Südafrikas Finanzminister tritt zurück
9. Oktober 2018Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa ließ sich einen Tag Bedenkzeit - dann kam er dem Wunsch seines Finanzminister Nhlanhla Nene nach. Der hatte nach Berichten südafrikanischer Medien bereits am Montag angeboten, seinen Posten zu räumen. Ramaphosa lobte den Schritt: "Er hat angeboten, zurückzutreten, obwohl er nichts Falsches getan hat. Das ist ein Ausdruck seines Charakters und seiner Verpflichtung unseren Land gegenüber."
Verwicklung in den Gupta-Skandal
Viele Südafrikaner sehen Nene dagegen nicht so positiv: Die Kritik an ihm war in den vergangenen Tagen lauter geworden. Vor einer Untersuchungskommission hatte Nene zugegeben, die umstrittene Unternehmerfamilie Gupta zwischen 2009 und 2014 sechsmal in ihrem Haus in Johannesburg getroffen zu haben. Diese Aussage steht im starken Gegensatz zu seinen vorherigen Behauptungen, er habe die Familie nur bei öffentlichen Anlässen gesehen.
Die Unternehmerfamilie Gupta steht im Mittelpunkt eines beispiellosen Korruptionsskandals, der Südafrika seit Monaten erschüttert und dem früheren Präsidenten Jacob Zuma das Amt gekostet hat. Unter seiner Ägide sollen die Gupta-Brüder von Staatsaufträgen profitiert und sogar Einfluss auf die Besetzung von Ministerposten gehabt haben.
Nenes Nachfolger stand am Dienstag schon an Ort und Stelle für die Vereidigung bereit: Tito Mboweni, der frühere Gouverneur der südafrikanischen Zentralbank. "Mach Dich für Deine erste Kabinettsitzung morgen bereit", sagte Ramaphosa zu seinem neuen Finanzchef. Die Ernennung Mbowenis ist bei den Südafrikanern und auch im Ausland gut angekommen: Der südafrikanische Währung Rand gewann an Stärke. Mboweni arbeitete unter Nelson Mandela bereits als Arbeitsminister, er gilt als erfahren und kompetent.
"Ein Hauch frischer Luft"
Die Entscheidung des Präsidenten kommt für politische Kommentatoren nicht überraschend: "Der Finanzminister trägt eine besondere Verantwortung. Ramaphosa konnte es sich nicht leisten, Nene im Amt zu halten. Das wäre keine gute Botschaft für Investoren gewesen", sagt der politische Kommentator Daniel Silke im DW-Interview. "Sein Abtritt ist ein wichtiges Signal. Es zeigt, dass der von Ramaphosa angekündigte Aufschwung im Land beginnt und Politiker nun Verantwortung für ihre Fehler übernehmen müssen." Der freiwillige Rücktritt eines Ministers von seinem Amt sei ein seltenes Ereignis in Südafrika, fügt er hinzu. "Es ist wie ein Hauch frischer Luft."
Bis zu seinem überraschenden Eingeständnis, die Gupta-Brüder getroffen zu haben, galt Ex-Minister Nene als standfest und integer. Während der Amtszeit von Präsident Zuma hatte er einen umstrittenen Atom-Deal abgelehnt. Aus Sicht von Kritikern hätte die Gupta-Familie davon profitiert, während Südafrika möglicherweise finanziell ruiniert gewesen wäre. "Es ist schon unglücklich, dass jetzt ein Minister, der sich für eine gute Regierung stark gemacht hat, zum Sündenbock wird", sagt Silke.
Braucht der ANC den Neuanfang?
Für den politischen Analysten Aubrey Matshiqi kommt es dagegen gar nicht darauf an, was Nene bei den Treffen mit den Guptas gemacht habe. "Vielmehr kommt es darauf an, dass sein Geständnis eine gewisse Wahrnehmung nährt: Es kreiert eine Image-Krise für den Präsidenten, seine Anhänger und sein Vorhaben, das Land auf integeren Kurs zu bringen", sagt Matshiqi zur DW. Präsident Ramaphosa bleibe nichts anderes übrig, als Nene abzusetzen. Der Anreiz, Nene zu entlassen, sei von außen gekommen: Von den Finanzmärkte, Investoren und Rating-Agenturen. Aber damit sende Ramaphosa die Botschaft, dass gegen jede Art von Fehlverhalten vorgegangen werde.
Dabei brauche die ganze Regierungspartei ANC eine ernsthafte Neuausrichtung, meint Matshiqi. "Sie produziert schlechte Führer und keine charismatischen Persönlichkeiten." Er glaubt, dass Nenes Rücktritt nur der Anfang ist: "Aus allen Flügeln der Partei werden noch weitere Menschen über ihr Verwicklung in den Korruptionsskandal stürzen - wie Dominosteine." Auch Präsident Ramaphosa nimmt Matshiqi bei seiner Kritik nicht aus: Er habe seit seinem Amtsantritt zu viele Kompromisse gemacht. "Er hat nicht, was man braucht, um das Land aus seiner politischen und sozialen Krise zu steuern", sagt Matshiqi. Viele Südafrikaner werfen Ramaphosa vor, andere Minister nicht gefeuert haben, die ebenfalls in den Korruptionsskandal verwickelt sein sollen.