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Zittern vor Italien

26. Februar 2013

Der drittgrößten Volkswirtschaft in der Eurozone droht ein politischer Stillstand. Die italienischen Wähler haben dem Krisenland die faktische Unregierbarkeit beschert. Das Ausland ist alarmiert, die Börsen schmieren ab.

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Schlagzeile der Zeitung Corriere della Sera: "Voto choc: non c e maggioranza" (Wahl-Schock: keine Stimmenmehrheit) (Foto: dpa)
Symbolbild Wahl Italien - FeatureBild: picture-alliance/dpa

Am Tag nach den Parlamentswahlen sind in Italien schon wieder Neuwahlen im Gespräch. Nach dem vorläufigen Endergebnis hat keines der Lager eine regierungsfähige Mehrheit erreicht. Zwar eroberte das Mitte-Links-Bündnis von Pier Luigi Bersani das Abgeordnetenhaus mit einer hauchdünnen Mehrheit von rund 125.000 Stimmen vor Silvio Berlusconis konservativem Bündnis. Allerdings zeichnet sich in der gleichberechtigten zweiten Kammer, dem Senat, ein Patt ab. Zwar entfallen auch hier die meisten Mandate doch noch auf Bersani, aber selbst im Falle einer Koalition mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Mario Monti wäre er von einer Mehrheit im Senat deutlich entfernt. "Wahlschock: Keine Stimmenmehrheit" titelt die Zeitung "Corriere della Sera" (Artikelbild) und die römische Tageszeitung "Il Messagero" stellt fest: "Der Sieger heißt: Unregierbarkeit".

Unruhe an den Finanzmärkten

Die europäischen Börsen reagieren mit massiven Kursverlusten auf den unklaren Wahlausgang in Italien. In Mailand rutschen die Kurse am Morgen um fast fünf Prozent ab. In Madrid lag das Leitbarometer nach Handelsstart knapp 3,8 Prozent im Minus. In Paris notierten die Aktien 3,2 Prozent schwächer als am Vortag, in London knapp 1,5 Prozent unter Vortagesniveau. An der Deutschen Börse notierte der Deutsche Aktienindex ein Minus von 1,9 Prozent.

Die Börse in Mailand (Foto: AFP/Getty Images)
Kursverluste auch an der Börse in MailandBild: AFP/Getty Images

Die spanische Regierung hält den Ausgang der italienischen Parlamentswahl für äußerst besorgniserregend: "Das ist ein Sprung ins Nirgendwo, der nichts Gutes verheißt weder für Italien noch für Europa", sagte der spanische Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo in Madrid.

Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler zeigt sich enttäuscht: "Ich hätte mir ein besseres Abschneiden der Reformkräfte in Italien vorstellen können." Zum Kurs der Strukturreformen in dem Euro-Land, zu dem auch die Sanierung des Staatshaushalts und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gehören, sieht Rösler "keine Alternative".

Patt nach Italien-Wahl

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hofft trotz der Pattsituation darauf, dass sich bald eine handlungsfähige Regierung bilden lässt. Dies sei nicht nur im Interesse Italiens, sondern im Interesse ganz Europas, sagte der FDP-Politiker in Berlin: "Wenn es um die Bewältigung der Schuldenkrise in Europa geht, sitzen wir alle im selben Boot."

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, sieht in dem Wahlausgang in Italien einen Appell an die Europäische Union, sich von einer "einseitigen Kürzungspolitik" zu verabschieden. Der SPD-Politiker sagte im Deutschlandfunk, Europa müsse vielmehr eine Haushaltspolitik verfolgen, die Arbeitsplätze schaffe.

Spektakulärer Erfolg eines Außenseiters

Eigentlicher Gewinner der italienischen Parlamentswahl ist der Komiker Beppe Grillo, der mit seiner Protestbewegung aus dem Stand drittstärkste politische Kraft wurde. Der für seinen Sanierungskurs im Ausland gelobte Monti landete mit seiner Zentrumsbewegung abgeschlagen auf dem vierten Platz. Beobachter hatten in ihm einen Koalitionspartner für den Ex-Kommunisten Bersani gesehen, der die Politik Montis im Großen und Ganzen fortsetzen will.

Bersani räumte ein, dass die Wahl eine sehr schwierige Lage geschaffen habe. Spekulationen über baldige Neuwahlen erteilte der Vize von Bersanis Demokratischer Partei (PD), Enrico Letta, aber eine Absage. Sein Lager stehe nun in der Verantwortung, eine Regierung zu bilden.

Auch Berlusconi meinte in einem TV-Interview, Neuwahlen seien in dieser Situation nicht sinnvoll: "Italien darf nicht unregiert bleiben", sagte er zu dem Patt im Senat. Über einen möglichen Deal mit dem Mitte-Links-Bündnis von Bersani müsse man nachdenken. Eine Regierungsbildung sei möglich, wenn alle Seiten Opfer brächten. Eine Koalition mit dem Zentrumsbündnis des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti schloss der Milliardär allerdings aus.

rb/as (ap, afp, dpa, rtr)