um das Präsidentenamt

Auch der Einfluss des neuen Präsidenten wird geringer sein. Das Rennen um dieses Amt tragen mittlerweile zwei Spitzenkandidaten unter sich aus - die restlichen sechs Bewerber liegen laut Meinungsumfragen weit zurück. Raila Odinga führt die Umfragen mit knappem Vorsprung. Das tat er auch vor gut fünf Jahren vor den letzten Wahlen, da verlor er dann aber unter umstrittenen Umständen knapp gegen den amtierenden Präsidenten Mwai Kibaki.

Nach zwei Monate dauernden blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern beide Lager einigten sich Odinga und Kibaki damals auf eine Einheitsregierung mit Odinga als Premierminister. Odingas Herausforderer ist wieder ein Kikuyu wie Noch-Präsident Kibaki: Uhuru Kenyatta, Sohn des Staatsgründers Jomo Kenyatta.

Kenyatta junior macht vor allem wegen seiner Anklage am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Schlagzeilen. Dort wird ihm zu Last gelegt, die Racheakte an den Ethnien Luo und Kalenjin organisiert und finanziert zu haben. Nun hat sich Kenyatta ausgerechnet mit einem ehemaligen Kontrahenten, dem Kalenjin William Ruto, verbündet. Der ist ebenfalls in Den Haag angeklagt.

Uhuru Kenyatta mit seinem Vizekandidaten William Ruto bei einer Wahlveranstaltung (Foto: AFP)
Uhuru Kenyatta (rechts) und sein Vize William RutoBild: Simon Maina/AFP/Getty Images

Die Prozesse von Den Haag, die erst nach den Wahlen beginnen sollen, hat das Duo jetzt für seinen Wahlkampf genutzt, um gemeinsam als gegen das vermeintlich von westlichen Ländern gesteuerte Gericht in Den Haag zu wettern. Falls ihr Bündnis gewinnt, fürchten viele Konsequenzen für Kenias Wirtschaft und Stellung in der internationalen Politik.

Keine Kontrolle über Gewaltausbrüche

Dass die politischen Führer der beiden größten Stämme Kenias diesmal eine Allianz geschlossen haben, werten viele Beobachter jedoch als gutes Zeichen für eine friedliche Wahl. Dagegen spricht allerdings, dass es in den vergangenen Monaten zu ethnischen Auseinandersetzungen mit fast 500 Toten kam.

Kenias Polizei ist völlig überfordert, dem etwas entgegen zu setzen und wird zum Teil selbst Ziel der Gewalt. An der chronischen Unterbesetzung der Sicherheitskräfte hat sich seit der letzten Wahl nichts geändert. Polizistin Christine Furaha erinnert sich noch gut an damals: "Das waren die schlimmsten Tage meiner Zeit bei der Polizei. Wir mussten all die Leichen einsammeln - von Jungen und Alten, Frauen, Männer, sogar von Kinder. Es war entsetzlich." Christine Furaha war in dem westkenianischen Eldoret stationiert. "Mit 40 Beamten hatten wir keine Chance, die Leute aufzuhalten."

Präsidentschaftskandidatin Martha Karua bei einer Rede (Foto: EPA)
Die einzige weibliche Präsidentschaftskandidaten Martha Karua liegt in den Umfragen weit zurückBild: picture-alliance/dpa

Vorsorge und Vorbereitungen auf den Tag X

Nach dem Motto "Das Beste hoffen, sich auf das Schlimmste vorbereiten" verlassen viele Kenianer für die Wahl ihr Zuhause – sie gehen dorthin, wo ihre eigenen Ethnien jeweils in der Überzahl sind. Auch ausländische Investoren halten sich zurück, bis die neue Regierung fest im Amt ist. Hilfsorganisationen im ganzen Land haben sich vorbereitet, Flüchtlinge schnell zu versorgen.

Derweil bemüht sich die nationale Wahlkommission um einen möglichst transparenten Wahlgang, damit Vorwürfe des Betrugs gar nicht erst aufkommen und möglicherweise Gewalt auslösen. So wurden beispielsweise die biometrischen Daten wie Fingerabdrücke der Wähler registriert, um mehrfache Stimmabgaben zu verhindern. Trotz diverser Pannen und einer weit geringeren Zahl an registrierten Wählern als erhofft, nämlich nur 14,3 Millionen von insgesamt gut 40 Millionen Kenianern, bekommt die Wahlkommission Rückendeckung von internationalen Wahlbeobachtern.

Wahlbeobachter der Europäischen Union beim der Überprüfung von Wahlurnen in Kenia (Foto: AFP)
Auch die Wahlbeobachter der Europäischen Union prüften vorab die VorbereitungenBild: Tony Karumba/AFP/Getty Images

Der ehemalige mosambikanische Präsident Joachim Chissano führt das Team der Afrikanischen Union an und lobte die Vorbereitungen in Kenia: "Wir hatten das Gefühl, von sehr professionellen Menschen informiert zu werden, die sich sehr gut vorbereitet haben. Und das gibt uns die Zuversicht, dass diese Wahlen sehr gut durchgeführt werden."

Bei sechs Stimmen pro Wähler sind die Anforderungen an die Technik hoch - und das in einem Land, in dem die Stromversorgung nicht zuverlässig funktioniert. Wer nächster Präsident Kenias wird, entscheiden die Kenianer voraussichtlich erst in einer Stichwahl - kaum jemand rechnet damit, dass einer der beiden Favoriten die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen im ersten Wahlgang gewinnt.