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Alonso-Crash und Diskussionen um Halo

26. Februar 2018

Die Formel 1 erwacht aus dem "Winterschlaf" und dreht erste Testrunden in Barcelona. Ein Ex-Weltmeister landet im Kiesbett - und der kritisch beäugte neue Kopfschutz "Halo" feiert Premiere unter Wettkampfbedingungen.

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Spanien Barcelona - F1 Wintertestlauf: Fernando Alonso
Wieder mal Pech gehabt: Fernando Alonso "parkt" seinen neuen McLaren nach nur wenigen Runden im KiesbettBild: Getty Images/M. Thompson

Der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso scheint der Pechvogel der Formel 1 zu bleiben. Nach nur sechs Runden war für den Spanier am ersten Tag der Testfahrten in Barcelona vorläufig schon wieder Schluss. Eigentlich war die Vorfreude bei Alonso groß - auf die neue Saison und den neuen Motor. Nach drei zermürbenden Jahren mit unzuverlässigem und nicht konkurrenzfähigem Honda-Aggregat, hat der McLaren nun nämlich eine Renault-Maschine unter der Haube. Doch der Motor war diesmal nicht das Problem. Stattdessen löste sich bei Alonsos McLaren rund eine halbe Stunde nach Beginn der Einheit das rechte Hinterrad, und der Bolide flog ins Kiesbett ab. Es folgten eilige Reparaturen, doch erst einigen Stunden später konnte der 36-jährige Spanier wieder eingreifen.

Einen guten Start erwischten dagegen die Top-Teams Mercedes und Ferrari: Valtteri Bottas drehte im Silberpfeil 60 Runden und fuhr dabei schnelle Zeiten. Weltmeister Lewis Hamilton übernahm im Anschluss. Bei Ferrari fuhr Kimi Räikkönen ohne Probleme, Sebastian Vettel setzt sich erst am Dienstag hinters Lenkrad. Überraschend stark präsentierte sich Nico Hülkenberg im Renault. Er spulte am Vormittag die meisten Runden ab und war bei seinem schnellsten Versuch zwischenzeitlich besser als der Rest der Konkurrenz - am Ende der Morning-Session war es die viertbeste Rundenzeit.

Erst kurz vor Beginn der Testfahrten hatten Force India, Toro Rosso und das Haas-F1-Team als letzte der zehn Formel-1-Rennställe ihre Boliden für die Saison 2018 vorgestellt.

Lauda: "Halo ist der größte Rückschritt"

Rund um die Testfahrten, gingen die Diskussionen um den neuen Cockpitschutz, das sogenannte "Halo-System", weiter. "Wenn man mir eine Kettensäge gibt, schneide ich den Halo einfach ab", hatte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff schon bei der Präsentation des neuen Silberpfeils vor einigen Tagen gesagt. Auch Weltmeister Hamilton mochte sich nicht so recht mit dem "Alien" anfreunden, der die Sicherheit in der Formel 1 weiter erhöhen soll.

Gleichwohl haben sich die Designer größte Mühe gegeben, den ihnen vom Weltverband FIA aufgezwungenen Titanbügel einigermaßen harmonisch in den Look der neuen Boliden einzupassen. Beim neuen Ferrari ist der "Heiligenschein" genauso knallrot wie die meisten anderen Teile des SF71H. Besser kaschieren kann man den Cockpitaufsatz kaum. Trotzdem fürchten gerade Akteure, die seit Jahrzehnten in der Formel 1 aktiv sind, durch Einführung des Halo einen weiteren Verlust an Attraktivität. "Fürchterlich, der Halo ist der größte Rückschritt", sagt der dreimalige Weltmeister Niki Lauda und setzt sarkastisch hinzu: "Jeder soll sich entscheiden, ob er einen Kiosk aufmachen oder in der Formel 1 fahren will."

Formel 1 2018 - Testfahrten Barcelona
Freie Sicht war einmal: Kimi Räikkönen "verschwindet" bei den Testfahrten in Barcelona hinter seinem Halo Bild: picture-alliance/DPPI Media

Als der 69-jährige Mercedes-Aufsichtsratsboss noch selbst am Steuer saß, war der Tod an den Rennstrecken allgegenwärtig. Diese immanente Gefahr machte den Sport in Laudas Augen aber auch interessant. In der modernen Formel 1 gehen selbst heftigste Unfälle - Gott sei Dank - meist glimpflich aus. Seit dem "schwarzen Wochenende" vor 24 Jahren, als in Imola innerhalb von 24 Stunden Roland Ratzenberger und der legendäre Ayrton Senna tödlich verunglückten, hat es mit Jules Bianchi nur noch ein Todesopfer in der Königsklasse des Motorsports gegeben. Der Franzose übersah 2014 im Regen von Suzuka Warnhinweise und rutschte fast ungebremst unter einen Bergungskran, der gerade dabei war, ein havariertes Auto von der Strecke zu befördern. Bianchi starb Monate später an seinen schweren Kopfverletzungen. Bianchis Unfall war ein Auslöser für die Einführung des Halo-Systems. Studien legen allerdings den Schluss nahe, dass auch der Halo den Franzosen nicht gerettet hätte.

"Halo" auf Bewährung

Dennoch räumen auch die Kritiker des neuen Cockpitschutzes ein, dass es vom Sicherheitsaspekt her kaum Argumente gegen die Einführung des Halo gibt. Laut einer FIA-Studie soll die Überlebenschance durch den Bügel in verschiedenen Unfallszenarien um 17 Prozent steigen. Die seitlichen Titanstreben, die mittig im Sichtfeld des Fahrers zusammenlaufen, können größere Trümmerteile oder herumfliegende Reifen effektiv aufhalten.

Auch die Fahrer scheinen sich mehr und mehr mit ihrem neuen "Begleiter" zu arrangieren: "Am Anfang sieht es seltsam aus, aber so ist das bei Regeländerungen. Wir werden uns daran gewöhnen", sagte Bottas. Renault-Pilot Carlos Sainz junior schätzte vor seiner ersten Testfahrt, dass er "nach den ersten 20 Runden im Cockpit" die leichte Sichtbeeinträchtigung nicht mehr wahrnehmen werde. Und der Halo sei ja "ein effektiver Schutz", schob der Spanier hinterher.

Dennoch fristet der "Heiligenschein" ein Dasein auf Bewährung in der Formel 1. Bleibt der Widerstand gegen den Halo groß, wird die FIA alternative Systeme testen. Das wäre nicht nur im Sinne von Toto Wolff, der sagt: "Die Sicherheit der Fahrer ist wichtig, aber wir brauchen etwas, das besser aussieht."

asz/ck (sid)