Italien schickt Marine in libysche Gewässer
2. August 2017Die Abgeordnetenkammer stimmte mit 328 von 630 Stimmen für die Militärmission. Wenig später gab auch der Senat grünes Licht für den Einsatz. Die Regierung in Rom hatte in der vergangenen Woche bilateral eine entsprechende Anfrage der international anerkannten libyschen Übergangsregierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch erhalten. Geplant ist, dass italienische Soldaten die Küstenwache des Bürgerkriegslandes auch innerhalb der libyschen Hoheitsgewässer technisch und logistisch unterstützen.
Rom betont - kein feindlicher Akt
Verteidigungsministerin Roberta Pinotti betonte vor der Debatte im Parlament, der Einsatz erfolge "in engster Abstimmung" mit libyschen Behörden. Eine Seeblockade sei "ausgeschlossen". Konkret gehe es um gemeinsame Patrouillenfahrten und Hilfe bei der Modernisierung der libyschen Flotte. Libysche Souveränitätsrechte würden nicht eingeschränkt, betonte Pinotti.
Ministerpräsident Paolo Gentiloni hatte den Einsatz als möglichen Wendepunkt in der Flüchtlingskrise bezeichnet. Italien erhofft sich von der Aktion eine Stabilisierung des vom Krieg zerrütteten Landes und eine bessere Kontrolle der Flüchtlingsströme.
Von Libyen aus wagen die meisten Migranten die gefährliche Fahrt über das Meer nach Europa. In Italien kamen in diesem Jahr schon fast 95.000 Flüchtlinge an, die vom afrikanischen Kontinent aus über das Mittelmeer gekommen sind und von Seenotrettern in italienische Häfen gebracht worden waren. Schlepper nutzen das politische Chaos in dem nordafrikanischen Land.
Italien beschlagnahmt deutsches Rettungsschiff
Der Streit zwischen privaten Seenorrettern und Italien schwelt weiter. Zwei Tage nachdem es der Regierung in Rom nicht gelungen ist, die privaten Seenotretter im Mittelmeer auf einen Verhaltenskodex zu verpflichten, hat die die Küstenwache ein Rettungsschiff der privaten deutschen Hilfsorganisation "Jugend Rettet" im Hafen von Lampedusa blockiert. Nach Angaben des italienischen Rundfunks zwangen mehrere Boote die "Iuventa", zwecks Kontrollen in den Hafen der italienischen Mittelmeerinsel einzulaufen. Inzwischen teilten die italienischen Behörden mit, die "Iuventa" sei auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Beihilfe zur illegalen Migration beschlagnahmt worden.
Italien verlangt von privaten Flüchtlingsrettern, dass sie sich einem Verhaltenskodex unterwerfen, der unter anderem bewaffnete Polizisten an Bord vorsieht. Die Übergabe von geretteten Flüchtlingen an andere Schiffe wird untersagt. Rom wirft den Rettern vor, mit Schleusern zu kooperieren, und drohte ihnen mit Hafenblockaden.
Weiter keine Ausweitung des EU-Libyen-Einsatzes
Die EU hat weiterhin keine Erlaubnis, auch in den libyschen Küstengewässern gegen illegale Migration vorzugehen. Wie eine Sprecherin mitteilte, baten die libyschen Behörden bei Gesprächen in Tripolis nicht wie zunächst erwartet um europäische Unterstützung beim Vorgehen gegen Schleuserbanden. Eine solche Anfrage wäre grundlegende Voraussetzung dafür, dass die Besatzungen von europäischen Kriegsschiffen zukünftig auch direkt vor der Küste des nordafrikanischen Landes operieren können.
qu/kle (dpa, kna, epd)