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Politik

Wo liegt das Motiv des London-Attentäters?

24. März 2017

Zwei Tage nach dem Terroranschlag von London werfen das Motiv und die Lebensumstände des Täters noch viele Fragen auf. Vieles scheint atypisch, wie das mit 52 Jahren ungewöhnlich hohe Alter des Angreifers.

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Großbritannien Anschlag Gedenken in London
Bild: Reuters/P. Nicholls

Die britischen Behörden durchleuchten weiter Khalid Masoods Vergangenheit, der nach Angaben von Scotland Yard mit Geburtsnamen Adrian Russell Ajao hieß. Die Polizei verwies zugleich darauf, dass der Mann, der in der südostenglischen Grafschaft Kent geboren wurde, unter einer Reihe von Decknamen bekannt gewesen sei. Der 52-Jährige habe zuletzt in der Region um Birmingham gelebt.

Terror im Auftrag des IS? …

Aber da enden für die Ermittler derzeit auch die gesicherten Erkenntnisse. Unklar ist, ob der Täter aus eigenem Antrieb handelte oder ob er von der Terrormiliz "Islamischer Staat" beauftragt wurde. Die Dschihadisten behaupten, der Attentäter sei ihr "Soldat" gewesen, Wissenschaftler bezweifeln jedoch, dass Masood in direktem IS-Auftrag handelte. Der Terrorismusforscher Peter Neumann sagte, die Miliz habe den Anschlag zwar für sich reklamiert, aber es gebe IS-Publikationen, die in den vergangenen 24 Stunden veröffentlicht wurden, die den Anschlag in London nicht erwähnen. "Und das bedeutet, dass offensichtlich die Leute in Syrien keine Ahnung hatten, dass er passierte", sagte der Leiter des internationalen Zentrums zur Erforschung von Radikalisierung (ICSR) am Londoner King's College der Deutschen Presse-Agentur. Unklar ist auch, ob der Angreifer bewusst genau ein Jahr nach den Attentaten von Brüssel zuschlug.

… oder Einzeltäter?

Scotland Yard vermutet, dass es sich um einen Einzeltäter gehandelt hat, schließt aber Mitwisser oder Helfer nicht aus. Im Zusammenhang mit dem Attentat gab es Razzien an 21 verschiedenen Orten. Vier Verdächtige sind derzeit in Polizeigewahrsam, sieben weitere wurden inzwischen wieder freigelassen.

Der Anti-Terror-Chef bei Scotland Yard, Mark Rowley, bat die Bevölkerung erneut um Mithilfe bei den Ermittlungen. Nach seinen Angaben wurden bei Durchsuchungen bislang rund 2700 Gegenstände sichergestellt, darunter auch eine große Menge an Daten von Computern. Die Ermittler hätten zwei Tage nach dem Attentat im Zentrum der Hauptstadt mit rund 3500 Zeugen gesprochen.

Dazu, wie und wo Masood die Tage und Stunden vor der Tat verbrachte, äußerten sich die Ermittler bislang nicht. Der britische Sender BBC berichtete, er habe mehrere Nächte in einem Hotel im südenglischen Brighton verbracht, allerdings nicht am Stück.

Britischen Medien zufolge soll der Attentäter zum Islam konvertiert und sehr religiös geworden sein. Angeblich lebte er zeitweise in Saudi-Arabien und arbeitete dort als Englischlehrer.

Masood war mehrfach vorbestraft und der Polizei vor allem durch Gewaltdelikte aufgefallen. Vor Jahren sei er einmal im Rahmen einer Untersuchung zu gewalttätigem Extremismus auf dem Radar des Inlandsgeheimdienstes aufgetaucht, aber nur als "Randfigur", sagte Premierministerin Theresa May.

Ungewöhnlich alt für einen Attentäter

Der "Guardian"-Journalist Jason Burke, der sich in mehreren Veröffentlichungen mit islamistischen Netzwerken beschäftigt hat, äußerte sich überrascht über das Alter des Angreifers . Mit 52 Jahren sei er "doppelt so alt wie der Durchschnitt" radikaler islamistischer Attentäter.

Bei dem Anschlag am Mittwoch waren fünf Menschen getötet worden, unter ihnen der Attentäter. Masood war mit einem Auto über die belebte Westminster-Bridge gerast und hatte gezielt Passanten überfahren. Anschließend drang er auf das Parlamentsgelände vor und verletzte einen Polizisten mit einem Messer tödlich, bevor er von Beamten erschossen wurde. Insgesamt wurden etwa 50 Menschen aus elf Ländern verletzt.

Solidarität mit Polizistenfamilie

Der gewaltsame Tod des unbewaffneten Polizisten bei dem Terrorakt löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Wie der Webseite "Just Giving" zu entnehmen war, gingen bis Freitagnachmittag für die Familie des Polizisten bereits mehr als 550.000 Pfund (knapp 640.000 Euro) an Spenden ein. Der Londoner Polizeiverband hatte den Spendenaufruf gestartet.

qu/uh (dpa, afp, rtre)