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"Waffen unter Kontrolle!"

Andreas Noll23. August 2004

Der internationale Handel mit Kleinwaffen ist ein einträgliches Geschäft. Jahrelang funktionierte er von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbehelligt. Jetzt hat Amnesty International weltweite Abkommen gefordert.

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Jährlich sterben weltweit etwa 500.000 Menschen durch KleinwaffenBild: AP

Über 500 Millionen Kleinwaffen wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ziemlich geräuschlos über den Erdball verteilt. Die sowjetische Kalaschnikow und das deutsche Sturmgewehr G3 dienen heute Rebellenorganisationen, kriminellen Gangs und Warlords in den Krisenregionen Afrikas, Asiens, im Nahen Osten und in Südamerika, ihre Interessen gewaltsam durchzusetzen. Über 50 Millionen Menschen starben in den vergangenen zehn Jahren durch den Gebrauch dieser einfachen Waffen - die selbst Kindersoldaten bedienen können.

In Berlin stellten Amnesty International und Oxfam am Donnerstag (9.10.) ihre Kampagne "Waffen unter Kontrolle!" vor. Die Menschenrechtsorganisationen fordern bis zum Jahre 2006 ein rechtlich verbindliches internationales Abkommen zur Eindämmung des internationalen Kleinwaffenhandels

Bisher keine Regelungen gefunden

Eine weltweite Diskussion zur Verbreitung von Leichtwaffen begann erst im Jahre 2001, als bei der UN in New York die erste Kleinwaffen-Konferenz tagte. Ihr folgten eine unverbindliche Vereinbarung und ein Aktionsprogramm zur Kontrolle des Kleinwaffenhandels.

Ein zwölfjähriger Kindersoldat in der Stadt Bo in Sierra Leone präsentiert seine Kalaschnikow
Ein zwöfjähriger Kindersoldat in der Stadt Bo in Sierra Leone präsentiert seine KalaschnikowBild: DPA

Auch auf der Folgekonferenz im Sommer 2003 konnten sich die Staaten nicht auf eine verbindliche Regelung einigen. Und dass, obwohl nach Berechnungen von UNICEF jährlich mehr als eine halbe Million Menschen Kleinwaffen zum Opfer fallen - 80 Prozent davon Kinder und Frauen.

Waffen aus "zweiter Hand"

"Was wir zunehmend erleben, ist, dass der Second-Hand-Markt an Bedeutung gewinnt", erläutert Wolf-Christian Paes, Projektleiter im Internationalen Konversionszentrum in Deutschland, dem Bonn International Center for Conversion (BICC). Die unabhängige Bonner Institution kämpft seit ihrer Gründung nach der deutschen Wiedervereinigung für eine bessere Kontrolle dieser Waffen und wenn möglich, für die Abschaffung und Zerstörung.

Es gehe nicht mehr um Waffen, "die frisch produziert werden, sondern die aus 2. oder 3. Hand oder 4. Hand zwischen den Spannungsgebieten in Afrika und anderswo zirkulieren." Dort sei es schwierig, mit internationalem Kontrollregime was zu erreichen, so Paes weiter.

Der Preis, der für solche Waffen aus zweiter oder dritter Hand gezahlt werden muss, liegt häufig nur noch bei einem Bruchteil des Produktionspreises. Gerade in Afrika, wo einige Staaten kaum noch über die Macht zu wirkungsvollen Grenzkontrollen verfügen, werden sie zu Dumpingpreisen gehandelt. In Ostafrika liegt der Preis für ein Schnellfeuergewehr z.B. bei 10 bis 15 Dollar, während in der Westbank in Palästina für die gleiche Waffe das 20-fache verlangt wird.

Amnesty International Kampagne gegen Waffen
Amnesty International Kampagne gegen WaffenBild: AP

Technik stammt aus dem Westen

Produziert werden Kleinwaffen weltweit. Die Technik stammt aus Ländern wie Deutschland, Belgien, Frankreich, den USA und Russland. Doch viele Waffen werden heute in Lizenzproduktion hergestellt. Das deutsche Gewehr G3 zum Beispiel, wird schon lange nicht mehr in der Bundesrepublik produziert. Lizenznehmer in Asien und Afrika verdienen dagegen bis heute am Bau und Verkauf des Sturmgewehres, mit dem auch die Bundeswehr ausgerüstet war.

Die Verkaufswege der Waffen sind aufgrund dieser Lizenzproduktion heute kaum noch nachvollziehbar. Viele deutsche Gewehre, die heute in Krisengebieten von Rebellenorganisationen eingesetzt werden, sind auch noch nicht einmal neueren Datums. Sie stammen noch aus der Zeit des "Kalten Krieges", als auch Deutschland so genannte Dritte-Welt-Länder mit Kleinwaffen ausrüstete.

"Machtlose Gesetze"

Das von Amnesty International geforderte internationale Abkommen hält Kleinwaffenexperte Paes für nicht durchsetzbar. Und sollte es dennoch verabschiedet werden, wäre es ein weitgehend zahnloses Instrument, so Paes: "Grundsätzlich muss man feststellen, auch wenn es morgen zu diesem Vertrag käme, würde es sich ja um ein internationales Rechtsinstrument handeln. Und internationales Recht ist - wie wir in der Vergangenheit gelernt haben - eigentlich nicht justiziabel. Zumindest nicht gegen den Willen der Mächtigen."

UN-Konferenz zu illegalen Kleinwaffen
"Waffensammlung"Bild: AP

Paes setzt daher vor allem auf regionale Initiativen - wie ein Hilfsprojekt in Mosambik, das er selbst besucht hat. Dort konnten Hilfsorganisationen die Einwohner überzeugen, einen Großteil ihrer Kleinwaffen gegen Zementsäcke zu tauschen. Ein solcher Tausch funktioniert natürlich vor allem in Regionen, in denen Konflikte vorher politisch gelöst wurden und die Bevölkerung keine Angst vor bewaffneten Übergriffen haben muss.