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"Spielplatz" Schlachtfeld

Bettina Kolb15. August 2003

Kinder, die auf Kinder schießen - ein gewohntes Bild in den Krisengebieten Afrikas. UNICEF schätzt die Zahl von Kindersoldaten auf diesem Kontinent auf 120.000 und fordert alle Staaten auf, sich dagegen einzusetzen.

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Zwölfjähriger mit KalaschnikowBild: DPA

Es ist kein Zufall, dass gerade in Afrika die Zahl der Kindersoldaten so hoch ist. Denn die Armut treibt viele Kinder in die Arme der Rebellen oder des staatlichen Militärs. Dort hoffen sie, dem Hunger entgehen zu können und mindestens eine tägliche Mahlzeit zu erhalten. Außerdem glauben sie, in den von Bürgerkrieg geschüttelten Ländern wie Sudan, Liberia oder Angola ausgerechnet bei den Truppen Sicherheit zu finden. Aber es gibt auch Kinder, die werden verschleppt oder von den Eltern verkauft und dann zum Umgang mit der Waffe gezwungen.

Dort, wo die Konflikte zwischen den Bevölkerungs-Gruppen mitten in den Dörfern toben, kennen tausende Kinder ohnehin nichts anderes als den Krieg. Die Konfliktparteien profitieren von der Not, sagt Reinhard Schlagintweit, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. "Kinder sind billig, sie können sehr leicht zu den Waffen gerufen werden, sie können sehr leicht manipuliert werden, sie folgen mehr. Sie sind gehorsamer und wenn man ihnen Drogen gibt, überhaupt völlig bedenkenloser", erklärt Schlagintweit. Laut einer am Mittwoch (13.8.) veröffentlichten Studie des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen werden weltweit bis zu 300.000 Kinder als Soldaten missbraucht.

Die Jüngsten sind gerade mal sieben Jahre alt

In der Mehrheit der afrikanischen Länder gibt es Gesetze, die einen Einsatz von Kindern im Krieg verbieten. In der Praxis sind sie jedoch wirkungslos - kaum jemand hält sich daran. In allen gewaltsamen Konflikten werden Jungen wie Mädchen als Träger, Feldposten oder Köche eingesetzt. Und eben auch als Kämpfer. Die jüngsten sind gerade mal sieben Jahre alt. Ausgerüstet mit leichten Handfeuer-Waffen können auch Kinder töten. Oft werden sie sogar dazu gebracht, Angehörige und Stammesmitglieder zu foltern und umzubringen. So wird ihnen die Rückkehr nach Hause erschwert und zum Leben als Söldner gibt es immer weniger Alternativen.

Viele Mädchen werden sexuell mißbraucht oder gezwungen, Soldaten zu heiraten. Der Konfliktherd im Kongo gehört zu den traurigen Höhepunkten dieses Kapitels: Einige Milizen im Osten des Landes bestehen zu 60 Prozent aus Kindern. Die Zukunft einer ganzen Bevölkerungsgruppe wird geprägt von diesem Trauma. Für ihr Leben gezeichnet seien diese Kinder, betont Schlagintweit. Schlaflosigkeit, Aggressivität, Depressionen, Lernunfähigkeit – das seien die schlimmen Folgen der schrecklichen Erlebnisse als Kindersoldat.

Kind und Panzer bei Basra
Kind und PanzerBild: AP

Schrecken des Kriegs sind schwer loszuwerden

Was diese psychische Entwurzelung einer ganzen Generation für die Gesellschaft bedeutet, ist noch nicht abzusehen. Spürbar ist allerdings, dass die wirtschaftliche Entwicklung leidet, wenn die Heranwachsenden kämpfen, statt eine Schule zu besuchen. Seit Anfang der 90er-Jahre initiiert und leitet UNICEF daher Projekte, die Kindern helfen sollen, dem Krieg zu entkommen. Im Osten Kongos, gibt es inzwischen vier so genannte Übergangszentren. Hier erhalten Kinder, die desertieren konnten oder nach Verhandlungen mit den Milizen freigelassen wurden, Kleidung und Essen. Und was besonders wichtig ist: Eine psychologische Betreuung. Mit dieser Hilfe sollen sie lernen die Schrecken des Krieges zu vergessen.

Durch Unterricht, Sport und gemeinsames Spiel werden sie auf ein "normales Leben" vorbereitet. Wer noch eine Familie hat, wird nach zwei bis drei Monaten im Camp dorthin zurückgebracht. 650 ehemalige Kindersoldaten hat UNICEF seit 2001 hier betreut - 650 von 30.000, die noch kämpfen! Und nicht alle finden den Weg zurück in die Gesellschaft.

"Je kürzer sie gekämpft haben, umso größer ist die Chance. Aber die Chance hängt auch wesentlich davon ab, ob die Jugendlichen eine Möglichkeit haben, ihr Leben in einer besseren Weise zu gestalten. Und auch einen Lebensunterhalt zu verdienen, ein Leben zu führen, wenn sie nicht kämpfen", gibt Schlagintweit zu bedenken. Doch dazu muss Frieden herrschen, eine Grundlage auf der wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung erst möglich wird. Denn, solange Krieg ist, das wissen auch die Verantwortlichen bei UNICEF, werden Kinder mit Waffen in den gewaltsamen Konflikten eingesetzt.