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Strauss-Kahn hinter Gittern

16. Mai 2011

Straftäter oder Verschwörungsopfer? Die Anklage wegen Sexvorwürfen gegen IWF-Chef Strauss-Kahn schlägt in Frankreich hohe Wellen. Schließlich galt er bisher als aussichtsreicher Herausforderer von Staatschef Sarkozy.

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Nicolas Sarkozy (li.) und Dominique Strauss-Kahn auf dem G20-Gipfel in Paris im Februar 2011 (Foto: dapd)
Handschlag politischer Gegner: G20-Gipfelteilnehmer Sarkozy (l.) und Strauss-Kahn (r.)Bild: dapd

Es hatte alles so gut ausgesehen für Dominique Strauss-Kahn: Bei jeder Verhandlungsrunde über die Rettungspakete für die Euro-Pleitekandidaten Griechenland, Portugal und Irland betrat der selbstbewusste Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Bühne der großen Politik. Und jedes Mal, wenn sich 'DSK' – wie ihn die Franzosen nennen – im Blitzlicht-Gewitter der Presse-Fotografen sonnte, war das fast etwas wie kostenlose Wahlkampf-Werbung für den ehemaligen französischen Wirtschafts- und Finanzminister. Bisher zweifelte kaum jemand in Frankreich daran, dass Strauss-Kahn beste Aussichten hatte, als sozialistischer Präsidentschaftskandidat 2012 Nicolas Sarkozy herauszufordern.

Doch Strauss-Kahns Ziel, der nächste französische Präsident zu werden, ist seit seiner Verhaftung am New Yorker Kennedy-Flughafen mehr als fraglich. Dem 62-Jährigen wird vorgeworfen, am Wochenende ein Zimmermädchen eines Hotels in Manhattan belästigt und massiv bedrängt zu haben. Bei einer Gegenüberstellung identifizierte die 32-Jährige den IWF-Chef.

Die Anklage lautet auf sexuelle Nötigung, versuchte Vergewaltigung und Freiheitsberaubung. Strauss-Kahns Anwalt erklärte, sein Mandant werde auf nicht schuldig plädieren. Sollte er wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt werden, müsste er mit 15 bis 20 Jahren Haft rechnen.

Ein "Donnerschlag"

Die Festnahme von 'DSK' sei wie ein "Donnerschlag", kommentierte Martine Aubry, die Parteichefin der französischen Sozialisten, die brisanten Neuigkeiten aus New York. Es liege nun an der Partei, vereint und verantwortungsvoll zu agieren. Doch um die Einigkeit bei den Sozialisten ist es traditionell nicht gut bestellt – sieht man vom aktuellen Aufwärtstrend einmal ab.

Segolene Royal (Foto: AP)
Innerparteiliche Gegnerin: Segolene RoyalBild: AP

Strauss-Kahns innerparteiliche Gegnerin Segolene Royal betonte zwar, dass sie von dem, was geschehen sei, nicht profitieren wolle. Schließlich gelte für Strauss-Kahn wie für jeden anderen Bürger bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung. Trotzdem wäre die politische Karriere Strauss-Kahns nach einem möglichen Rücktritt als IWF-Chef oder seiner Verurteilung als Sexualstraftäter wohl endgültig beendet.

Offen auszusprechen traut sich das zurzeit nur Marine Le Pen, die Chefin der Partei Front National. "Er ist als Kandidat für das höchste Staatsamt definitiv diskreditiert", sagte sie in die Mikrophone französischer TV-Journalisten. Die Frontfrau der französischen Rechtsextremen für die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr rangiert in aktuellen Umfragen hinter Strauss-Kahn und vor Amtsinhaber Nicolas Sarkozy.

Die politischen Gegner in Sarkozys konservativer Partei UMP gaben sich dagegen demonstrativ zerknirscht. UMP-Vize Renaud Muselier sprach von einem Desaster: "Das ist eine Katastrophe für unser Land und für unser Bild nach außen, denn er ist der Chef des IWF."

Die Frau des IWF-Chefs stellte sich unterdessen demonstrativ hinter ihren Mann: "Ich glaube keine Sekunde lang den Anschuldigungen, die gegen meinen Mann erhoben werden", hieß es in einer am Sonntag in Paris von Strauss-Kahns Ehefrau Anne Sinclair veröffentlichten Erklärung. "Ich zweifele nicht daran, dass sich seine Schuldlosigkeit erweisen wird." Sinclair rief zur Zurückhaltung im Zusammenhang mit den Vorwürfen auf.

Schwache Hoffnung auf Rehabilitierung

"Wir müssen abwarten, bis die Lage sich beruhigt und bis wir wissen, ob die Anschuldigungen wahr sind oder nicht", sagte Leon Lef Forster, einer von Strauss-Kahns Anwälten in Frankreich. Auch sein Biograf Michel Taubmann schloss sich dieser Mahnung an. Sollte der Verdacht sich erhärten, nähme die Karriere des 62-Jährigen Schaden. Sollte aber seine Unschuld erwiesen werden, könne der Sozialist sogar davon profitieren, sagte Taubmann. "Die Franzosen mögen es nicht, wenn jemanden zu Unrecht beschuldigt wird."

Autor: Thomas Kohlmann
Redaktion: Christian Walz