Warum mögen wir keine blauen Lebensmittel?
5. Mai 2022Trotz aller kulturellen Unterschiede: Weltweit ist Blau mit deutlichem Abstand die beliebteste Farbe – gefolgt von Rot und Grün. Das zeigen regelmäßig Befragungen in Europa, Amerika oder Asien. Selbst in Ländern wie China, wo Rot, Gelb und Grün traditionell als Glücksfarben gelten, ist Blau beliebter.
Blau assoziieren wir mit Himmel oder Meer, die Farbe steht für Entspannung, Ruhe, Gelassenheit, Sehnsucht. Blau empfinden wir als beruhigend. Bestimmte Blautöne vermitteln aber auch ein Gefühl von Kälte und Härte. Mit Blau assoziieren wir Wasser oder Eis, das kalt, aber zugleich auch kühlend, schmerzlindernd und beruhigend wirken kann.
Durch einen blauen Anstrich wirken kleine Räume größer und entspannend. Blaue Möbel sind elegant und beruhigen. Auch bei der Kleidung ist Blau in all seinen Schattierungen die am häufigsten getragene Modefarbe und die "Blue Jeans" das beliebtestes Kleidungsstück. Durch blaue Kleidung wirkt man entschlossen, vernünftig, zuverlässig, aber auch etwas distanziert. Nicht umsonst sind die meisten Uniformen weltweit ebenfalls blau.
Farbe mit allen Sinnen erleben
Alles sichtbare Licht besteht aus Lichtwellen von unterschiedlicher Länge. Und jede Wellenlänge entspricht einer bestimmten Farbe. Je nachdem mit welcher Wellenlänge das Licht auf unser Auge trifft, reizt es dort bestimmte lichtempfindliche Zapfen, die das Auge der jeweiligen Spektralfarbe zuteilt. Blau hat dabei vergleichsweise kurze Wellen.
Aber nicht nur mit den Augen nehmen wir Farben wahr, auch lichtempfindliche Hautsensoren reagieren auf die Farben und beeinflussen biophysikalische und biochemische Prozesse im Körper, können also mit entscheiden, ob der Herzschlag zu- oder abnimmt, ob Atemfrequenz und Blutdruck steigen.
Trotzdem meiden wir blaue Lebensmittel
Doch obwohl Blau so beliebt ist, meiden wir intuitiv blaue Nahrungsmittel. Sicherlich gibt es Blaubeeren, Zwetschgen, Blaukraut oder blaue Trauben, aber wenn man genauer hinschaut, sind die oftmals eher violett oder rot-bläulich.
Wir meiden blaues Essen, weil in der Natur richtig blaue Lebensmittel nur selten vorkommen. Gleichzeitig verbinden wir eine bläuliche Färbung bei Lebensmitteln mit Gefahr oder Unverträglichkeit, mit Fäulnis und Bitterstoffen. Der Schimmel etwa hat eine blaue oder grünlich-blaue Färbung, Pilze verfärben sich oftmals bläulich, bläulich-schwarz oder violett.
Laut dem Psychiater Carl Gustav Jung sind "Farben die Muttersprache des Unbewussten". Sie dienen als unmittelbare Orientierungshilfe im Alltag, sie lösen in uns einen spontanen Reflex aus. So nehmen wir die "Signalfarbe Rot" als Warnung oder Gefahr wahr, unbewusst wird unsere Aufmerksamkeit stimuliert.
Bei roten Früchten oder Gemüse greifen wir gerne zu, denn wir assoziieren Rot automatisch mit Reife und Süße. Blaue Speisen dagegen kennen wir kaum, intuitiv vermitteln sie erst einmal das Gefühl, ungenießbar oder sogar schädlich zu sein.
Kinder sind noch unvoreingenommen
Unsere Abneigung gegen blaue Lebensmittel ist teilweise genetisch verankert, vor allem aber ist sie anerzogen. Denn was ist mit dem bei Kindern so beliebten blauen Schlumpf-Eis, den blauen Lollies oder anderen Lebensmitteln, die mit kräftiger Lebensmittelfarbe bläulich eingefärbt werden?
Forschende gehen davon aus, dass Kinder auch ungewöhnlichen Speisen gegenüber aufgeschlossener sind. Schrille, ungewöhnliche Farben wecken zunächst einmal ihr Interesse, weil das Wissen um Nahrungsmittel bei ihnen noch weniger ausgeprägt ist als bei Erwachsenen.
Blau hilft beim Abnehmen
Die intuitive Abneigung gegen die Farbe Blau im Zusammenhang mit Lebensmitteln kann man sich allerdings auch zunutze machen. Bereits in den 1970er Jahren fanden Forschende heraus, dass Blau einen appetithemmenden Effekt haben kann. Im Experiment aßen die Testpersonen in blau ausgeleuchteten Räumen weniger.
Wer also abnehmen will, dem raten einige Ernährungswissenschaftler dazu, blaues Geschirr, blaues Besteck, eine blaue Tischdecke oder eine bläuliche Beleuchtung zu verwenden.