Trends und Skins auf der Gamescom
23. August 2018Ein Todesengel mit Krummsäbel wartet vor der Rolltreppe. Daneben lassen sich ein Panzerfahrer und ein kleines Mädchen in einem gefiederten Anime-Kostüm fotografieren. Die Halle, in der sie stehen, ist gut besucht. Die Gamescom in Köln gehört sicherlich zu den aufregenderen Messen.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Gamescom zu einem riesigen Event gemausert. Neben den Auftritten von auffälligen, wie Computerspiel-Charaktere kostümierten Fans, den Cosplayern, finden im Umfeld der Messe auch Konzerte, diverse Wettbewerbe und Autogrammstunden statt.
Die Vorbilder treffen
Das größte Glück vieler Besucher: nicht nur ihre Lieblingsspieler zu treffen, sondern auch eine Runde mit ihnen zu zocken. Wenn der League of Legend-Spieler Frederick Hinteregger (Spielername Noway4u) auf der Bühne steht und nach Mitgliedern für sein Team sucht, schießen Dutzende Arme in die Höhe. Sekunden später sind die gemütlichen Spielersessel auf der Bühne allesamt besetzt.
Hinteregger ist ein eSports-Profi-Spieler. "Ich war mal glücklich, ein Mousepad, etwas Hardware, irgendwas zu bekommen, wirklich. Aber wenn du Nationalligen spielst, kannst du bis zu 2000 Euro im Monat machen. Spielst du höher, wird es fünfstellig."
Andere Fans verzehren sich nach den winzigsten Neuigkeiten über ihre Lieblingsspiele. Sie stehen in langen Schlangen, etwa vor dem Fallout-Stand. Gibt's hier Goodies zu erbeuten? Einen bekannten Spieler zu bestaunen? Kann man das Spiel hier schon vorab testen?
"Wir zeigen einen achtminütigen Trailer von Fallout Vault 76", sagt mir die Frau am Stand. "Und Du kannst hier auch ein Foto für Instagram machen", ergänzt sie schnell, als sie mein enttäuschtes Gesicht sieht.
Im Laufe des Tages werden noch begeisterte Rezensionen über den Fallout-Trailer veröffentlich. Das Spiel selbst erscheint im November.
Real Life Action-Spiele
Die meisten Spiele-Produzenten setzen auf Testversionen für PC-, Mobil- oder Konsolenspiele. Nicht so Epic Games - die Firma hinter dem Megahit Fortnite. Das kooperative Survival-Spiel ist längst auf allen Plattformen zu finden und konnte 125 Millionen neue Spieler binnen eines Jahres verzeichnen.
Anstatt auf ihren Bildschirm zu starren, bullenreiten die Gamescom-Besucher mit ihren Freunden um die Wette, springen über Reifen, oder schwingen sich über Gräben, wenn sie das Spiel testen - alles in der Realworld.
"Es ist wirklich die Community, die das Spiel so erfolgreich macht", sagt Fortnite-Cosplayer Lindsay Aries (Alias: 'LeeLeeTheBunny'), während sie durch ihre riesigen Brillengläser blinzelt und auf Fotos mit ihren Fans mit einem auf einer Harpune aufgespießten Hai herumwedelt. "Auch Kleinigkeiten wie neue Emotes (emotionale Gesten) oder neue Skins (äußerliche Erscheinungsbilder der Charaktere) werden stark rezipiert und von der Community gehypet." Das ist natürlich auch das Hauptinteresse der Firmen - eine weite Verbreitung dieser Features, für die die Spieler bereit sind zu zahlen.
Von der Nischen- zur Massenkultur
Zwar ziehen Fortnite und die anderen Blockbuster-Stände hauptsächlich ein jüngeres Publikum an, die älteren Spieler sind es aber, die das Wachstum der Spiel-Firmen befördern. "Ein Viertel der Spieler sind 50 plus", gibt Felix Falk, der Verbandsvorsitzende der deutschen Game-Branche, zu bedenken. Von allen mittlerweile 2,2 Milliarden Gamern sei die ältere Generation die am schnellsten wachsende Zielgruppe, so Falk. Browser- und Mobile-Games haben gerade für sie die Zugangsvoraussetzungen erleichtert - jederzeit, an jedem Ort, ohne Vorkenntnisse zu spielen.
Während jedoch der Markt wächst, verlören deutsche Firmen ihre Anteile, so Falk. Blockbuster-Titel blieben aus, stammten nahezu alle aus den USA oder Japan.
"Länder wie Kanada haben schon lange verstanden, wie wichtig die Gaming-Industrie ist und haben sie unterstützt. Ein Spiel in Deutschland zu entwickeln, ist im Schnitt 30 Prozent teurer als in anderen Ländern", sagt Falk. Deutsche Spieleentwickler erhoffen sich also von der im Koalitionsvertrag angekündigten Games-Förderung, den nötigen Schub, um wieder Anschluss an den Weltmarkt zu finden.