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Zwei Verfassungsfeinde unter sich

Dirk Kaufmann22. Mai 2012

Ein radikalislamischer Terrorpropagandist ruft dazu auf, deutsche Politiker zu ermorden: Im Visier der Terroristen steht die rechtsextreme Partei "Pro NRW". Salafisten und "Pro NRW" - zwei Verfassungsfeinde unter sich.

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Polizisten drängen bei einer Protestkundgebung gegen eine Wahlkampfveranstaltung der Partei Pro NRW (Foto: Henning Kaiser dpa/lnw)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Partei "Pro NRW", die wegen ihrer rechtsextremen Tendenzen als verfassungsfeindlich eingestuft wird, macht seit Jahren Stimmung gegen Nicht-Deutsche und Andersgläubige. Die Partei "grenzt Ausländer wegen ihrer Abstammung oder Religionszugehörigkeit aus und stellt sie als kriminell dar", so das Oberverwaltungsgericht in Münster. In den vergangenen Wochen hatte "Pro NRW" seine Agitation auf die islamischen Salafisten konzentriert.

Im Wahlkampf vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai dieses Jahres hatte "Pro NRW" gegen Moslems agitiert und dabei Plakate gezeigt, auf denen der Prophet Mohammed als Terrorist dargestellt wurde. Strenggläubige Moslems haben dies in der Vergangenheit wiederholt als eine in ihren Augen strafwürdige Beleidigung angesehen. Am vergangenen Wochenende (19.05.2012) wurde im Internet ein Video verbreitet, in dem ein radikaler Moslem seine Glaubensbrüder in Deutschland dazu aufruft, Mitglieder von "Pro NRW" zu töten.

Morddrohungen als propagandistisches Kapital

Der Mordaufruf im Internet stammt von einem jungen Mann, der in Bonn aufgewachsen ist, sich jetzt aber im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan aufhalten soll. Er agitiert im Namen der "Islamischen Bewegung Usbekistan", die allerdings nicht als salafistische Organisation bekannt ist. Dennoch steht der Mordaufruf in offensichtlichem Zusammenhang mit dem Streit zwischen den deutschen Salafisten und der rechtsextremen "Pro NRW".

Die Islamforscherin Claudia Dentschke sieht in der aggressiven Reaktion der extremen Moslems eine Art Wahlkampfhilfe für "Pro NRW". Die Partei sei eigentlich "eine marginale Gruppierung", die niemals viel Aufmerksamkeit erhalte. Durch die Konfrontation mit den Salafisten sei "Pro-NRW" nun in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. "Im Grunde haben die radikalen Salafisten Wahlwerbung für "Pro NRW" gemacht", fasst die Extremismusexpertin zusammen.

Fahnen radikal-islamischer Demonstranten in Bonn (Foto: dpa)
Dschihadistenflaggen bei einer Demonstration in BonnBild: picture-alliance/dpa

Die Salafisten profitieren von den Provokationen durch die Rechtsextremen, weil sie sich in dieser Konfrontation als aufrechte Kämpfer für den Islam darstellen können. Die Rechtsextremisten auf der anderen Seite können sich in den Augen wenig aufgeklärter Beobachter als Beschützer "abendländischer Werte" und Hüter vermeintlich "deutscher" Werte profilieren.

Der Prophet in der Fußgängerzone

Die Salafisten, Anhänger einer radikalen Strömung innerhalb des Islam, waren in den vergangenen Wochen ins Blickfeld des öffentlichen Interesses gerückt, als sie in deutschen Städten Koran-Exemplare an Passanten verschenkten. Viele Beobachter werteten Ihre Aktion als durchsichtigen Versuch, gute Stimmung für sich zu machen. Denn die Salafisten verschwiegen dabei, dass sie das Grundgesetz in Deutschland nicht anerkennen und es abschaffen wollen.

Die Salafisten fordern die Errichtung eines Gottesstaates nach islamischen Regeln. Dazu wollen sie die sogenannte Scharia einführen, das islamische Recht, das harte Strafen auch für geringfügige Vergehen vorsieht. Außerdem wollen sie die grundgesetzlich garantierte Trennung von Staat und Kirche (in diesem Fall des Islam) aufheben. Auf Kritik an ihrem Weltbild reagieren die Salafisten empfindlich. So behindern sie die Arbeit von Journalisten und versuchen immer wieder, sie einzuschüchtern. 

Ein Islamist verteilt kostenlose Koran-Exemplare an Passanten. (Foto: Henning Kaiser dpa/lnw) pixel
Salafisten verschenkten den Koran, verschwiegen aber ihre Absichten, wie hier in WuppertalBild: picture-alliance/dpa

Straßenkampf und Talkshow

In Nordrhein-Westfalen ist der Konflikt zwischen den radikalen Moslems und der extremistischen "Pro NRW" eskaliert. Während einer Demonstration von "Pro NRW" am 1. Mai in Solingen griffen Salafisten die Polizei an und verletzten mindestens drei Beamte. Am 5. Mai kam es in Bonn ebenfalls zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Dabei wurden drei Polizisten durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt, weitere 29 Beamte erlitten leichtere Verletzungen.

Die Auseinandersetzungen finden nicht nur auf der Straße statt. Im Mai beispielsweise hatte die ARD zu einer Talkshow auch einen Salafisten eingeladen, der die Standpunkte seiner Bewegung darstellen sollte. Obwohl auch Vertreter anderer politischer und gesellschaftlicher Gruppen, unter ihnen der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach, an der Diskussion teilnahmen, wurde die Einladung heftig kritisiert. Der Christliche Medienverbund KEP warf der ARD vor, sie habe einem ausgewiesenen Verfassungsgegner eine öffentliche Plattform zur Verfügung gestellt, um seine Thesen zu verbreiten.

(Ein Polizist nimmt am Samstag (05.05.2012) bei einer Wahlkampfveranstaltung der rechtsextremen Splitterpartei Pro NRW vor der König Fahd Akademie in Bonn einem Pro NRW-Anhänger ein Plakat mit einer Mohamed-Karikatur ab. Etwa 25 Pro NRW-Anhängern standen 300-400 Gegendemonstranten gegenüber. (Foto: Henning Kaiser dpa/lnw)
Die Polizei zwischen den Fronten: Auch von den Rechtsextremisten wurden die Beamten provoziertBild: picture-alliance/dpa

Im Blick des Verfassungsschutzes

Nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan trägt der Streit zwischen den Salafisten und "Pro NRW" die Züge eines "Kampfes der Kulturen" – das gelte auch für den öffentlichen Diskurs darüber. Schwan ist aber der Ansicht, es sei "makaber, dass jetzt in Deutschland die Angst vor dem Salafismus" herrschen müsse. Die ehemalige Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten hält die herrschende Angst vor einem radikalen Islam für übertrieben.

Der Verfassungsschutz ist durch den Mordaufruf des Aktivisten der "Islamischen Bewegung Usbekistan" alarmiert. Welche Schritte das nordrhein-westfälische Innenministerium nun unternehmen wird, wollten die Beamten zwar nicht sagen, doch ein Sprecher des Ministeriums versicherte: "Wir nehmen die Drohung ernst."