Afrikas Verkaufsoffensive
26. Januar 2013Was für ein Abendessen! Die Staats- und Regierungschefs von Guinea, Äthiopien, Nigeria, Ruanda, Tansania, Kenia und Mauritius speisen gemeinsam in einem Hotel in Davos. Dabei diskutieren sie über die verheißungsvolle Zukunft des Kontinents. "Interactive Dinner Session" heißt diese Veranstaltung im Jargon des Weltwirtschaftsforums. Journalisten dürfen nicht teilnehmen, Unternehmer und Investoren sind herzlich willkommen.
Südafrikas Präsident Jacob Zuma (im Bild oben rechts) ist ebenfalls in Davos, hat am Abend des Dinners aber wohl andere Termine. Zuma bemüht sich, die gewalttätigen Ausschreitungen der Bergarbeiterstreiks im vergangenen Jahr kleinzureden, bei denen fast 50 Menschen ums Leben kamen. Schließlich könnten gewaltsame Streiks und hohe Lohnforderungen Investoren verschrecken.
"Das Schlimmste ist vorbei. Wir packen die Probleme nun gemeinsam an - die Gewerkschaften, die Unternehmer und die Regierung. Wir bringen das in Ordnung", so Zuma. "Es darf nie wieder der Eindruck entstehen, als hätten wir die Sache nicht im Griff."
Alles für die Investoren
Nach Südafrika ist Nigeria die größte Wirtschaftsmacht südlich der Sahara. Lange hat sich das Land auf seine Ölexporte verlassen und darüber die Landwirtschaft vernachlässigt. Das soll sich nun ändern. Mit einem großangelegten Investitionsprogramm will Nigeria seine Landwirtschaft modernisieren. Das Ziel: Anstatt Milliarden für die Einfuhr von Lebensmitteln auszugeben, will sich Nigeria selbst versorgen und bald auch exportieren.
Der Landwirtschaftsminister Akinwunmi Adesina macht keinen Hehl daraus, warum eine ganze nigerianische Delegation nach Davos gereist ist: "Wir versuchen hier natürlich, Investoren zu gewinnen. Unser Präsident, Goodluck Ebele Jonathan, war Gastgeber einer fantastischen Veranstaltung, die von vielen Chefs internationaler Konzerne besucht wurde. Ich selbst habe heute mit Syngenta, DuPont und anderen großen Agrarkonzernen gesprochen."
Werben und verkaufen, so läuft das in diesen Tagen in Davos, so Adesina im DW-Interview. "Die Firmen wollen nach Nigeria kommen, weil sie die großen Chancen sehen. Und ich sage ihnen: Für Landwirtschaft gibt es in ganz Afrika keinen besseren Ort als Nigeria."
Kein Handel ohne Straßen
Auch in anderen Branchen sind Investoren wie berauscht von den Möglichkeiten, die der afrikanische Kontinent bietet. Zum Beispiel beim Ausbau von Mobilfunk und Internet. Sunil Mittal, Gründer und Chef des indischen Telekom-Konzerns Bharti, ist inzwischen in 17 afrikanischen Ländern aktiv.
Alle Entwicklungsländer bieten Wachstumsmöglichkeiten, sagt Mittal. "Aber der afrikanische Kontinent ist heute die letzte Bastion richtig großen Wachstums. Eine Milliarde Menschen, von denen die Hälfte noch keinen Netzzugang hat. Und die schon vernetzte Hälfte will aufsteigen zum mobilen Internet. Für Investoren wie uns sind das aufregende Aussichten."
Ein großes Problem für die wirtschaftliche Entwicklung ist dagegen die Infrastruktur in vielen Ländern Afrikas. Die Versorgung mit Strom und Wasser ist oft mangelhaft, fehlende oder schlecht ausgebaute Straßen erschweren den Transport.
"Bei der Infrastruktur hat Afrika einen gewaltigen Rückstand", sagt Nigerias Präsident Goodluck Ebele Jonathan. "Das ist auch der Grund, warum der Handel zwischen den afrikanischen Staaten so gering ist. Es ist einfacher, Güter von Afrika nach Europa zu transportieren als von einem afrikanischen Land zum anderen."
Doppeltes Wachstum?
Angesichts dieser Bedingungen ist es erstaunlich, dass die Wirtschaft in vielen Ländern südlich der Sahara mit mehr als fünf Prozent wächst. Würde mehr für die Infrastruktur getan, könnten sich die Wachstumszahlen verdoppeln.
"Stellen sie sich vor, was starke Investitionen in die Infrastruktur bewirken könnten", so der indische Unternehmer Sunil Mittal. "Wie viele Menschen in Afrika aus der Armut kämen, wie stark die Wirtschaft wachsen würde! Für mich ist die Konzentration auf die Infrastruktur das wichtigste Element.“
Studien zufolge müssten etwa 100 Milliarden Dollar jedes Jahr in die harte Infrastruktur investiert werden, um die Lage zu verbessern. Auch hierfür hoffen die afrikanischen Vertreter in Davos Interessenten zu finden. Ihr Argument: Wer heute nicht in Afrika investiert, wird es morgen bereuen.