US-Midterms: Gen Z verschafft sich Gehör
13. November 2022"Das Leben ist wild!". Mit diesen Worten feierte der 25-jährige Maxwell Frost seinen Wahlsieg bei den US-amerikanischen Zwischenwahlen in dieser Woche. Er war in Florida für die Demokraten angetreten und wird Anfang kommenden Jahres als erster Kandidat der Generation Z für die Demokraten im US-Kongress sitzen.
"Die Perspektive, die ich als junger Mensch, als junger Schwarzer, und als junger Schwarzer Latino aus dem Süden mitbringe, ist wichtig", sagte Frost in einem Interview mit der New York Times.
Der junge Demokrat ist Teil der Gen Z, der zwischen 1997 und 2012 geborenen Generation, die in der allgemeinen Wahrnehmung diverser ist als Generationen zuvor. Er gehört einer Generation an, die politisch aktiv ist, sich um die eigene Zukunft sorgt, und die sich für ihre Rechte einsetzen will.
30 Prozent Wahlbeteiligung
Doch wie viel Einfluss hatte Gen Z bei Wahlen in den USA? Laut Auswertungen des Centers for Information & Research on Civic Learning and Engagement (CIRCLE) der Tufts University hat die hohe Wahlbeteiligung junger Menschen bei diesen Zwischenwahlen das Ergebnis entscheidend beeinflusst.
Traditionell beteiligen sich viele junge Menschen bei Zwischenwahlen eher nicht. Dieses Mal scheint es anders zu sein. Mit 27 Prozent Wahlbeteiligung bei Menschen zwischen 18 und 29 Jahren handelt es sich um die wahrscheinlich zweithöchste Beteiligung in 30 Jahren.
Experten der Tufts University sehen darin einen eindeutigen Trend zu mehr Wahlbeteiligung bei jungen Menschen. Doch es gibt auch andere Stimmen: Laut Datenexperte David Shor vom Projekt Blue Rose Research ist der herbeigesehnte Aufbruch der Generation bei den Wahlen nicht eingetreten. Der Anteil der jungen Wähler im Vergleich zur Gesamtbevölkerung habe sich tatsächlich nur leicht verändert.
Junge Wähler eher demokratisch
Trotzdem geht die Analyse der Tufts University davon aus, dass die "rote, republikanische Welle" wegen der Stimmen der jungen Wähler ausgeblieben ist.
Sie haben laut Daten derCNN National House Exit Polls mit 63 Prozent eher demokratisch gewählt. Bei der afroamerikanischen und lateinamerikanischen Wählerschaft dieser Altersgruppe ist die Tendenz für die demokratischen Partei noch deutlicher zu erkennen. Im nationalen Durchschnitt wählten 89 Prozent der Schwarzen Jugendlichen demokratisch, bei der Gruppe der Latinos waren es 68 Prozent.
Damit haben sie laut CIRCLE zum Teil entscheidende Rennen im Land mitbestimmt. In Pennsylvania zum Beispiel gewann der Demokrat John Fetterman mit einem nur sehr knappen Vorsprung.
Daten der Tufts University zeigen, dass 70 Prozent der jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren den demokratischen Kandidaten gewählt haben. In den älteren Altersgruppen ist ein solch großer Unterschied in der Parteipräferenz nicht vorhanden.
Auch in Georgia unterstützten junge Wähler und Wählerinnen eher den demokratischen Kandidaten, während Menschen über 45 Jahre eher den republikanischen Kandidaten wählten. Laut CIRCLE hatten sie also auch hier einen Einfluss und die Wahlbeteiligung der jungen Menschen lag leicht über dem landesweiten Durchschnitt in der Altersgruppe.
"Junge Menschen haben wieder einmal bewiesen, dass sie wählen gehen und Wahlergebnisse beeinflussen können", sagt Kei Kawashima-Ginsberg, Newhouse-Direktor von CIRCLE. Auch der amerikanische Präsident Joe Biden dankte in einer Rede am Donnerstag speziell jungen Menschen für ihre Stimmen, obwohl die nationalen Zustimmungswerte für ihn selbst bei den 18- bis 29-Jährigen nicht unbedingt hoch ausfallen.
"Es ergibt keinen Sinn, rückwärts zu gehen"
Viele junge Menschen in den USA würden nicht entlang der Parteilinien wählen, sondern für die Themen, die ihnen am Herzen liegen, meint Ava Mateo, Geschäftsführerin der ausschließlich von Jugendlichen geführten Nichtregierungsorganisation 18byVote.
"Es gab viele Themen auf den Wahlplakaten, die jungen Leuten wichtig waren", sagt Mateo gegenüber der DW. Die 24-Jährige hatte in den Monaten vor der Wahl mit hunderten jungen Menschen gesprochen und sich für Aufklärung eingesetzt, wie, wann und warum sie wählen sollten.
Sie hebt besonders die Bedeutung von lokalen Wahlen hervor. "Diese Möglichkeit, direkten Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen, hat junge Menschen wirklich motiviert, sich an den Wahlen zu beteiligen."
Eines der wichtigsten Themen, das in einer Reihe von Bundesstaaten sogar direkt auf dem Stimmzettel stand: reproduktive Rechte und der Zugang zur Abtreibung. Die Mehrheit der jungen Menschen lehnt die Entscheidung des Obersten Gerichts der USA (Supreme Court) ab, das Ende Juni ein Grundsatzurteil aufhob, in dessen Folge es vor 50 Jahren zu einer weitgehenden Freigabe von Abtreibungen gekommen war.
"Rückwärts zu gehen, ergibt keinen Sinn", sagt auch die 19-jährige Katelyn Kovach, die bei diesen Wahlen zum ersten Mal gewählt hat, im Gespräch mit der DW. "Rechte wegzunehmen ist aus meiner Sicht so dumm. Das ist wirklich entmutigend."
"Wir wollten zeigen, dass unsere Stimmen etwas bewirken können, und dass wir als Bevölkerungsgruppe wichtig sind", erklärt Mateo, die selbst zu Gen Z gehört. Dies betraf eine Reihe von Themen. Neben Abtreibungsrechten waren jungen Menschen laut einer Analyse des Institute of Politics der Harvard Kennedy School vor der Wahl Klimaschutz, Schutz der Demokratie und Inflation besonders wichtig. Jungen Menschen, die eher republikanisch wählen, war bei den Zwischenwahlen laut derselben Auswertung die Wirtschaft besonders wichtig.
Gen Z will Veränderung
"Wir wollen Veränderung", erklärt Mateo. Für sie sei Gen Z eine Generation, die sich Gehör verschaffen und Blockaden lösen wolle. "Wir wollen Wege finden, wie Menschen zusammenkommen und Lösungen finden können, anstatt in dieser Art Untätigkeit zu verharren, wie wir es schon seit langer, langer Zeit in der amerikanischen Geschichte getan haben."
Gen Z macht etwa 20 Prozent der gesamten Bevölkerung aus. Noch ist über die Hälfte der Generation nicht alt genug, um zu wählen. Doch Experten gehen schon jetzt davon aus: Diese Generation wird sich in Zukunft immer mehr Gehör verschaffen wollen.