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Politik

"GroKo"-Verhandlung gerät ins Stocken

31. Januar 2018

Unterschiedliche Interpretationen des Kompromisses über den Familiennachzug für Flüchtlinge sorgen für Unruhe bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD. Eine Arbeitsgruppe wurde Agenturen zufolge vertagt.

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Mikrofone vor der SPD-Zentrale in Berlin
Wenig zu berichten: Journalisten warten am Dienstagabend auf die UnterhändlerBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD gestalten sich in Sachen Migrationspolitik weiter schwierig. Eine für diesen Morgen angesetzte Sitzung der Arbeitsgruppe Migration wurde kurzfristig verschoben, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen erfuhr. Eine neue Uhrzeit oder einen neuen Termin gab es zunächst noch nicht. Den Informationen der dpa zufolge hätten alle drei Parteien internen Beratungsbedarf angemeldet. In der Union wurde betont, die SPD habe um Vertagung gebeten. Weitere Hintergründe waren am Mittwochvormittag zunächst unklar.

Während die CSU erklärte, der Anspruch auf Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sei endgültig abgeschafft, hob die SPD eine "deutlich weitergehende" Härtefallregelung hervor. So schrieb SPD-Chef Martin Schulz an die Parteimitglieder: "Die SPD hat sich mit einer guten Einigung beim Familiennachzug durchgesetzt". Schon zuvor hatte er verkündet: "Wir haben jetzt eine Regelung 1000+". CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte seinerseits: "Neue Härtefallregelungen, die ein Mehr an Zuwanderung bedeutet hätten, gibt es nicht."

Deutschland unbegleitete minderjährige Ausländer in Karlsruhe
Unbegleitete Flüchtlinge in Deutschland: Darf die Familie nachkommen?Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Bei ihren Koalitionsgesprächen hatten sich die Unterhändler am Dienstag darauf verständigt, dass der Familiennachzug für "subsidiär" Schutzberechtigte bis Ende Juli ausgesetzt bleibt. Von August an soll dann gelten, dass Menschen mit diesem Status wieder Angehörige nach Deutschland nachholen dürfen - in begrenztem Umfang von insgesamt maximal 1000 engen Angehörigen pro Monat. Darauf hatten sich Union und SPD grundsätzlich schon bei ihren Sondierungsgesprächen geeinigt. Eine bereits bestehende Härtefallregelung soll weiter gelten und nach SPD-Darstellung nicht auf das 1000er-Kontingent angerechnet werden. Im Jahr 2017 wurde allerdings nur einigen Dutzend subsidiär Geschützten auf Basis der Härtefallregelung ein Familiennachzug erlaubt.

Differenzen brechen auf

In den Reihen der Sozialdemokraten stößt der Kompromiss schon jetzt auf Widerstand. Die stellvertretenden Vorsitzenden von Partei und Fraktion, Ralf Stegner und Eva Högl, kündigten an, weiter über das Thema verhandeln zu wollen. Beide sitzen für die SPD in der Arbeitsgruppe Migration. Stegner nannte die CSU am Dienstagabend im Ersten Deutschen Fernsehen scheinheilig: Er sei "sehr befremdet, dass eine Partei, die sich christlich nennt, mit einer solchen Inbrunst gegen die Zusammenführung von Familien" kämpfe. Bei einer Neuauflage von Schwarz-Rot gehe es "maximal" um eine Lebensabschnittspartnerschaft, "die dann hoffentlich bald auch wieder enden wird", so Stegner.

Ralf Stegner
Ein Mann deutlicher Worte: Ralf StegnerBild: picture-alliance/dpa/M. Scholz

Auch der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation Jusos, Kevin Kühnert, übte scharfe Kritik an dem Kompromiss. "Die SPD geht beim Familiennachzug in Vorleistung und bekommt von der Union dafür ungedeckte Schecks", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Kühnert kämpft vehement gegen eine Neuauflage der großen Koalition ("GroKo"). Er kann sich berechtigte Hoffnungen machen, dass die SPD-Basis nach Abschluss der Verhandlungen gegen den Koalitionsvertrag stimmen wird.

"Sehr weit auseinander"

In der Spitzengruppe der 15 Unterhändler von CDU, CSU und SPD wurde am Dienstagabend auch über die zentrale SPD-Forderung nach einer Abschaffung "sachgrundloser" Befristungen bei Arbeitsverträgen gesprochen. Dabei sei "deutlich geworden, dass die Parteien sehr weit auseinander liegen", berichtete SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hierzu nach Abschluss der Beratungen kurz nach Mitternacht. Schwierige Verhandlungen werden in den kommenden Tagen auch beim Thema Angleichung der Ärztehonorare für privat und gesetzlich Krankenversicherte erwartet.

Pflegekräfte aus China nehmen die Arbeit auf
Mehr Pflegepersonal: Darüber waren sich die "GroKo"-Verhandler schnell einigBild: picture-alliance/dpa

Auf Maßnahmen für eine bessere Personalausstattung in der Pflege konnten sich die Unterhändler hingegen verständigen: Sie kündigten ein Sofortprogramm mit 8000 neuen Pflegefachkräften an.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) betonten, dies sei nur der erste Schritt zur Verbesserung im Pflegebereich. Es werde auch deutliche Fortschritte bei der Bezahlung von Pflegekräften geben, kündigte ein CSU-Unterhändler an.

wa/se (dpa, afp, rtr)