Rafati bricht Schweigen
25. November 2011In den Medien war zuletzt spekuliert worden, Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati habe aus privaten Gründen am vergangenen Samstag (19.11.2011) versucht, sich das Leben zu nehmen. "Es ist ein dringendes Anliegen von Herrn Rafati, diesen falschen Eindruck zu korrigieren", hieß es in einer Erklärung, die Sven Menke, der Rechtsanwalt des Schiedsrichters, veröffentlichte. Die behandelnden Ärzte hätten in den vergangenen Tagen bei Rafati eine Depression diagnostiziert. Die ersten Symptome seien vor etwa anderthalb Jahren aufgetreten und hätten sich immer mehr verstärkt. "Im persönlichen Empfinden von Herrn Rafati wurde vor allem ein wachsender Leistungsdruck für ihn als Schiedsrichter und der damit verbundene mediale Druck in Kombination mit der ständigen Angst, Fehler zu machen, zu einer immer größeren Belastung. Eine Belastung, die irgendwann selbst Alltagsprobleme unlösbar erscheinen ließ und der er sich am Ende nicht mehr gewachsen fühlte."
Rafati will Schiedsrichter bleiben
Rafati habe sich dafür entschieden, "offen mit der Krankheit umzugehen und sich ihr zu stellen". Wie lange die Behandlung dauere, sei nicht absehbar. Der 41-Jährige wünsche sich, "am Ende dieser Therapie in sein normales Leben zurückkehren zu können, auch als Schiedsrichter". Rafati war am Samstag vergangener Woche in einem Kölner Hotel mit aufgeschnittenen Pulsadern gefunden worden. Die Bundesligapartie 1. FC Köln gegen FSV Mainz 05, die der Schiedsrichter pfeifen sollte, wurde daraufhin abgesagt. Sie wird am 13. Dezember nachgeholt.
Ungerechtfertigte Kritik?
Nach Rafatis Selbstmordversuch hatte eine Diskussion darüber eingesetzt, welche Lehren man aus der Verzweiflungstat ziehen müsse. Rainer Domberg, Vertrauensmann der Schiedsrichter beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), forderte, die meist guten Auftritte der Referees zu würdigen. "In 95 Prozent der Spiele, die sie leiten, ist ihre Leistung fehlerfrei", sagte Domberg. "Die Schiedsrichter leiden unter einem Fluch, den sie nicht verdienen." Der frühere Schiedsrichter Jürgen Aust kritisierte die Praxis vieler Medien, nicht nur die Leistungen der Spieler, sondern auch die der Referees zu benoten. Ex-Schiedsrichter Markus Merk warnte dagegen vor Aktionismus. Schiedsrichter müssten nicht in Watte gepackt werden. "Es ist ein Privileg, Bundesliga zu pfeifen", sagte der Weltschiedsrichter der Jahre 2004,2005 und 2007. "Wer es nach da oben geschafft hat, braucht kein Mitleid."
Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Martin Schrader