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Wer bezahlt die Atom-Altlasten?

Jens Thurau24. Februar 2016

Wer zahlt wie viel für die Altlasten aus dem Betrieb der deutschen Atomkraftwerke? Bis Ende Februar soll eine Kommission, eingesetzt von der Regierung, dafür Vorschläge machen. Richtig geeinigt hat sie sich noch nicht.

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Deutschland Atomkraftwerk Brokdorf
Atomkraftwerk BrokdorfBild: Imago/Westend61

Das wird, wer auch immer die Rechnung übernehmen muss, richtig teuer. Die Expertenkommission, die sich Anfang der Woche in Berlin wieder traf und weitgehend ergebnislos auseinander ging, schätzt die Kosten für die Stilllegung der deutschen Atomkraftwerke und die Lagerung des Atommülls auf rund 48 Milliarden Euro. Und das ist eine Schätzung auf der Grundlage von 2014. Pessimisten schätzen die Kosten bis Ende des Jahrhunderts sogar auf 170 Milliarden Euro. Das sind Horrorzahlen.

Die vier deutschen Atomkonzerne mussten dafür in den vielen Jahrzehnten des Betriebes der Kernanlangen Rücklagen bilden, etwa 38 Milliarden Euro sind zusammengekommen. Es bleibt also auf jeden Fall eine Lücke, und genau hier liegt der Auftrag der aus 19 Personen bestehenden "Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs" (KFK). Sie soll sicherstellen, dass die Konzerne nicht aus der Verantwortung entlassen werden, aber auch deren "ökonomisches Überleben" im Blick haben. Und den Konzernen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall geht es nicht gut, gar nicht gut. Auch, weil sie in Teilen die Energiewende zu spät einkalkulierten, ist ihr Börsenwert gesunken. Bis Ende Februar will die Kommission Vorschläge erarbeitet haben. Viel Zeit ist nicht mehr.

Trägt der Steuerzahler die Mehrkosten?

Und so sieht bisher der Plan aus: Für die Stilllegung und den Rückbau der Atomkraftwerke haften die Konzerne. Für die Zwischen-und Endlagerung des strahlenden Mülls gründet der Staat einen Fonds, in dem auch die Industrie einzahlt – wie viel? Offen. Eine Formulierung lautet, dass die Konzerne nur bis zu einer bestimmten Höhe (Größe: Unbekannt) dabei sind und dann der Staat etwaige Mehrkosten übernimmt.

Jürgen Trittin Berlin Deutschland
Ex-Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne)Bild: Getty Images/S.Gallup

Das reicht den Umweltverbänden schon jetzt, um zu warnen: "Die Haftung der Betreiber für die von ihnen verursachten radioaktiven Altlasten sind nicht verhandelbar", sagte der Chef des Umweltverbandes BUND, Hubert Weigert. Und Andree Böhling von Greenpeace ergänzt: „Man kann die Verursacher nicht komplett aus der Haftung nehmen, nur weil es ihnen jetzt schlecht geht.“ Tatsächlich würde nach dem Verursacherprinzip die gesamte Rechnung bei den Konzernen bleiben, aber so wird es sicher nicht kommen.

Ob die Kommission sich noch einigt? Von harten Verhandlungen ist zu hören. Kein Wunder, wenn man sich die Zusammensetzung ansieht: Jürgen Trittin, Ex-Umweltminister der Grünen, ist einer von drei Vorsitzenden. Mit seinem Namen ist der erste Atomausstieg unter der rot-grünen Regierung vor 14 Jahren verbunden, er galt schon immer als klarer Gegner der Kernenergie. Aber auch Gerald Hennenhöfer ist dabei, früher im Umweltministerium für die Reaktorsicherheit zuständig. Besonders zu jenen Zeiten, als die CDU das Ressort führte. Zwischendurch stand er immer mal wieder im Dienst der Atomkonzerne. Er ist bis heute ein glühender Anhänger der Atomkraft. Und auch Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, dürfte ein gutes Wort für die Konzerne einlegen.

Atomkraft seit 2011 endgültig vor dem Aus

Finnisches Atom-Endlager Onkalo
Finnland baut in Onkalo das weltweit erste AtomendlagerBild: picture-alliance/dpa/J. Partanen

2002 beschloss die rot-grüne Regierung mit dem Minister Trittin erstmals, aus der Kernenergie auszusteigen und erntete wütende Proteste von CDU, FDP und Industrie. Als Union und FDP dann von 2009 an regierten, verlängerte die neue Regierung zunächst die Laufzeiten der damals noch rund 20 deutschen Kernkraftwerke, bis der Reaktorunfall von Fukushima vor fast genau fünf Jahren alles änderte: In einer atemberaubenden Rolle rückwärts verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das endgültige Aus, bis 2022 sollen alle deutschen Meiler vom Netz gehen.

Dass am Ende der Staat viele Milliarden auf den Tisch legen muss für die strahlenden Altlasten, scheint klar zu sein. Dazu passt auch diese Meldung: Die EU-Kommission beklagt, dass die EU-Staaten bislang viel zu wenig Geld eingeplant haben, um mit Rückbau und Endlagerung fertig zu werden. Insgesamt würden fast 270 Milliarden Euro benötigt, zurückgelegt seien aber nur etwa 150 Milliarden Euro.