Der New York Marathon soll dem Terror trotzen
3. November 2017Zumindest das Wetter passt. Die Vorhersage verspricht milde 19 Grad, etwas Bewölkung und ein paar kurze (erfrischende) Schauer. Kurz: ideales Laufwetter. Doch über das Wetter diskutieren die Teilnehmer des New York Marathons in diesem Jahr weniger. Ein anderes Thema bestimmt die Schlagzeilen vor einem der Lauf-Highlights des Jahres: die Angst vor dem Terror.
Die Bilder haben alle noch im Kopf: Am Dienstag hatte ein Attentäter mit einem Pick-up-Truck mitten im Herzen New Yorks mehrere Fußgänger und Fahrradfahrer überfahren und dabei acht Menschen getötet. Elf Personen wurden verletzt. Eine Tragödie, die viele New Yorker an die Schrecken des 11. September 2001 erinnert - und die nun auch Folgen für das anstehende Großevent Marathon hat. Der soll trotz der Terrorattacke in Manhattan wie geplant stattfinden. Allerdings unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen, teilten die Behörden auf einer Pressekonferenz mit.
Mit LKW, Scharfschützen und Polizeihunden
Rund 51.000 Läufer und 2,5 Millionen Zuschauer werden (ab 15.50 Uhr MEZ) zum Marathon in New York erwartet - eine Dimension, die das Event automatisch auch zum potentiellen Anschlagsziel macht. Die Behörden sorgen nun vor: unter anderem mit mehr sandgefüllten Lastwagen, Scharfschützen auf den Dächern entlang der Strecke, bewaffneten Teams mit Polizeihunden am Boden, dazu aus der Luft mit Hubschraubern. Insbesondere vor Angriffen mit Fahrzeugen wie zuletzt in New York zeigt man sich besorgt, denn diese sind nur schwer zu verhindern. Terroristen haben diese "Chance" erkannt und nutzten Sicherheitslücken aus - so geschehen bei Attacken im Juni in London, im Juli 2016 in Nizza sowie im Dezember 2016 in Berlin, als der Tunesier Anis Amri einen gekaperten Lkw in einen Weihnachtsmarkt steuerte. Gegenmaßnahme der Behörden und Veranstalter: Quer geparkte LKW und Barrieren werden schon seit einigen Monaten bei Großveranstaltungen eingesetzt, so zum Beispiel auch beim Start der Tour de France in Düsseldorf im Juli, als eine Millionen Menschen die Straßen säumten.
Absolute Sicherheit bieten auch diese Maßnahmen nicht. "Natürlich muss man wachsam sein", sagte die britische Teilnehmerin Charlotte Jones dem Sender NBC. "Die Gefahr ist immer da, wir müssen mit ihr leben." Angst scheint trotz des Attentats vom Dienstag nicht die vorherrschende Emotion vor dem Marathon zu sein. Eher schon Trotz und typisch amerikanische Anpacker-Mentalität. "Mich hat das Ganze noch bestärkt, in die Stadt zu kommen und das Rennen zu laufen. Ich will nicht, dass uns irgendjemand aufhält", sagte Beth Wascom aus Sarasota, Florida. "Ich fühle mit den Familien der Opfer, aber wir müssen rausgehen, uns zeigen und laufen." Howard Kra, ein New Yorker, sieht das ganz ähnlich und ergänzt stolz: "Es ist wichtig, dass wir hier sind und dieses Event unterstützen, dass nicht wir nicht aufgeben. Das ist die großartigste Stadt der Welt."
Wackelt der Streckenrekord bei den Frauen?
New York und die Laufszene wollen sich ihr Highlight nicht nehmen lassen, schon eine Verschiebung wäre wie eine Aufgabe vor dem Terror angekommen. Das Festhalten am Zeitplan hängt natürlich auch mit der wirtschaftlichen Dimension des Marathons zusammen. Mit seinen 51.000 Teilnehmern ist der New York Marathon das größte Rennen der Welt über die klassische Distanz von 42,195 Kilometern. Die Teilnehmer, aber noch mehr die Zuschauer, die das Event in die Stadt lockt, bringen Millionen von Einnahmen, die Stadt und lokale Wirtschaft fest einplanen.
Neben den vielen Breitensportlern kommen auch Topleute der Laufszene nach New York. Bei den Frauen im Fokus: Die Kenianerin Mary Keitany, die zum vierten Mal in Folge das Rennen in Big Apple gewinnen kann. Keitany hat neben dem Sieg am Sonntag aber auch noch ein zweites Ziel: Die Langstreckenspezialistin will den Streckenrekord knacken. Den hält die Kenianerin Margaret Okayo seit 14 Jahren mit einer Zeit von 2:22:31 Stunden.
Bei den Männern sticht ein Name hervor: der frühere Marathon-Weltrekordler Wilson Kipsang, der kurzfristig verpflichtet wurde. Der Kenianer gewann das Rennen bereits 2014. Beim Marathon in Berlin musste er noch aufgeben. "Jetzt bin ich froh und dankbar, dass ich in New York eine zweite Chance bekomme. Ich werde versuchen, zu gewinnen", sagte Kipsang, der es unter anderen mit Titelverteidiger Ghirmay Ghebreslassie (Eritrea) sowie dem ehemaligen Boston-Marathon-Sieger Lemi Berhanu zu tun bekommt.