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Soziale Unternehmer

Manuela Kasper-Claridge, z.Zt. Davos23. Januar 2013

Sie sind längst keine Einzelkämpfer mehr, sondern Teil eines weltweiten Netzwerkes, die Social Entrepreneurs. Das Weltwirtschaftsforum in Davos gibt ihnen eine Bühne für ihre Ideen und Projekte.

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Ein Mann vor dem Logo des World Economic Forum Foto: Pascal Lauener
Bild: Reuters

Manila, Taipeh, Amsterdam, Zürich, Davos - 26 Stunden Anreise hat Mark Ruiz hinter sich. Jetzt steht der Filipino auf 1800 Metern Höhe in den Schweizer Bergen im Schnee und ist begeistert. Denn in den nächsten Tagen nimmt der Social Entrepreneur oder Sozialunternehmer am World Economic Forum (WEF) in Davos teil. Gemeinsam mit den Mächtigen dieser Welt, darunter die Bundeskanzlerin, der russische Premierminister, die Chefin des IWF und einige hundert Konzernlenker internationaler Top-Unternehmen.

Kampf für Veränderung

Auch Ruiz ist Unternehmer, doch er hat sich dem gesellschaftlichen Wandel verschrieben und will die Armut in seinem Land bekämpfen. 2007 gründete er Hapinoy. Ein Netzwerk vieler kleiner Läden auf den Philippinen, "Sari-Sari stores" heißen sie dort. Ruiz Ziel ist es, alternative Vertriebswege für Waren zu finden, die viele Familien zu Hause herstellen.

Taifun-Opfer in Osmena Foto: Erik De Castro
Armut auf den PhilippinenBild: Reuters

"Mehr als 20 Millionen Filipinos leben unter der Armutsgrenze", erzählt er. "Sie sind von der offiziellen Wirtschaft und Gesellschaft ausgeschlossen, weil sie ohne Genehmigung arbeiten." Ruiz will das ändern und hat heute schon Zugang zu 10.000 dieser Miniläden aufgebaut. Sein Netzwerk findet neue Kunden für die Miniproduzenten und Geschäftsinhaber. Stolz ist er auf sein neuestes Projekt. So ist es ihm gelungen, eine Partnerschaft zwischen dem größten Nahrungsmittelproduzenten auf den Philippinen, einer NGO und Kleinbauern aufzubauen. Damit sind für die Bauern jetzt auch offizielle Vertriebswege offen. "Wir haben die Wahl. Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir etwas dafür tun. Wir Sozialunternehmer arbeiten wie Unternehmer, unser Ziel ist aber nicht der Profit, sondern soziale und gesellschaftliche Veränderung", betont er und hofft in Davos den Chef von Nestlé zu treffen. Vielleicht kann er ihn von dem einen oder anderen Projekt überzeugen.

Seit Jahren kommen Sozialunternehmer nach Davos

Hilde Schwab, die die Schwab Foundation leitet und die Stiftung gemeinsam mit ihrem Mann Klaus gründete, hat in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass Sozialunternehmer mehr Aufmerksamkeit erfahren. Sie lud sie nicht nur nach Davos ein, sondern auch zu den regionalen Foren des WEF, die unter anderem in Asien oder Lateinamerika stattfinden. Denn gerade für Schwellen- und Entwicklungsländer ist diese Art des Wirtschaftens ein erfolgreiches Modell.

So ist Ruiz nur einer von rund 30 Sozialunternehmern, die in diesem Jahr auf Einladung der Schwab Foundation am World Economic Forum teilnehmen. Hier können sie ihre Projekte vorstellen, Unternehmensmodelle zur Armutsbekämpfung diskutieren, neue Ideen in die Diskussionen der Etablierten einbringen und ihr Netzwerk ausbauen.

Foto: Jörg Böthling (KfW-Bildarchiv)
Solaranlage auf einem Hausdach in BangladeshBild: KfW-Bildarchiv/Jörg Böthling

Energie für die Ärmsten

Tri Mumpuni, Sozialunternehmerin aus Indonesien friert ein wenig, als sie zum nächsten Treffen durch den Davoser Schnee stapft. Eingewickelt in große indonesische Schals wirkt sie wie aus einer anderen Welt. Doch an Selbstbewusstsein mangelt es ihr nicht. IBEKA heißt die Organisation, die sie 1992 in Indonesien gegründet hat. Ihr geht es um einen kostengünstigen Zugang zu Energie für jeden.

Rund 40 Prozent der indonesischen Bevölkerung verfügt kaum über Elektrizität. Dies erschwert die wirtschaftliche Entwicklung, vor allem aber den Weg aus der Armut, erzählt sie. Ihre Teilnahme am Weltwirtschaftsforum ist für die Agraringenieurin nur logisch. "Hier treffen sich doch die Unternehmer und Manager, die wollen, dass ihr Unternehmen eine Zukunft hat. Die hat es aber nur, wenn die Unternehmen nachhaltig handeln. Reine Profitorientierung ist nicht die Lösung", sagt Mumpuni.

IBEKA hat bereits 61 Kleinstwasserkraftwerke eingerichtet. 51 versorgen rund 10.000 indonesische Haushalte, vier weitere erreichen über den Anschluss an die Hauptnetze 1500 Haushalte. Für die Familien, die jetzt Zugang zu regulärer Energie haben, reduzieren sich die Kosten. Vorher verbrannten sie Kerosin, um Licht zu erzeugen, die Durchschnittskosten lagen bei sechs US-Dollar im Monat. Dank der Kleinstwasserkraftwerke kostet der Strom nun weniger als einen US-Dollar.

Bewässerungssystem in Myanmar Foto: IWMI
Bewässerungssystem in MyanmarBild: IWMI

Moderne Technologie für einfache Produkte

Aus einem der ärmsten Länder Südostasiens, aus Myanmar, ist Debbie Taylor nach Davos gekommen. Gemeinsam mit ihrem Mann Jim, der aus den USA stammt, hat sie vor acht Jahren "Proximity Designs" gegründet. Im eigenen Designlabor in Myanmar entwickelt ihr Unternehmen Produkte, die sich auch die Ärmsten leisten können. Dazu gehört zum Beispiel ein per Fuß angetriebenes Bewässerungssystem für die Felder. Die beiden setzen bei ihrer Arbeit auf Partnerschaften. So arbeiten sie unter anderem eng mit der Design-Schule der Stanford-Universität zusammen.

Für die jungen Designer ist es eine enorme Herausforderung, Produkte zu entwickeln, die sich auch arme Bauern in Myanmar leisten können - seien es Solarlampen oder Wassertanks. Der Erfolg gibt den Taylors recht. Dank des einfachen, aber sehr effektiven Bewässerungssystems konnten Bauern in Myanmar ihre Einkommen verdoppeln, ausreichend Nahrungsmittel kaufen und ihre Kinder zur Schule schicken.

In Davos wollen sie auch auf die Situation in ihrem Land aufmerksam machen. "Unser Land steht doch im Fokus der Welt. Wir durchleben gerade einen unglaublichen Transformationsprozess. Der kann aber nur erfolgreich sein, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen daran beteiligt werden."