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Hexenjagd auf Snowden?

Benjamin Knight / cb27. Januar 2014

Edward Snowden leidet unter einer Kampagne, die einige als "Hexenjagd" bezeichnen: US-Politiker drohen ihm und nennen ihn einen russischen Spion. Er verteidigt seinen Ruf und verurteilt die Medien.

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Edward Snowden und US-Flagge auf Computerbildschirmen (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

So lange sie anonym bleiben können, scheinen einige US-Offizielle keine Zurückhaltung zu kennen was den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden angeht. "Ich würde ihm am liebsten eine Kugel in den Kopf jagen", sagte ein Pentagon-Mitarbeiter, der als ehemaliger Offizier der Sondereinsatzkräfte bezeichnet wurde, gegenüber dem Medienportal BuzzFeed. "Es macht mir kein Vergnügen, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, auch wenn ich eine Uniform trage - aber er ist der größte Verräter in der amerikanischen Geschichte."

"In einer Welt, in der es mir nicht verboten wäre, einen Amerikaner zu töten, würde ich persönlich losgehen und ihn umbringen", betonte ein aktiver NSA-Analytiker. "Viele Leute teilen dieses Gefühl."

BuzzFeed meint, dass diese "gewalttätige Anfeindung" gegenüber Snowden direkt unter der Oberfläche der Debatte lauert, die der Whistleblower in den USA über die NSA-Aktivitäten ausgelöst hat. Ob das nun übertrieben ist oder nicht, Snowdens Motivation ist ein entscheidender Teil der NSA-Debatte in seinem Heimatland geworden.

Christopher Murphy und Gregory Meeks (Foto: Mdpa)
US-Parlamentarier Murphy (r.) behauptet, Moskau verfüge über Snowdens Daten - allerdings ohne BeweisBild: picture-alliance/dpa

Schmutzkampagne

Eine ganze Reihe von US-Politikern, sowohl Republikaner als auch Demokraten, deuten an, dass Snowden bei seinen Enthüllungen mit dem russischen oder chinesischen Geheimdienst kooperiert hat. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rogers, sagte in der NBC Talkshow "Meet the Press", er gehe nicht davon aus, dass es Zufall war, dass Snowden in Moskau landete.

Michael McCaul, Vorsitzender des Homeland Security Ausschusses im Repräsentantenhaus, sagte bei ABC in der Sendung "This Week", er galube nicht, dass "Mr. Snowden in der Lage war, alles allein zu machen". Er fügte hinzu, er könnte nicht "mit Sicherheit" sagen, ob Russland involviert gewesen sei, aber "ich glaube, dass er kultiviert wurde".

Was auch immer "kultiviert" heißen soll, bisher hat noch niemand Beweise für eine Kooperation zwischen Snowden und einem ausländischen Geheimdienst vorgelegt. Trotzdem erregt die Tatsache Misstrauen, dass Snowden seine Reise so gut im Vorraus planen konnte - "er saß, wenn man so will, auf gepackten Koffern", so Rogers.

Dagegen erklärten Vertreter des im Fall Snowden ermittelnden FBI gegenüber der "New York Times", man sei zu dem Schluss gekommen sei, Snowden habe allein gehandelt.

Mangel an Beweisen

Andere US-Politiker sagen zwar nicht, dass Russland Snowden direkt geholfen habe, behaupten aber, andere Länder besäßen nun die Daten, die Snowden der NSA abgejagt hatte. Bei einer Berlin-Reise, die den diplomatischen Schaden der NSA-Affäre begrenzen sollte, sagte US-Senator Chris Murphy der DW: "Snowden hat Ländern, deren Interessen denen der USA widersprechen, Informationen zugetragen - und ich denke, dass es jetzt die Vermutung gibt, dass diese Länder einen Großteil der Informationen haben, wenn nicht sogar alle."

Auch hierfür gibt es keine Beweise. Snowden gab dem Magazin "New Yorker" ein Interview, in dem er die Vorwürfe zurückwies. Er sagte, er habe "seit 2007 mit einer gepackten Tasche gelebt. Das ist nicht ungewöhnlich für Leute, die im Auftrag der Regierung 'under cover' gelebt haben."

Er wies außerdem darauf hin, dass die US-Regierung selbst für seinen langen Aufenthalt in Russland verantwortlich sei. "Ich war in Russland eigentlich nur auf der Durchreise", sagte Snowden dem "New Yorker". "Ich wollte weiter nach Havanna reisen - ein ganzes Flugzeug voller Reporter fotografierte den Platz, auf dem ich sitzen sollte - aber das US-Außenministerium beschloss, dass sie mich in Moskau wollten und erklärte meinen Pass für ungültig."

Profil eines Gesichts neben dem NSA-Siegel (Foto: Nicolas Armer/dpa )
Die NSA überwacht weltweit Millionen von MenschenBild: picture-alliance/dpa

Für Snowdens Rechtsberater sind die Kommentare der Politiker nichts weiter als unbeholfene Ablenkungsversuche. "Das Anti-Snowden-Gerede ist ein Spiegelbild der perversen Vorliebe für Geheimnistuerei und Verschleierung, die die Geheimdienste dominiert und die Grundprinzipien von Transparenz und Verantwortung untergräbt", so Carly Nyst von der britischen Organisation "Privacy International" zur DW.

"Nach dem Aufschrei in der Bevölkerung über die großflächigen Überwachungsprogramme, die Snowden enthüllt hat, sind solche Diskussionen offensichtliche Versuche der Verantwortlichen, von sich selbst und ihren illegalen Spionageoperationen abzulenken", sagte Nyst.

Hexenjagd auf Snowden?

Snowden sorgt sich eher darum, dass die Medien Beschuldigungen wiederholen, ohne sie in Frage zu stellen. "Es ist nicht die Schmutzkampagne, die mich erstaunt, sondern dass die Presse Aussagen wiedergibt, von denen selbst die Interviewpartner sagen, dass es reine Spekulationen sind", sagte er. "Ich meine, das sind doch ganz schön ernste Anschuldigungen, oder?"

Jeff Chester, Chef des Zentrums für Digitale Demokratie in der US-Hauptstadt Washington, hält Snowden für ein wenig naiv. "Snowden erwartet zu viel von den amerikanischen Medien, besonders vom Fernsehen, dessen Fähigkeit, sich gegen die Regierung oder mächtige Firmen zu stellen, schon lange geschwächt ist", sagte er der DW.

Tatsächlich sollte Snowden froh sein über das, was er erreicht hat, sagte Chester: "Die beiden wichtigsten Zeitungen in den USA, die "New York Times" und die "Washington Post", haben ausgiebig über ihn berichtet. In Wahrheit hat Snowden doch eine einzigartige Unterstützung von den Medien bekommen, mit Gruppen von Journalisten, die über die Dokumente und Angelegenheiten berichten, die er enthüllt hat."

Aber auch er verurteilt die Kampagne gegen Snowden: "Politische Hexenjagden gibt es selbst in der Obama-Ära noch."