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Dämpfer für die NPD in Sachsen

Bernd Gräßler2. Februar 2006

Bei den Landtagswahlen vor anderthalb Jahren stimmte jeder elfte Wähler für die NPD. Nach dem Austritt von drei Abgeordneten steht die NPD vor einem Scherbenhaufen.

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Uwe Leichsenring, Holger Apfel und Jürgen Gansel (v. l.) im LandtagBild: picture-alliance/ ZB

Die drei Aussteiger werfen ihren Ex-Kollegen Wahlbetrug vor. Der Abgeordnete Mirko Schmidt meinte, dass die NPD sich nicht wie versprochen um soziale Themen kümmere. "Statt für die Interessen der Bürger, setzten sie sich für ein 'Viertes Reich' ein". Er habe erkannt, dass die NPD viele Ziele von vorgestern habe und nationalsozialistisch agiere.

Die NPD-Fraktion sieht sich als Opfer von geheimdienstlicher Zersetzungsarbeit. "Die BRD wird noch ihren verdienten November 1989 erhalten. Auf diesen bundesdeutschen Stasistaat, der keine Demokratie, sondern deren Karikatur ist, spucke ich", so der Chefideologe der NPD-Fraktion, Jürgen Gansel.

Für den anschließenden Ordnungsaufruf des Landtagspräsidenten bedankte sich Gansel höhnisch. Ein juristisches Nachspiel muss der Abgeordnete aufgrund seiner parlamentarischen Immunität kaum fürchten. Im Dresdner Landtag am schönen Elbufer sorgt die NPD deshalb regelmäßig für kalkulierte Eklats. Sie boykottiert das Gedenken für Nazi-Opfer und lehnte Mitte Januar eine Landtagsreise nach Auschwitz als "steuerfinanzierten Sühnetourismus" ab. "Wer seine Schuldkomplexe pflegen wolle, der solle das aus seiner Privatkasse tun und nicht auf Kosten des Steuerzahlers", so Fraktionschef Apfel.

Aussteigern wird "Verrat" vorgeworfen

Die Schlagzeilen, die der jüngste Austritt von drei Abgeordneten erregt, schmecken den NPD-Strategen nicht. Apfel wirft den Aussteigern schlicht Verrat vor. Apfel meinte, dass sich die Aussteiger als" willfährige Erfüllungsgehilfen im Kampf gegen die NPD" hätten instrumentalisieren lassen. "Wie hoch der Judaslohn dieser drei Herrschaften gewesen sein mag, meine Damen und Herren, das wird sich wohl erst endgültig offenbaren, wenn es einen Regimewechsel in diesem Land gegeben hat."

Jedes zehnte NPD-Mitglied steigt aus

Bei den anderen fünf Landtagsparteien sieht man die NPD auf einem absteigenden Ast sitzen. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten Cornelius Weiss begrüßt den Ausstieg der Rechtsradikalen und meinte die drei ausgetretenen Abgeordneten, würden von den anderen aufgenommen werden. "Auf jeden Fall hat es wohl keinen im Parlament gegeben, der denen seinen Respekt verweigert hätte für ihren Mut."

Durch die offensive Auseinandersetzung in den letzten anderthalb Jahren, hier etwa im Sächsischen Parlament, ist es gelungen, die NPD weitgehend zu entzaubern. Man könne das daran ersehen, dass diese drei Abgeordneten aus der Fraktion ausgetreten sind. "Zum einen hätten sie es nicht mehr ertragen können, mit Nationalsozialisten in einen Topf geworfen zu werden, meint Weiss. "Das wollen sie nicht sein, auch wenn sie möglicherweise Deutschnationale sind. Zum anderen kommt hinzu, dass die NPD in den letzten acht Wochen mehr als zehn Prozent ihrer Mitglieder verloren hat. Es sind über 100 Austritte von 1000, weit über 100."

60 Jahrestag Kriegsende Berlin Demonstration NPD
NPD-Demonstration am 8. Mai 2005 in BerlinBild: AP

Weiss gibt den Rechtsextremisten bei den bevorstehenden Landtagswahlen in zwei anderen ostdeutschen Ländern, nämlich in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wenig Chancen. In Sachsen kommt die NPD laut einer Umfrage der "Dresdener Zeitung" vom Dezember 2005 nur noch auf vier Prozent der Stimmen. Doch ob das der Anfang vom Ende Partei in Sachsen ist, muss bezweifelt werden. Im Unterschied zur rechtsextremen Phantompartei DVU, die 1998 spektakulär in den Landtag von Sachsen-Anhalt einzog und dann sang- und klanglos in der Versenkung verschwand, hat die in vielen sächsischen Städten und Dörfern Rückhalt gefunden.

Die NPD habe ihr gesamtes intellektuelles Potential aus der gesamten Bundesrepublik zusammengezogen, teilweise aus dem Ausland. "Sie agiere clever", so SPD Politiker Weiss. Sie nutzte sehr geschickt das Vakuum, das der Staat, die Gesellschaft beispielsweise in der dörflichen Kultur geschaffen haben, in der Versorgung von älteren und hilfsbedürftigen Bürgern. "Die Rechtsextremisten spielen dort den Sunnyboy, den hilfsbereiten, netten Nachbarjungen, der der Oma die Kohlen hochträgt."

NPD schimpft über "Aussteigerprogramm"

Im Dresdner Landtag schimpft die NPD derweil gegen das sogenannte "Aussteigerprogramm", mit dem Sachsen jenen Hilfe anbietet, die sich aus der rechtsextremen Szene lösen wollen. Der Verfassungsschutz habe den Parteiaustritt ihrer drei Abgeordneten eingefädelt, behauptet die NPD. Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) dementiert das. Die Parlamentarische Kontrollkommission, die den Verfassungsschutz beaufsichtigt, gibt dem Minister Rückendeckung. Auch der Vertreter der Linkspartei, die zunächst laut beklagt hatte, das Herauslösen von gewählten Abgeordneten aus einer Fraktion, egal welcher Couleur, sei verfassungswidrig. Doch mittlerweile hat die Linkspartei einen Rückzieher gemacht und zeigt sich zufrieden mit den Auskünften der Regierung.