Dirk Nowitzki: Der perfekte Wurf
16. September 2014"Der perfekte Wurf" heißt die Dokumentation über Dirk Nowitzki - und das hat zumindest zwei Bedeutungen. Der perfekte sportliche Wurf mit dem Ball wird Nowitzki von seinem Trainer Holger Geschwindner beigebracht, mit allerlei ungewöhnlichen Methoden. "Zwei Leute haben ein Experiment gewagt, das perfekt gelungen ist", erzählt Filmproduzent Leopold Hoesch und spielt damit auf das besonders enge Verhältnis zwischen Sportler und Trainer an. Der Filmtitel ist aber auch eine Metapher auf Nowitzkis außergewöhnlich erfolgreiche Karriere insgesamt: "Es geht um Freundschaft, Fleiß und auch Fairness", so Hoesch. Der Film mache Mut, unkonventionell zu denken, während man zielstrebig seinen Weg geht.
Vom Tellerwäscher zum Millionär
Dass "Der perfekte Wurf" von Regisseur Sebastian Dehnardt eine sehenswerte Sportdokumentation wurde, die weit über die Welt des Sports hinausblickt, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen erzählt der Film die immer wieder ans Herz gehende klassische Geschichte "vom Tellerwäscher zum Millionär". Zum anderen ist Dehnardts Film die besagte Geschichte einer intensiven und produktiven Freundschaft zwischen zwei Menschen - eine Geschichte, die mindestens ebenso viel mit dem Leben zu tun hat wie mit dem Sport.
Rund zwei Jahre haben Dehnardt und sein Team Nowitzki begleitet, bei seinen Spielen in der US-Basketball-Profiliga NBA und bei seinen gelegentlichen Stippvisiten in Deutschland. Da Nowitzki zu Beginn der Dreharbeiten schon auf dem Zenit seiner Karriere war, musste der Regisseur zurückblicken und die Frage beantworten, wie es denn ein zurückhaltener, fast scheuer junger Mann aus der süddeutschen Provinz in die Höhen des US-amerikanischen Profisports schaffen konnte. Dabei stieß er auf Holger Geschwindner.
Sportass und Physiker
Der war selbst einmal ein herausragender Basketballer, deutscher Nationalspieler und Olympiateilnehmer. Allerdings zu Zeiten, als man mit Basketball kaum Geld verdienen konnte, in den 1960er und 70er Jahren. Doch Geschwindner, studierter Physiker und ehemaliger Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts, behielt nach der eigenen Karriere ein waches Auge für Talente und wurde zum Entdecker Nowitzkis. Bei einem Jugendspiel fällt ihm das Talent auf: "Da rannte ein langer Dünner herum, der alles richtig machte, was ein guter Basketballer können muss. Dabei hatte er keinerlei technische Werkzeuge", erinnert sich Geschwindner im Film. Regisseur Dehnardt konnte dabei auf alte Filmaufnahmen, die den späteren Ausnahmesportler in ganz jungen Jahren zeigt, zurückgreifen.
Das "technische Werkzeug" bringt der Trainer seinem Schützling dann bei. Und da der Physiker und Individualist Geschwindner ein sportbesessener und oft auch schrulliger Charakter ist, greift er beim Training auf unkonventionelle Methoden zurück. Der Jazz-Fan Geschwindner lässt beispielsweise zu Musik trainieren: "Top-Individualisten, die auf ihrem Gebiet sehr gut sind, müssen sich zusammentun", so der Basketball-Guru: "Jeder tritt für eine Zeit nach vorne und spielt die Hauptrolle - wie bei einem Solo, dann treten die anderen in den Hintergrund."
In den USA auch Vaterersatz
Geschwindner wird für Dirk Nowitzki zum Lebenspartner, zum Trainer und auch zu einer Art Vaterersatz, vor allem, als sich der junge Mann im rauen Klima der Profiliga in den USA zurechtfinden muss. "Die Kleinigkeiten, auf die der Holger achtet - das ist einzigartig", erzählt Nowitzki, "Ich habe mit vielen Trainern drüben (in den USA, Anmerk. der Redaktion) gearbeitet, aber bei der Schusstechnik und den Details ist er der Beste der Welt." Nach einer schwierigen Eingewöhnungszeit in Amerika, bei der Nowitzki von Heimweh und Unsicherheit geplagt wird - der junge Mann ist zu diesem Zeitpunkt schließlich erst 20 -, schafft er es mit Hilfe seines Trainers Fuß zu fassen.
Nowitzki bindet sich an das seinerzeit noch zweitklassige Team der Dallas Mavericks. Mit den Mavericks schafft er nach und nach den Aufstieg, wird mehrfach zum besten Spieler der Saison gewählt, reiht einen Wurf-Rekord an den anderen. Doch an einem Ziel scheitern die Mavericks und der Deutsche beharrlich: Sie schaffen es einfach nicht, Meister zu werden. Bis 2011. Im berauschenden Endspurt einer herausragenden Saison triumphieren Nowitzki und sein Team, sie werden NBA-Meister. Die Stadt und das ganze Land liegen ihnen zu Füßen, der Deutsche wird zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt. Präsident Barack Obama empfängt die Sporthelden. Die Szene, in der Nowitzki die amerikanische Nationalhymne mehr schlecht als recht singt und Obama sich zu ihm umdreht und seine Gesangskünste freundlich verspottet, gehört zu den anrührendsten Szenen des Films.
Dokument einer Freudschaft
Nowitzki ist zu einer Legende geworden in den USA: "Das ist ein Meilenstein in der Geschichte der NBA, Dirk ist der erste Anführer einer Meistermannschaft, der das Spiel nicht in den USA gelernt hat", sagt einer seiner Mannschaftkollegen.
"Der perfekte Wurf" ist ein Film über Sportsgeist und die Kraft des individuellen Willens, es ist ein Film über zwei unterschiedliche Kulturen und ein Dokument einer außergewöhnlichen Freundschaft. Am Dienstag (16.9.2014) wurde "Der perfekte Wurf" in Anwesenheit Nowitzkis und einiger seiner Mannschaftskollegen in Köln welturaufgeführt.