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Wann gelingt der große Wurf?

Felix Engels1. Oktober 2014

Saisonstart im deutschen Basketball - allerdings fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Fangemeinde ist klein, groß der Schatten des Fußballs. Auch Superstar Dirk Nowitzki strahlt nicht auf die deutsche Liga ab.

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Bildergalerie Basketball in Deutschland (getty)
Bild: Getty Images/Bongarts/Joern Pollex

Obwohl es schon seit 1964 eine eigenständige Basketball-Bundesliga in Deutschland gibt, war der Basketball lange Zeit ein unbeschriebenes Blatt in der deutschen Sportwelt. Andere Sportarten beherrschten und beherrschen die öffentliche Wahrnehmung, besonders der Fußball. Erst in den frühen 1990-iger Jahren rückte Basketball auch in Deutschland in den Fokus der Öffentlichkeit. Deutsche Fans sympathisierten plötzlich mit den Superstars der nordamerikanischen Profiliga NBA, Michael Jordan und Shaquille O'Neal. Für Dirk Kaiser, den Pressesprecher der Basketball-Bundesliga (BBL), waren es "auch die Einflüsse des amerikanischen Streetballs, die NBA-Stars der Chicago Bulls und vor allem das US-Dream-Team 1992", die dem Basketball in Deutschland einen Schub gaben.

Damals gewann das US-Team mit Jordan und etlichen anderen NBA-Größen die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Barcelona. Deutsche NBA-Spieler gab es bis zu diesem Zeitpunkt kaum. Detlef Schrempf war der einzige, der sich lange in der NBA halten konnte. Er spielte von 1985 bis 2001 für verschiedene NBA-Clubs und war der erste Europäer, der in der NBA mehr als 15.000 Punkte erzielte. Den ganz großen Erfolg konnte Schrempf aber nie feiern, sodass das Medienecho in Deutschland weitestgehend gering blieb.

Basketball-Europameister Stephan Baeck freut sich gemeinsam mit Mitspieler Henrik Rödl (Foto: dpa)
Geschafft! Stephan Baeck (r.) ist nach dem Gewinn des EM-Titels 1993 überglücklich.Bild: picture-alliance/dpa

Anders war das bei der EM 1993 in Deutschland: Der Gastgeber wurde sensationell Europameister und schaffte so den langersehnten Befreiungsschlag. "Deutschland ist 1993 aus dem Nichts Europameister geworden. Das war nicht absehbar", sagt Kaiser. "Das führte dazu, dass über Basketball deutlich mehr berichtet wurde. Basketball war auf dem aufsteigenden Ast, aber was fehlte war die Antwort auf die Frage, wie man den Erfolg nachhaltig und strategisch umsetzt."

Einer, der den EM-Gewinn und den daraus resultierenden kurzen Basketball-Boom hautnah miterlebt hat, ist Stephan Baeck. Baeck, damals Spieler der deutschen Mannschaft. "Der Europameister-Titel 1993 war vielleicht das erste Hoch. Es gab damals aber keine Strukturen, um diesen Boom in nachhaltigen Erfolg umzumünzen", sagt Baeck. "Man musste nach 1993 erst einmal anfangen die Strukturen zu setzen, um dann die nächste Erfolge aufzufangen."

Kurz nach dem EM-Titel sorgte ALBA Berlin auf Vereinsebene für weitere Erfolge. Die Berliner, für die auch Baeck damals spielte, gewannen 1995 den Korac-Cup, einen Europapokalwettbewerb, vergleichbar mit dem UEFA-Cup im Fußball.

Superstar Dirk Nowitzki

Mit diesen sportlichen Erfolgen wurde der Basketball auch für Sponsoren und Medien reizvoller. Allerdings blieb es, was den Basketball in Deutschland anging, letztlich bei einem Strohfeuer. Erst ab 1999 und in den Jahren danach steigerte sich das Interesse wieder, da in den USA der Stern des wohl besten deutschen Basketballers aller Zeiten aufging.

Dirk Nowitzki beim Sprungwurf für die Dallas Mavericks (Foto: dpa)
Immer einen Schritt voraus: Dirk Nowitzki ist einer der Superstars der NBABild: picture-alliance/dpa

Dirk Nowitzki, ein damals 20-jähriger Schlaks, der vom DJK Würzburg in die beste Basketballliga der Welt wechselte. "Nowitzki ist ohne Highschool und College direkt in die NBA gegangen und hat sich noch größere Verdienste erspielt als Detlef Schrempf", sagt Baeck, der mit beiden Spielern in der Nationalmannschaft zusammenspielte. "Hinzu kommt, dass Dirk noch aktiv ist."

Nowitzki hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der besten NBA-Spieler entwickelt. Er gehört mit über 26.000 Karrierepunkten mittlerweile zu den zehn erfolgreichsten NBA-Korbjägern aller Zeiten. Nach dem Gewinn des NBA-Titels mit den Dallas Mavericks im Jahr 2011 wurde er als erster Mannschaftssportler zu Deutschlands Sportler des Jahres gewählt.

BBL – Jugend forscht

Doch der Effekt, den die Erfolge Nowitzkis auf die BBL haben, ist minimal. Verglichen mit dem Hype um die Person und den Sportler Nowitzki ist die Begeisterung für Basketball aus Deutschland immer noch verschwindend gering. Allerdings hat man in der deutschen Liga, die an diesem Donnerstag in die neue Saison startet, versucht, aus der Vergangenheit zu lernen und setzt nun verstärkt auf den Nachwuchs. Ähnlich wie im Fußball - will man in ein paar Jahren von dieser Grundlagenarbeit profitieren. "Man tut gut daran in die Nachwuchsförderung zu investieren. In der Jugend entwickeln sich die Talente und es werden Fans gewonnen", weiß Baeck aus seiner eigenen Erfahrung als Bundesliga-Trainer und -Manager.

Die Erstligavereine der BBL haben beschlossen, viel in den Nachwuchs zu investieren, obwohl die Nachwuchsförderung eigentlich nicht zu den Aufgabenfeldern der Vereine gehört. Die Liga solle kein harter Wettbewerb sein, sondern primär deutsche talentierte Spieler fördern. Für Stephan Baeck, derzeit Geschäftsführer der Rheinstars Köln in der drittklassigen Regionalliga, ist die Jungendförderung extrem wichtig, da "die Talente wieder eine Perspektive haben. Die letzten Jahre waren von Perspektivlosigkeit geprägt, so Baeck. "Das hat sich jetzt geändert." 2013 schaffte mit dem damals 19-jährigen Dennis Schröder ein weiteres deutsches Top-Talent aus der BBL den Sprung in die NBA. Schöder spielt im zweiten Jahr bei den Atlanta Hawks.

Basketball NBA Atlanta Hawks Spielszene mit Dennis Schröder (Foto: Scott Halleran/Getty Images)
Dennis Schröder (r.) hat den Sprung in die NBA geschafftBild: Scott Halleran/Getty Images

Die Bayern greifen an

Dennoch ist die BBL nicht nur Talentschmiede sonder nach wie vor auch eine Durchgangsstation für US-Spieler, die es nicht in die NBA geschafft haben und hoffen, sich in Deutschland für die großen europäischen Ligen in Spanien, Italien, Russland oder Griechenland interessant zu machen. Oder für solche Spieler, die ihre große Karriere in Deutschland ausklingen lassen. Allerdings besitzt die BBL laut Dirk Kaiser im Gegensatz zur spanischen oder russischen Liga ein "gutes Umfeld, verlässliche Zahlungsmoral und professionelle Strukturen. An den europäischen Top-Clubs wie Barcelona, Madrid und Moskau können sich deutsche Vereine aber nicht messen lassen. In der BBL gibt es keinen großen Oligarchen, der einen Club alimentiert."

In der Saison 2012/13 wurde in der BBL ein Gesamtumsatz von 88 Millionen Euro erwirtschaftet, 2005/2006 lag der Umsatz noch bei lediglich 34 Millionen Euro. Damit liegt Basketball deutlich hinter dem Fußball, der 2012/2013 rund 400 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete, aber knapp vor dem Handball mit 83,3 Millionen Euro Umsatz 2012/13. 2020 - so der Wunsch der Verantwortlichen - soll die BBL die beste nationale Liga in Europa stellen. Ein frommer Wunsch?

Bayern München Deutscher Basketball Meister 2014 (Foto: Rainer Jensen/dpa)
Kann der FC Bayern dem deutschen Basketball einen Schub geben?Bild: picture-alliance/dpa

In die Phalanx der großen Vereine möchte über kurz oder lang in jedem Fall der FC Bayern München eindringen. Der FC Bayern spielt seit drei Jahren in der BBL und ist in dieser kurzen Zeit zum dominierenden Club in Deutschland aufgestiegen ist. Die besten deutschen Spieler ergänzt durch herausragende Ausländer bilden das Team, dessen Trainer Svetislav Pesic Deutschland 1993 zum EM-Titel und ALBA Berlin 1995 zum Korac-Cup coachte.

Basketball-Boom?

Die Bayern wären als Zugpferd und bei entsprechenden internationalen Erfolgen durchaus in der Lage, mehr Zuschauer dauerhaft für den Basketball zu gewinnen. Auch wegen mangelndem Zuschauerinteresse gibt es im deutschen Fernsehen momentan nämlich nur selten die Möglichkeit, Basketballspiele live mitzuverfolgen. Die meisten Partien kann man nur per Abo im Internet mitverfolgen. Bislang hat der Basketball in Deutschland eben nur eine kleine, aber dafür treue und fachkundige Stammkundschaft. Zum Leidwesen der Verantwortlichen ist sie in den vergangenen Jahren nicht entscheidend größer geworden. Die Basketballer führen ein mediales Nischendasein - weit hinter dem Fußball und umringt von der starken Konkurrenz aus Formel 1, Handball, Biathlon und Skispringen.

Vielleicht bringt die Tatsache, dass Berlin den Zuschlag für Vorrundenspiele der Basketball-EM 2015 bekommen hat und dass Dirk Nowitzki in Aussicht gestellt hat, dann wieder für die deutsche Mannschaft zu spielen, nochmal einen Schub. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass davon eher nicht auszugehen ist. Denn genau wie die Zuschauerzahlen im Fernsehen bleiben die Mitgliederzahlen in den Basketball-Vereinen bundesweit seit über zehn Jahren konstant bei etwa 190.000. Zum Vergleich: Der Fußball hat 6,8 Millionen, der Handball fast 700.000 Mitglieder.

Langfristige Verbesserungen können wohl nur internationale sportliche Erfolge deutscher Basketballteams bringen. Erfolge von Bundesliga-Teams wie dem FC Bayern im Europapokal und vom deutschen Nationalteam bei EM, WM oder Olympischen Spielen.