Weltweiter Missbrauch
27. September 2018Seit wann sind die Verbrechen bekannt?
1985 sorgte die Verurteilung eines Priesters im US-Bundesstaat Louisiana wegen des Missbrauchs von 39 Kindern erstmals für Schlagzeilen. Seitdem berichten Medien immer wieder über sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester und Ordensleute der katholischen Kirche - vor allem in den USA. Einzelfälle wurden aber auch vorher bekannt, in allen Teilen der Welt. Meist blieb das ohne Folgen. In den 90er Jahren sorgten Buchveröffentlichungen von Opfern für weitere Aufmerksamkeit.
2002 deckte der Boston Globe auf, wie Bischöfe und Kardinäle Kindesmissbrauch in Boston jahrzehntelang vertuscht hatten. Diese Enthüllungen lösten eine Lawine von neuen Anschuldigungen gegen Geistliche aus.
In Deutschland wird spätestens seit 2010 öffentlich über die Schuld einzelner Geistlicher sowie der Kirchenleitung gesprochen. Damals wurden zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch am katholischen Canisius-Kolleg in Berlin bekannt.
Welches Ausmaß haben die Verbrechen?
Erst seit den 90er Jahren werden Fälle von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche mit Kommissionen und Forschungsprojekten aufgeklärt - mal mehr, mal weniger systematisch, mal mehr, mal weniger transparent.
Vor allem in den USA und Europa hat öffentlicher Druck zu entsprechenden Veröffentlichungen geführt. So wurden in Belgien 2010 mindestens 300 Fälle von sexuellem Missbrauch bekannt, in der Schweiz wurden der Bischofskonferenz zwischen 2010 und 2017 250 Fälle gemeldet, und in Frankreich sprach die Kirchenleitung von insgesamt 70 pädophilen Tätern. Aus den meisten Ländern der Erde ist das Ausmaß von Missbrauch in kirchlichen Institutionen jedoch nicht bekannt.
Ist der Missbrauch Geschichte?
Man muss davon ausgehen, dass Kindesmissbrauch nach wie vor stattfindet - in der katholischen Kirche ebenso wie in anderen Institutionen. Die Machtstellung von Klerikern und eine Unterdrückung ihrer Sexualität durch das Zölibat sind laut Kritikern jedoch dafür verantwortlich, dass es in den Reihen der katholischen Kirche besonders häufig zum Missbrauch Minderjähriger kommt. Laut vergleichenden Studien sind vier von fünf Opfern von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche männlich. In anderen Institutionen dagegen sind mehr als die Hälfte der Opfer weiblich.
Bislang wird darüber vor allem in Industrieländern geforscht. Die Mehrheit der Katholiken weltweit lebt jedoch in den Ländern Afrikas, Asiens und vor allem Lateinamerikas. Gerade dort könnte es für Geistliche mit pädophilen Neigungen leicht gewesen sein, ihre Machtstellung gegenüber Kindern aus ärmeren Familien zu missbrauchen. Insofern dürfte die Dunkelziffer des weltweiten Missbrauchs sehr hoch sein.