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Groth: "Hickhack an DFB-Spitze ist peinlich"

4. Mai 2021

Vor zwei Jahren wollte Ute Groth DFB-Präsidentin werden, doch der Verband ließ sie abblitzen. Für den Machtkampf an der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes hat sie kein Verständnis - und sie wünscht sich Veränderungen.

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Ute Groth
Bild: Henning Schoon/dpa/picture alliance

DW: Ute Groth, wie erleben Sie den Machtkampf, der gerade an der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) abläuft?

Ute Groth: Es ist peinlich. Und es hat auch nicht gerade erst angefangen, sondern es geht ja schon über Monate so. Das Hickhack zwischen Generalsekretär Friedrich Curtius und Fritz Keller hat ja schon im vergangenen Jahr begonnen. Jetzt hat es im Grunde genommen den Showdown gegeben. Gerade in der jetzigen Zeit haben aber alle Vereine ganz andere Sorgen und bräuchten eigentlich Unterstützung, auch mediale Unterstützung von solch präsenten Personen. Aber da ist überhaupt nichts passiert. Und das ist wirklich peinlich.

Die jetzige Führung - zumindest DFB-Präsident und Generalsekretär - stehen vor der Ablösung. Glauben Sie, dass sich danach etwas ändert?

Dazu müsste sich auch die Zielsetzung verändern. Es ist schon in den vergangenen Jahren immer an den Amateurvereinen vorbei gearbeitet worden. Es gab zwar nie eine Revolte der Basis, weil bei den Abstimmungen schließlich auch immer offen gewählt wird. Aber der Unmut bei den Amateurvereinen schwelt schon lange, und es hat sich strukturell in den Verbänden nichts verändert. Deswegen wird sich nur durch einen Personalwechsel an der Spitze auch nichts ändern.

Was müsste sich denn ändern?

Es gibt keine wirkliche Mitwirkung der Amateure, die Spaß macht, wo man gerne hingeht, sich einbringt und gemeinsam überlegt: Wie bringen wir den Vereinssport weiter? Was müssen wir in den nächsten Jahren tun, damit der Verein weiter attraktiv bleibt? Was machen wir mit den Kindern, die jetzt den ganzen Tag in der Schule sind? Wann haben sie ihre Trainingsmöglichkeiten?

Die heutigen Verbandsstrukturen haben auch schon vor 20 Jahren gegolten, sind aber heute längst überholt. Da muss man doch jetzt langsam mal anfangen, andere Wege zu gehen. Und ganz krass ist das Thema Mitbestimmung. Da gibt es zu wenig Möglichkeiten, nur alle drei Jahre. Das funktioniert nicht. Mitwirkung und Mitbestimmung wären für mich Hauptschwerpunkte, die umgesetzt werden müssen.

Hat sich die Verbandsspitze also zu sehr von der Basis entfernt?

Ich glaube nicht, dass die Personen ganz oben im Verband regelmäßig Kontakt zu Amateurvereinen haben und mitbekommen, welche Probleme dort zu bewältigen sind.

Mannschaftsbesprechung beim Amateuerfußballspiel TC Freisenbruch gegen SpVg Schonnebeck II
Die überwiegende Mehrheit der deutschen Fußballer sind AmateureBild: Norbert Schmidt/picture alliance

In den Landes- und Regionalverbänden rücken mittlerweile auch schon mal Jüngere nach, die mehr Ahnung haben, aktiv in der täglichen Vereinsarbeit sind und wissen, was unten passiert. Aber dass es irgendwelche Konsequenzen hat, dass man bei den Amateuren mal genauer hinguckt und hinhört, kann ich nicht erkennen. Da fehlt etwas.

Sie sind vor zwei Jahren bei Ihrer Bewerbung als DFB-Präsidentin angetreten, um die "Vetternwirtschaft im Fußballgeschäft zu beenden" und "den Filz zu beseitigen". Ist das wirklich möglich?

Ich glaube, wenn man mit neuen, anderen Leuten anfängt, dann ist das möglich. Aber dazu muss auch die Struktur eine andere werden. Da müssen Leute arbeiten, die andere mitmachen lassen, die zuhören und die auch Aufgaben abgeben. Es ist einfach ein ganz anderes Zusammenarbeiten erforderlich.

Was muss eine neue DFB-Präsidentin oder ein neuer DFB-Präsident mitbringen, um im Amt bestehen zu können?

Er oder sie muss zunächst einmal ehrlich sein, muss die Sache vor die Person stellen und nicht glänzen wollen. Man muss geerdet sein, bei den Vereinen sein und nicht nur bei der Nationalmannschaft auf der Tribüne sitzen wollen. Man muss konfliktfähig sein, integrationsfähig. Und vor allen Dingen muss man einfach auch mal über den Tellerrand schauen. Es geht ja nicht nur um die Bundesliga und um Verträge oder Vermarktung oder die neue Fußball-Akademie. Das ganze System hat sieben Millionen Mitglieder, 25.000 Amateurvereine. Die bewegen doch den Verband, und da muss man genau hinsehen und unterstützen.

Sehen Sie bei den Namen, die gehandelt werden, jemanden, auf den das zutrifft?

Karl-Heinz Rummenigge und Philipp Lahm bei der Meisterfeier des FC Bayern München 2017
Geeignete Kandidaten? Rummenigge (l.) und Lahm (r.)Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance

Nein, den sehe ich nicht. Gehandelt werden ja Karl-Heinz Rummenigge, Rudi Völler und Philipp Lahm. Die haben alle Ahnung von Fußball, das ist unbestritten. Aber ist das genau das, was der Verband jetzt braucht? Das glaube ich nicht, wir brauchen eine Neuausrichtung für die Zukunft.

Denken Sie selbst daran, sich nochmal zu bewerben?

Als sich das Theater vergangene Woche angekündigt hat, habe ich gedacht: Sollst du nochmal? Aber wenn man über die Umstände nachdenkt, was alles passiert ist und wie wieder gegeneinander gearbeitet wird, dann könnte ich mir das wirklich nur vorstellen, wenn die Personen auf ganz vielen Posten ausgewechselt werden. Ansonsten würde ich genauso wie Fritz Keller anfangen, aber dann wären da immer noch die Leute im Hintergrund, die auch jetzt gerade im Hintergrund weiterarbeiten. Das bringt ja dann nichts. Von daher würde ich sagen: Nein!

Ute Groth ist seit 2007 Vorsitzende des Sportvereins DJK TUSA 06 Düsseldorf, der vor allem für seine große Abteilung für Mädchenfußball bekannt ist. Die breite Öffentlichkeit wurde 2019 auf Groth aufmerksam, als sie sich auf die Nachfolge des zurückgetretenen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel bewarb. Die 62-Jährige ist gelernte Bauzeichnerin, arbeitet als Projektkoordinatorin im Krankenhausbau und hat zwei erwachsene Kinder. 

Das Interview führte Andreas Sten-Ziemons.