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Druck auf DFB-Chef Keller wächst

Stefan Nestler mit dpa, sid
29. April 2021

Der Stuhl von DFB-Präsident Fritz Keller wackelt, nachdem er seinen Stellvertreter Rainer Koch mit dem Nazi-Richter Freisler verglichen hat. Die DFB-Spitze ist zerstritten - nun soll es einen "Friedensgipfel" geben.

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DFB Präsident Keller (R) und Vize Koch
DFB-Vizepräsident Rainer Koch (l.) und Verbandschef Fritz Keller (r.) Bild: Laci Perenyi/picture alliance

Die Luft für DFB-Präsident Fritz Keller wird dünner. Weil Keller laut Medienberichten im Streit seinen Stellvertreter Rainer Koch mit dem berüchtigten Nazi-Richter Roland Freisler verglichen hat, hagelt es Kritik. Freisler war in der Nazizeit als Präsident des Volksgerichtshofs für unzählige Unrechtsurteile verantwortlich. So führte er auch den Vorsitz in den Prozessen gegen die Mitglieder der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" um Hans und Sophie Scholl, die er 1943 gemeinsam mit anderen zum Tode verurteilte. Freisler gehörte auch zu den führenden Nationalsozialisten, die im Januar 1942 auf der sogenannten Wannsee-Konferenz den Massenmord an den Juden beschlossen.

Die Deutsche Fußball Liga bezeichnete Kellers Vergleich als "absolut inakzeptabel". Auch Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, kritisierte Keller scharf: "Man muss Rainer Koch weder als Person mögen noch sein sportpolitisches Agieren gutheißen", sagte die SPD-Politikerin. "Aber eine wie auch immer geartete Gleichsetzung seiner Person mit einem Menschen, der für den Tod unzähliger Unschuldiger verantwortlich ist, ist nicht hinnehmbar und auch durch eine Entschuldigung nicht aus der Welt zu schaffen."

Entschuldigung angenommen?

DFB-Präsident Keller lehnte einen Rücktritt wegen des Nazi-Vergleichs ab. Er habe sich mündlich und auch schriftlich sofort bei Koch entschuldigt, sagte Keller der "Bild"-Zeitung. "Manchmal fallen in Kontroversen Worte, die nicht fallen sollen und nicht fallen dürfen. Insbesondere auch im Hinblick auf die Opfer des Nationalsozialismus war der Vergleich gänzlich unangebracht. Ich bedauere dies sehr und werde meine Worte künftig weiser wählen." Keller dankte Koch ausdrücklich für "die Größe, die Entschuldigung anzunehmen".

So weit ist es aber offenkundig noch gar nicht. DFB-Vizepräsident Koch bestätigte lediglich, dass er eine schriftliche Entschuldigung Kellers erhalten habe. Koch habe sie jedoch "bislang nicht angenommen, weil er den gesamten Vorgang mit zeitlichem Abstand zunächst in einem persönlichen Gespräch mit Fritz Keller aufarbeiten möchte", ließ der Bayerische Fußballverband (BFV) wissen, dessen Präsident Koch seit 2004 ist.

Keller und Koch wollen sich daher am Freitagabend zu einem "Friedensgipfel" treffen, bei dem es darum gehen soll, ob Koch die Entschuldigung Kellers akzeptiert. Viele Stimmen fordern aber bereits, dass Keller aufgrund der Schwere der von ihm ausgesprochenen Beleidigung seinen Hut nehmen solle, unabhängig davon, ob Koch im verzeiht oder nicht.  

Möglicherweise noch 2021 Neuwahlen

Keller, der früher Präsident des Bundesligisten SC Freiburg war, steht seit September 2019 an der Spitze des DFB. Die Führungsriege gilt schon länger als heillos zerstritten. So tobt seit Monaten ein Machtkampf zwischen Keller und DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" war es Curtius, der den Nazi-Vergleich Kellers bei der Ethikkommission des Verbands angezeigt hat.

Eigentlich läuft die Amtszeit von DFB-Präsident Keller noch bis 2022. Doch möglicherweise wird es schon im kommenden Spätsommer Neuwahlen geben. Vor allem die Vertreter des Amateurfußballs sind das Chaos an der DFB-Spitze leid.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter