Syriens Referendum im Schatten der Gewalt
26. Februar 2012Mehr als 14 Millionen Syrer waren aufgerufen, über eine neue Verfassung für das arabische Land abzustimmen. Ein Komitee hatte die Verfassungsänderungen im Auftrag von Staatspräsident Baschar al-Assad ausgearbeitet. Künftig soll die alleinige Herrschaft seiner Baath-Partei nicht länger festgeschrieben und die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Mal je sieben Jahre beschränkt werden. Da die Regelung aber erst ab dem Jahr 2014 greifen soll, könnte Assad noch weitere 16 Jahre im Amt bleiben. Er ist bereits seit fast zwölf Jahren Präsident, sein Vater Hafis war 30 Jahre an der Macht. Das Staatsfernsehen feiert die Abstimmung als Schritt zur Demokratie.
"Scheinabstimmungen sind keine Lösung"
Assads Gegner kritisieren die geplanten Verfassungsänderungen jedoch als oberflächlich und wollen dem Referendum fernbleiben. Die Macht des Präsidenten werde kaum eingeschränkt, ihm würden weiterhin "uneingeschränkte Vorrechte" eingeräumt. Aktivisten befürchten zudem, dass künftig nur regimenahe Gruppen Parteien gründen dürften. Auch die internationale Gemeinschaft reagierte skeptisch auf den Verfassungsentwurf.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle bezeichnete das Referendum als Farce. "Scheinabstimmungen können kein Beitrag zu einer Lösung der Krise sein", sagte er in Berlin. "Assad muss endlich die Gewalt beenden und den Weg für einen politischen Übergang freimachen."
"Wer Freiheit will, wird mit Raketen beschossen"
Derweil geht das Blutvergießen in Syrien weiter. Landesweit sollen am Wochenende mehr als 130 Menschen getötet worden sein. Ein Aktivist aus Homs berichtet in einem im Internet verbreiteten Video, die Straßen der Stadt seien leer, und es habe dort auch keine Wahllokale gegeben. "Das ist die neue Verfassung, wer Freiheit will, wird mit Raketen beschossen", sagte er.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bemüht sich derweil weiter darum, Verletzte sowie Frauen und Kinder aus Homs in Sicherheit zu bringen. Seit Beginn der Proteste gegen Assad im März 2011 wurden nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen landesweit bereits mehr als 7000 Menschen getötet.
Sanktionen statt Intervention
Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte eindringlich vor Debatten über eine internationale Militärintervention in Syrien. "Wir müssen alles vermeiden, was Syrien einem Stellvertreterkrieg näher bringen könnte", sagte Westerwelle dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntagausgabe). "Das könnte in der Region einen Flächenbrand auslösen und am Ende eine Konfrontation heraufbeschwören, die bis nach Moskau oder Peking reicht." Deutschland suche daher weiter nach Wegen, eine Eskalation des Konflikts zu verhindern.
Die Außenminister der EU wollen an diesem Montag neue Sanktionen gegen das Assad-Regime beschließen. Dabei geht es unter anderem um Einreiseverbote gegen sieben Minister Assads. Zudem sollen Vermögenswerte der syrischen Nationalbank in Europa eingefroren und der Handel mit Gold, Edelmetallen und Edelsteinen verboten werden.
wa/rb (dapd, dpa, afp, rtr)