Zweimal Gold für deutsches Olympia-Team
27. Juli 2021Mit drei nahezu perfekten Ritten haben die deutschen Dressurreiterinnen Isabell Werth auf Bella Rose, Dorothee Schneider auf Showtime und Jessica von Bredow-Werndl auf Dalera die Goldmedaille gewonnen. Es war das 14. Olympia-Mannschaftsgold für eine deutsche Dressur-Equipe. Am Ende hatte Deutschland mit 8178,0 Punkten einen großen Vorsprung auf die USA (7747,0) und Großbritannien (7723,0). Für die US-Amerikaner ritten Adrienne Lyle mit Salvino, Steffen Peters mit Suppenkasper und Sabine Schut-Kery mit Sanceo. Für Großbritannien waren Carl Hester mit En Vogue, Charlotte Fry mit Everdale und Charlotte Dujardin mit Gio angetreten.
"Das war ganz, ganz großer Sport heute", schwärmte Pferdesport-Equipechef Dennis Peiler anschließend. "Alle drei waren in überragender Form, einfach absolute Weltklasse." Peiler wies aber auch auf die Nachteile der klaren Favoritenrolle hin. "Man darf nicht vergessen, welcher Druck auf ihnen lastete. Die Erwartungshaltung ist ja in der Dressur enorm." Alles andere als Platz eins wäre für die deutsche Equipe in der Tat eine Enttäuschung gewesen.
Gold für Funk auf der Wildwasserstrecke
Ricarda Funk schlug die Hände vor den Kopf und vergoss Freudentränen. "Ich kann es einfach nicht glauben", sagte die Slalom-Kanutin, nachdem sie die erste deutsche Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Tokio gewonnen hatte. Im Kajak-Einer setzte sich die 29-Jährige bei ihrer Olympia-Premiere im Finale vor Rio-Siegerin Maialen Chourraut aus Spanien durch. Bronze ging an die Australierin Jessica Fox, die eigentlich als Topfavoritin gegolten hatte, allerdings im Finallauf zweimal die Torstangen berührte. Funk dagegen gelang ein perfekter Lauf. Für den Deutschen Kanu-Verband war es die zweite Slalom-Medaille bei diesen Sommerspielen, nachdem sich Canadier-Spezialist Sideris Tasiadis am Montag Bronze gesichert hatte.
Judoka Ressel verpasst Bronze, Mollaei gewinnt Silber
Bei Dominic Ressel hat es im Judo in der Klasse bis 81 Kilogramm knapp nicht für eine Medaille gereicht. Ressel verlor gegen den Österreicher Shamil Borchashvili und wurde damit Fünfter. Es wäre die erste Männer-Medaille im Judo seit dem Silber von Ole Bischof 2012 in London gewesen. Im Viertelfinale hatte Ressel zuvor unglücklich in der Verlängerung nach Videoentscheidung gegen den japanischen Ex-Weltmeister Takanori Nagase verloren. Eine umstrittene Entscheidung. Danach war Ressel mit einem Trostrunden-Sieg über Alan Chubezow ins kleine Finale eingezogen.
Nagase besiegte im Finale Saeid Mollaei, der mit Silber ein kleines Judo-Märchen erlebte. Der gebürtige Iraner war nach der WM 2019 aus seinem Heimatland nach Deutschland geflüchtet, weil er sich trotz des Drucks aus Teheran geweigert hatte, auf einen möglichen Kampf gegen einen israelischen Gegner zu verzichten. Nun holte der Ex-Weltmeister für seine neue Heimat Mongolei eine Medaille.
Biles steigt aus und sorgt für Spekulationen
Im Mehrkampf-Finale der Turnerinnen sorgte US-Superstar Simone Biles für Aufsehen - allerdings diesmal nicht durch turnerische Glanzleistungen. Die viermalige Olympiasiegerin brach den Wettkampf nach dem ersten von vier Geräten, dem Sprung, ab - "aus medizinischen Gründen", wie der US-Verband mitteilte. Nach Informationen des Senders ESPN hatte Biles bei der Landung eine Verletzung am rechten Bein erlitten. Andere US-Quellen spekulierten allerdings umgehend über mentale Probleme.
Biles hatte die Halle nach einem verpatzten Abgang beim Sprung und anschließenden Diskussionen mit ihrer Trainerin plötzlich verlassen. Als sie rund zehn Minuten später zurückkehrte, gab das US-Team das vorzeitige Ausscheiden der Rekord-Weltmeisterin bekannt. Die Übungen am Stufenbarren, Balken und Boden turnte ihre Ersatzfrau. Später erklärte Biles unter Tränen, warum sie ihren Wettkampf nach nur einem Gerät abgebrochen hatte. "Ich musste tun, was richtig für mich ist, mich auf meine mentale Gesundheit fokussieren und nicht mein Wohlbefinden gefährden", sagte sie und bekannte: "Wenn ich turne, habe ich weniger Selbstvertrauen, weniger Spaß und bin nervöser. Es ist Mist, wenn man mit seinem eigenen Kopf kämpft."
So gewannen am Ende die Turnerinnen aus Russland erstmals seit 29 Jahren wieder Team-Gold. Russische Turnerinnen waren zuletzt 1992 in Barcelona mit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Team-Olympiasiegerinnen geworden. Die USA belegten Rang zwei vor Großbritannien. Die deutsche Mannschaft mit Elisabeth Seitz, Kim Bui, Sarah Voss und Pauline Schäfer hatte als Neunte die Medaillenrunde der besten Acht verpasst. Allerdings hatten die deutschen Turnerinnen durch das Tragen langer Anzüge statt knapper Turn-Trikots ein Zeichen gesetzt.
Teenie Lydia Jacoby stürzt Lilly King vom Schwimm-Thron
Am olympischen Schwimmbecken riss Lydia Jacoby Mund und Augen auf, als sie auf die Anzeigentafel blickte. Es dauerte einige Sekunden, bis die erst 17 Jahre alte US-Schwimmerin registrierte, dass ihr der Gold-Coup gelungen war. Nicht ihre Landsfrau und große Favoritin auf den Olympiasieg, Lilly King, schlug als Erste an, sondern der Teenie aus Alaska: Jacoby steigerte ihre persönliche Bestzeit über 100 Meter Brust, die sei bei der US-Qualifikation für die Spiele in Tokio aufgestellt hatte, um 33 Hundertselsekunden auf 1:04,95 Minuten. King, Doppelolympiasiegerin 2016 in Rio de Janeiro, musste sich mit Bronze zufrieden geben, Silber gewann die Südafrikanerin Tatjana Schoenmaker.
"Es war verrückt", sagte Jacoby - die erste Schwimmerin aus Alaska in einem olympischen Schwimm-Team der USA: "Aus einem Staat mit einer so kleinen Bevölkerung zu kommen, zeigt, dass man es schaffen kann, egal wo man herkommt." Die deutschen Schwimmerinnen Isabel Gose und Annika Bruhn schieden im Halbfinale über 200 Meter Freistil aus.
Wasserspringerin Tina Punzel hat - nach Bronze am Sonntag im Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett - ihr zweites Edelmetall verpasst. Im Synchronspringen vom Turm mussten sich Punzel und Christina Wassen mit Platz fünf zufrieden geben. Im letzten Sprung vergaben sie eine mögliche Medaille. Gold ging an die chinesischen Teenager Chen Yuxi (15 Jahre alt) und Zhang Jiaqi (17).
Gold im vierten Olympia-Anlauf
"Das ist so viel größer als ich. Das ist ein cooler Moment", sagte Triathletin Flora Duffy nach dem Rennen ihres Lebens. Die 33-Jährige wurde Olympiasiegerin im Triathlon und holte damit das erste Gold in der Geschichte Bermudas. Die Inselgruppe im Atlantik rund 1000 Kilometer östlich der USA hat weniger als 70.000 Einwohner. Seit Peking 2008 war Duffy bei allen Olympischen Spielen am Start. Jetzt gelang ihr die Krönung ihrer Karriere.
Dabei hätte sie im vergangenen Jahr nach zahlreichen Verletzungen fast schon ihre Laufbahn beendet. "Das Jahr war sehr herausfordernd. Jetzt ist es all die Verletzungen, die harten Zeiten und die Tränen wert", sagte Duffy. Die deutsche Triathletin Laura Lindemann wurde nach einer starken Vorstellung Achte.
Das Podium nach dem Mountainbike-Rennen der Frauen war komplett in Schweizer Hand: Jolanda Neff gewann Gold, Sina Frei Silber und Linda Indergand Bronze.
Erste Olympiasieger im Surfen
Carissa Moore und Italo Ferreira haben die Olympia-Premiere im Surfen gewonnen. Die beiden Wellenreiter aus den USA und Brasilien setzten sich am Tsurigasaki Surfing Beach mehr oder weniger klar durch. In Männer-Finale gelang dem 28-jährigen Ferreira ein deutlicher Erfolg gegen den in den USA geborenen Japaner Kanoa Igarashi. "In den letzten Monaten habe ich viel trainiert, nur um diesen Moment zu erleben", sagte er. "Danke Gott für die Gelegenheit, hier zu sein, und das zu tun, was ich liebe." Sogar sein im Wettkampf gebrochenes Brett brachte Ferreira nicht aus dem Konzept: "Ich habe mir nur gedacht: Geh' an den Strand, hole ein anderes Brett, und versuche es noch einmal. Und genau das habe ich getan."
Nach seinem Sieg flossen bei Ferreira die Freudentränen, auf den Schultern seiner Team-Mitglieder wurde er aus dem Wasser getragen. "Das war einer der besten Momente. Dieser Augenblick war etwas ganz Besonderes", sagte der Sohn eines Fischers. Dritter bei den Männern wurde der Australier Owen Wright, der im Kampf um Bronze den Brasilianer Gabriel Medina besiegte. Der Deutsche Leon Glatzer war im Vorkampf ausgeschieden.
Im abschließenden Frauen-Heat unter dem wolkenverhangenen Himmel gewann die in Honolulu geborene Carissa Moore ebenfalls recht deutlich gegen Bianca Buitendag aus Südafrika. Die Japanerin Amuro Suzuki holte Bronze durch einen Erfolg im kleinen Finale gegen die Amerikanerin Caroline Marks.
Naomi Osaka scheidet aus
Ihren Traum von Olympia-Gold begraben musste Japans Tennisstar Naomi Osaka. Die Topfavoritin, die bei der Eröffnungsfeierder Spiele das Olympische Feuer entzündet hatte, schied nach einem enttäuschenden Achtelfinal-Auftritt gegen die Tschechin Marketa Vondrousova aus. Osaka verlor glatt in zwei Sätzen mit 1:6 und 4:6. Vor den Olympischen Spielen hatte die 23 Jahre alte Japanerin wegen Depressionen eine fast zweimonatige Wettkampf-Pause eingelegt.
Die deutschen Hockey-Männer stehen vor dem Einzug ins Viertelfinale. Die Mannschaft von Bundestrainer Kais al Saadi gewann gegen den zweimaligen Olympiasieger Großbritannien nach einer starken Leistung mit 5:1 (1:1) und feierte damit den zweiten Sieg im dritten Spiel. Bester Mann auf dem Platz war Florian Fuchs, der drei Treffer erzielte. Mit einem Sieg gegen die noch punktlosen Südafrikaner kann das deutsche Team am Donnerstag vorzeitig das Ticket für die erste K.o.-Runde lösen.
Für den deutschen Tischtennis-Star Timo Boll war bereits im Achtelfinale des Einzelwettbewerbs Endstation. Der 40 Jahre alte Rekord-Europameister musste sich dem Südkoreaner Youngsik Jeoung in 1:4 Sätzen (8:11, 11:7, 7:11, 9:11, 4:11) geschlagen geben. Für Boll sind es die sechsten Olympischen Spiele, die erhoffte erste Medaille im Einzel verfehlte er damit erneut.