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Volksheld und Vaterfigur

Moritz Kleine-Brockhoff, Jakarta17. April 2002

Im äußersten Osten Asiens wird ein neuer Staat gegründet: Ost-Timor. Die ehemalige portugiesische Kolonie hat diese Woche einen Präsidenten gewählt. Sieger ist der ehemalige Unabhängigkeitskämpfer Gusmao.

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Xanana Gusmao, neuer Präsident von Ost-TimorBild: AP

Der Favorit hat gewonnen: Xanana Gusmao wird Präsident Osttimors. 83 Prozent der Wähler wollen, dass der 55-Jährige ihr Staatschef wird. Francisco Xavier do Amaral, der einzige Gegenkandidat, erhielt nur 17 Prozent der Stimmen. Mit dem Ablauf der Wahl sind die UN und die Beobachter zufrieden. Es blieb friedlich und geordnet, nennenswerte Zwischenfälle sind nicht bekannt, die Wahlbeteiligung lag bei über 86 Prozent.

Dass Xanana so deutlich gewonnen hat, zeigt, wie sehr er verehrt wird. "Er hat für uns gelitten", sagen viele Menschen in Osttimor, wenn man sie fragt, warum sie den Mann mit der tiefen, ruhigen Stimme mögen.

Kämpfer für die Unabhängigkeit

Fast ein Vierteljahrhundert lang war Osttimor vom großen Nachbarn Indonesien annektiert, Xanana führte in den Bergen die Unabhängigkeitskämpfer an. 1992 fassten ihn indonesische Soldaten, später wurde er vor Gericht zu lebenslanger Haft in Jakarta verurteilt. Nach sieben Jahren kam er frei und kehrte nach Osttimor zurück.

Dort hatten kurz zuvor knapp 80 Prozent der Bevölkerung in einem Referendum die Unabhängigkeit gewählt. Xanana kam in ein zerstörtes Land. Die indonesischen Soldaten waren gerade abgezogen, sie hatten zuvor zusammen mit Milizen die meisten Häuser verbrannt und rund 1.000 Menschen getötet.

Versöhnung mit Indonesien

Seit seiner Rückkehr bemüht sich Xanana um Versöhnung mit Indonesien, er reiste mehrmals zu Gesprächen nach Jakarta. In Osttimor half er, den Frieden im Land zu bewahren. Xanana ist Volksheld und Vaterfigur. Als Präsident wird er hauptsächlich repräsentative Aufgaben haben, aber sein Wort wird gewichtig sein.

Eigentlich wollte der Hobbyfotograf, der mit einer Australierin verheiratet ist, sich aus der Politik zurückziehen. "Ich will nicht Präsident werden", sagte er mehrfach. Dann kandidierte er doch. "Weil scheinbar alle es so wollen", meinte er.

Jüngster Staat der Welt

Am 20. Mai wird Xanana als Präsident vereidigt. Am gleichen Tag wird Osttimor unabhängig und damit der jüngste Staat der Welt. Zu den Feierlichkeiten werden Gäste aus aller Welt erwartet, unter anderem Kofi Annan, Nelson Mandela und Bill Clinton. Mit der Staatsgründung endet die Verwaltung der UN, die 1999 den Konflikt mit Indonesien durch eine bewaffnete Intervention beendet hatten.

Nach der Unabhängigkeitserklärung werden viele UN-Mitarbeiter Osttimor verlassen. Gleichzeitig haben die UN und einige Geberländer versprochen, Osttimor weiterhin mit Geld und Personal zu unterstützen. An der Grenze zu Indonesien sollen Blauhelm-Soldaten stationiert bleiben, in Verwaltung und Justiz sollen UN-Mitarbeiter nach wie vor helfen.

Abhängig von internationaler Hilfe

Bislang gibt es fast nur gute Nachrichten über die Hilfe der UN in Osttimor. Der Wiederaufbau erfolg langsam aber stetig, die demokratischen Institutionen sind geschaffen. Aber Xanana wird Staatschef eines der weltweit ärmsten Länder, das noch lange von internationaler Hilfe abhängig sein wird.