Ein Kampf für die Pressefreiheit
18. Juli 2005In Thailand wurden in jüngster Zeit schon politisch ambitionierte Sendungen aus dem Rundfunk-Programm genommen, eine bekannte Radiostation dichtgemacht und sogar Internetseiten von Autoritäten geschlossen. Manche Kritiker werden aber auch mit einer Verleumdungsklage überzogen, wie zum Beispiel die Medienrechtlerin Supinya Klangnarong. Für sie wird es jetzt ernst, am Dienstag (19.7.) beginnt der Gerichtsprozess, den die mächtige Shin. Corp., Thailands Medien- und Kommunikationsriese, gegen sie angestrengt hat.
Gefährliche Personalunion
Im Sommer 2003 hatte Supinya der Zeitung "Thai Post" ein Interview gegeben. Darin hatte sie unter anderem erklärt, dass die Profite der Shin. Corp. deutlich angestiegen sind, vor allem seit Premierminister Thaksin Shinawatra und seine regierende Partei "Thai Rak Thai" 2001 an die Macht gekommen waren. Der Konzern, einst von Thaksin und seiner Frau gegründet, ist heute Thailands größter Mobilfunkanbieter, bestimmt das Satellitengeschäft und hält Anteile an Rundfunk- und Fernsehkanälen. Auch ist Shin. Corp. mehrheitlich am Sender ITV beteiligt, einst einziger unabhängiger Nachrichtenkanal des Landes. Als Thaksin Regierungschef wurde, hatte er seine Unternehmensanteile offiziell seiner Frau und seinen Kindern überschrieben, die den Konzern Shin Corp. somit kontrollieren.
Die Kommentare der 32-jährigen Medienrechtlerin schmeckten dem mächtigen Konzern überhaupt nicht. Er strengte Klage an, weil die Äußerungen Supinyas den Eindruck erwecken könnten, das Unternehmen hätte auf unfaire Weise von Thaksins politischem Amt profitiert. Die mittlerweile fünf Anwälte Supinyas haben erklärt, dass sie ihre Klientin umsonst verteidigen werden. Auch wollen zum Prozessbeginn Beobachter aus dem Ausland anreisen. Supinya selbst ist von der Solidarität überwältigt: "Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, warum gerade dieser Fall so populär geworden ist und so viel Aufmerksamkeit bekommt. Aber ich fühle mich sehr geehrt und bin glücklich darüber. Aber es ist noch mehr als das: Wenn dieser Fall dazu beitragen kann, etwas in der Gesellschaft oder in Bezug auf die Pressefreiheit zu verändern, wäre das großartig. Somit versuchen wir, das Beste aus diesem Gerichtsverfahren zu machen."
Weitere Ziele
Supinya Klangnarong ist nicht die einzige, die unter dem verschärften Druck zu leiden hat. Reporter und Kolumnisten, die sich kritisch mit dem Führungsstil des als populistisch geltenden Thaksin auseinandersetzen, werden ihrer Posten enthoben und versetzt. Außerdem sichern sich einflussreiche politische Stellen und Interessengruppen verstärkt Anteile an bestimmten Medien, um diese besser unter Kontrolle zu haben. Die Presse, so das Credo der Regierung, solle ihre Politiker gefälligst unterstützen, aber nicht kritisieren.
Pravit Rojanaphruk von der regierungskritischen Tageszeitung "The Nation" bilanziert: "Thaksins Ambitionen sind ganz klar, er wollte Thailand in ein Singapur oder Malaysia verwandeln, zumindest hatte er dem früheren Premierminister Malaysias, Mahathir Mohamad, seine Bewunderung ausgedrückt. Wenn man auf die Rolle der Medien in Malaysia schaut, so sieht man - von der regierungskritischen Publikation Malaysiakini abgesehen - dass sich die Funk- und Printjournalisten dort selbst als Sprachrohre des Staates bezeichnen."
Indonesien
Die Verflechtung zwischen Politik und dem Big Business sei aber nicht nur in Thailand, sondern beispielsweise auch in den Philippinen und Indonesien zu beobachten, sagt Roby Alampay von der südostasiatischen Pressevereinigung. Allerdings nimmt aus seiner Sicht die mächtige thailändische Shin. Corp. eine Sonderstellung ein: "Shin. Corp. ist ein besonderer Fall, weil es hier die Familie des Premierministers ist, der ein Medienkonzern gehört. Und es ist deswegen schon eine Ironie an sich, dass der einst einzige unabhängige Sender des Landes von ihnen kontrolliert wird." Der Premier sei dadurch in der Lage, anders als zum Beispiel auf den Philippinen, einen direkteren Einfluss auf die Medien zu nehmen. "Die Probleme mit der Unabhängigkeit und die Verflechtung von politischen und wirtschaftlichen Interessen gibt es ebenso auf den Philippinen oder in Indonesien", sagt Alampay.
Zum Auftakt des Prozess gegen Supinya Klangarong haben zunächst ihre Gegner das Wort, ehe sie selbst aussagen wird. Ein Zurück gibt es für beide Seiten nicht mehr, sagt die Aktivistin: "Ich bin bereit, weiterzumachen, auch wenn ich nervös bin. Aber das ist für mich eine gute Erfahrung und durch diesen Kampf lerne ich, was Freiheit wirklich für mich bedeutet und wie schwierig es für uns ist, diese Freiheit zu bewahren."
Ein Urteil im Strafprozess wird für Anfang 2006 erwartet. Wird Supinya schuldig gesprochen, können ihr bis zu zwei Jahre Gefängnis drohen. Auch das Zivilverfahren müsste sie noch durchstehen. Darin geht es um eine Geldstrafe von bis zu 400 Millionen Baht, umgerecht etwa zehn Millionen US-Dollar. Unnötig zu erwähnen, dass Supinya diese Summe niemals aufbringen kann.