Ermittlungen gegen netzpolitik.org eingestellt
10. August 2015Der zur Zeit amtierende Generalbundesanwalt Gerhard Altvater hat die Landesverrats-Ermittlungen gegen zwei Journalisten des Internetblogs netzpolitik.org eingestellt. Er gehe mit dem Justizministerium davon aus, dass es sich bei den veröffentlichten Inhalten nicht um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuches handele, heißt es in einer Mitteilung der Generalbundesanwaltschaft (Artikelbild).
Ermittlungen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses gehen weiter
Der Tatverdacht gegen bislang unbekannte Verdächtige wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses bleibe davon aber unberührt. Dieses Verfahren werde daher an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben.
Die Ermittlungen richteten sich gegen den Chefredakteur von netzpolitik.org, Markus Beckedahl, und seinen Mitarbeiter André Meister sowie ihre Informanten. Das Blog hatte interne Papiere des Bundesamtes für Verfassungsschutz veröffentlicht. Darin ging es um Pläne zur stärkeren Überwachung des Internets. Anzeige erstattet hatte der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen. In Zuge der Affäre musste der frühere Generalbundesanwalt Harald Range seinen Posten räumen.
Für netzpolitik.org ist noch nicht Schluss
Beckedahl verlangte weitere Aufklärung. "Wir fordern Transparenz darüber, ob wir im Zuge der Ermittlungen Opfer von Überwachungsmaßnahmen geworden sind", sagte er. Hier gebe es noch viele Unklarheiten. "Wir wollen zudem erfahren, wer die Hintermänner in der Bundesregierung sind."
Den Spekulationen Beckedahls, wonach es im Zuge der Ermittlungen möglicherweise Überwachungsmaßnahmen bei netzpolitik.org gegeben haben könnte, trat ein Sprecher des Bundesjustizministeriums entgegen. Er sagte, falls die beiden Blogger in dieser Hinsicht Zweifel haben sollten, könnten sie ja Akteneinsicht nehmen.
Bundesregierung lehnt Stellungnahme ab
Darüber hinaus lehnte er eine Stellungnahme ab. Man kommentiere die Entscheidung des Generalbundesanwalts nicht, in diesem Fall sowie auch in anderen Fällen. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert wollte zu der Entscheidung aus Karlsruhe nichts sagen.
Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast (Grüne), sagte: "Gut, dass der Spuk nun zu Ende ist. Der Angriff auf die Pressefreiheit ist damit vorerst beendet." Für die Rechtspolitik gebe es nun viele Hausaufgaben.
Journalisten-Verbände verlangen Aufklärung der Affäre
Journalistenorganisationen forderten die Aufklärung der Affäre. Ein solcher Fall dürfe sich nicht wiederholen, erklärte "Reporter ohne Grenzen". Die Deutsche Journalisten-Union (DJU), die zur Gewerkschaft Verdi gehört, verlangte "eine grundlegende Aufklärung der Vorgänge". Zur Stärkung der Pressefreiheit sei aber ein politischer Kurswechsel notwendig. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) erklärte, die Vorschriften zum Landesverrat müssten überarbeitet und Journalisten von der Strafverfolgung ausgenommen werden.
kle/uh (dpa, afp, epd)