Die Union, die SPD und manche Härtefälle
28. Dezember 2017Wenige Tage vor Beginn der Sondierungen von Union und SPD haben Politiker von CDU und CSU im Streit über den Familiennachzug für Flüchtlinge Gesprächsbereitschaft bei Härtefällen signalisiert. Nach dem stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Armin Laschet zeigte sich auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) offen für Härtefallregelungen.
Man kann ja einmal reden
Der CSU-Mann bekräftigte in der "Süddeutschen Zeitung", es sei "das klare Ziel" der Union, den Familiennachzug bei subsidiär geschützten Flüchtlingen über März 2018 hinaus auszusetzen. Soweit die bekannte Position. Mit der geltenden Regelung habe Deutschland nur eine Situation hergestellt, wie sie in den übrigen EU-Ländern ohnehin der Regelfall sei. Die künftige Bundesregierung müsse diesen Kurs beibehalten. "Stimmt dieser Rahmen, kann man über bestimmte Härtefälle sicherlich reden", fügte Hermann hinzu. Dabei dürfe aber die Obergrenze von 200.000 Zuwanderern jährlich nicht überschritten werden.
Die Ausführungen des CSU-Mannes sind auch deshalb interessant, weil er in Berlin schon für das Amt des Bundesinnenministers gehandelt wurde. Der subsidiäre Status greift, wenn weder der eigentliche Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können, aber zugleich klar ist, dass im Herkunftsland der betroffenen Personen ein ernsthafter Schaden droht.
CDU-Vize Laschet hatte eine Härtefallregelung für den Nachzug der nächsten Familienangehörigen vorgeschlagen. In der ARD verwies der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen auf den Fall eines 16-jährigen Flüchtlings mit sogenanntem subsidiären Schutz, dem ein Berliner Gericht den Nachzug seiner Eltern gestattet hatte. Neben solchen humanitären Härtefällen müsse auch der Familiennachzug für diejenigen Flüchtlinge möglich sein, die eine Wohnung und Arbeit in Deutschland hätten.
Im März endet die Familiennachzugs-Regel
Im März endet die Aussetzung des Familiennachzuges. Für eine Verlängerung ist das Votum des Bundestages nötig. SPD und Union wollen ab dem 7. Januar über ein Regierungsbündnis auf Bundesebene verhandeln.
Der geschäftsführende Außenminister und SPD-Politiker Sigmar Gabriel hatte allerdings am Vortag die Themen EU-Reform und Gleichbehandlung bei der Krankenversicherung als mögliche Streitpunkte mit der Union benannt. Mit solchen Positionsbestimmungen sorgen die Verhandlungspartner in spe immer wieder für Verärgerungen auf der anderen Seite. So empörte sich nun der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) über immer neue Vorstellungen von Seiten der SPD. "Hier sind etliche Genossen unterwegs, die mit Maximalforderungen offenbar die Gespräche unmöglich machen wollen", sagte er der "Bild"-Zeitung. SPD-Chef Martin Schulz bescheinigte er Führungsversagen. "Martin Schulz sollte hier für Ordnung sorgen oder klar sagen, wenn er ein Scheitern will. Ich kann die SPD nur auffordern, zur Vernunft zurückzukehren."
Derweil sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel über eine mögliche erneute große Koalition: "Es muss anders werden als in den vergangenen Jahren." Im Deutschlandfunk verwies er noch mal auf das schlechte Wahlergebnis der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl - dies sei ja auch der Grund gewesen, sich danach zunächst für die Oppositionsrolle zu entscheiden. Mit Blick auf die Debatte beim Familiennachzug erklärte Schäfer-Gümbel: "Ich weiß ja überhaupt nicht, was die Position der Union ist."
ml/sti (rtr, afp, dpa)