Zweifel an Hilfe
9. Februar 2009Das Wort Konjunkturprogramm haben europäische Politiker bis vor kurzem nur mit spitzen Fingern angefasst. Vor allem konservativen Regierungschefs klang es zu sehr nach Sozialismus. Noch im November vergangenen Jahres meinte zum Beispiel Jean-Claude Juncker, der christdemokratische luxemburgische Regierungschef und Präsident der Euro-Gruppe, "wir brauchen kein klassisches Konjunkturprogramm". Zu dieser Zeit hatte sich die globale Finanzkrise längst zu einer Weltwirtschaftskrise ausgewachsen. Klar war aber bereits: Die EU-Regierungen dachten daran, ähnlich wie bei der Rettung der Banken, in einer koordinierten Aktion die Wirtschaft anzukurbeln.
Inzwischen machen alle mit
Letztlich war es eher Wortklauberei. Kommissionspräsident José Manuel Barroso nahm das K-Wort bereits damals fröhlich in den Mund, forderte aber praktisch dasselbe wie Juncker, nämlich gemeinsam abgestimmte "gezielte und befristete Maßnahmen" zur Stützung der Konjunktur.
Die deutsche Regierung war anfangs sehr zögerlich mit einem Konjunkturprogramm. Ein erstes Maßnahmenpaket wurde in der EU als zu gering eingeschätzt, zumal zahlreiche EU-Politiker meinten, Berlin könne sich wegen relativ gesunder Finanzen mehr erlauben und habe daher auch eine Verantwortung für die gesamte Union. Doch Anfang dieses Jahres stellte dann auch Deutschland ein zweites, sehr viel umfangreicheres Paket vor.
Schreckgespenst Staatsbankrott
Inzwischen regt sich niemand mehr über das Wort Konjunkturprogramm oder dessen Inhalt auf, quer durch Europa und durch die Parteienlandschaft geben Regierungen bisher ungeahnte Summen aus. Auch die EU selbst will ein Programm auflegen und das zum Teil mit nicht ausgegebenen Mitteln finanzieren. Doch mehrere Regierungen verlangen, dieses Geld solle an die Mitgliedsstaaten zurückfließen.
Denn inzwischen geht vielen Staaten das Geld aus. Und immer höhere Schulden werden aufgenommen. Das schafft neue Ungleichgewichte. Manche Mitgliedsstaaten haben als Schuldner bereits einen so schlechten Leumund, dass sie Staatsanleihen nur noch mit hohem Risikoaufschlag auflegen können, was ihre Rückzahlungsfähigkeit zusätzlich belastet. Die Frage scheint nicht mehr abwegig, ob ganze Staaten in der EU und auch in der engeren Euro-Zone pleite gehen können.
Wie weit geht die Solidarität?
Solche Spekulationen belasten die Stabilität der Gemeinschaftswährung. Die Regierungen der Euro-Zone wollen zwar unbedingt einen Staatsbankrott in ihren eigenen Reihen vermeiden, auch aus eigenem Interesse. Andererseits wollen aber die Länder mit solideren Finanzen die Problemfälle nicht mit dem Geld ihrer eigenen Steuerzahler retten. Bisher waren solche Szenarien rein theoretisch. Doch wie groß die Solidarität unter den Mitgliedsstaaten in Krisenzeiten wirklich ist, könnte schon bald auf die Probe gestellt werden.