Prozess gegen Ex-Diktator gestoppt
19. April 2013Die zuständige Richterin Carol Patricia Flores sagte in Guatemala-Stadt, die Entscheidung sei auf Anordnung des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichtshofs aufgrund anhängiger Verfassungsbeschwerden gefallen. In dem Verfahren war vorgesehen, insgesamt 200 Zeugen und Sachverständige anzuhören. Ein neues Verfahren gegen den früheren Machthaber Efraín Ríos Montt soll zu einem noch nicht feststehenden Termin stattfinden.
Der 86-jährige Ríos Montt ist vor dem Gericht in Guatemala-Stadt wegen Völkermords in den Jahren 1982/83 angeklagt. Gemäß Anklageschrift ist Ríos Montt für den Tod von 1.771 Angehörigen der Maya-Volksgruppe der Ixil in der nördlichen Region Quiche direkt verantwortlich. Zudem werden ihm Tausende Fälle von Vertreibung und Folter zur Last gelegt.
Erste juristische Aufarbeitung
Der Prozess ist der erste Versuch einer juristischen Aufarbeitung der Verbrechen während des Bürgerkriegs, der in dem lateinamerikanischen Land von 1960 bis 1996 wütete. Insgesamt wurden in dieser Zeit nach Schätzungen der Vereinten Nationen 200.000 Menschen umgebracht oder verschwanden "spurlos". Der Bürgerkrieg war nach Einschätzung von Experten der blutigste Konflikt der vergangenen Jahrzehnte in Mittelamerika.
Ríos Montt war im März 1982 durch einen Putsch an die Macht gelangt und regierte Guatemala bis August 1983 mit Unterstützung der US-Regierung mit harter Hand. Er wurde während seiner Amtszeit für eine Politik der "verbrannten Erde" bekannt. Diese richtete sich nach der damaligen offiziellen Darstellung gegen linke Aufständische. Davon betroffen war aber vor allem die einfache Landbevölkerung. Während seiner Herrschaft wurden zahlreiche Massenmorde an der indigenen Bevölkerung verübt, dabei kamen auch viele Frauen und Kinder ums Leben. Bei einer Verurteilung drohen Ríos Montt 50 Jahre Gefängnis.
Lob von Baltasar Garzón
Der spanische Ex-Richter Baltasar Garzón, bekannt durch seine Völkerrechtsverfahren, bezeichnete die Verhandlung als "Lanze der Hoffnung". Der Prozess sei ein entscheidender Schritt in der Aufarbeitung des Bürgerkrieges. Das mittelamerikanische Land zeige damit "demokratische Reife" und den festen Willen, die Opfer der damaligen Gewalt zu verteidigen, erklärte Garzón bei einem juristischen Forum im benachbarten El Salvador. Zury Ríos Sosa, Tochter des Generals, sprach hingegen von einem vergifteten Prozess. Die Justiz suche Rache, nicht Gerechtigkeit, sagte die Politikerin laut örtlichen Medien in Guatemala-Stadt.
Nach dem Ende seiner Gewaltherrschaft bremste Ríos Montt Jahre lang die juristische Aufarbeitung der Bürgerkriegs-Verbrechen. Erst im Januar 2012 konnte das Gericht in Guatemala-Stadt das formelle Strafverfahren eröffnen, nachdem er sein Mandat im Parlament niedergelegt hatte. Damit endete auch seine parlamentarische Immunität.
kle/sti (afp, dpa, epd, rtr)