Symbol des Zusammenwachsens
23. Juli 2004Die Einweihung der alten Brücke von Mostar fällt zusammen mit einem anderen besonderen Jubiläum der Stadt. Genau zehn Jahre zuvor hatte der ehemalige Bremer Oberbürgermeister Hans Koschnick das Amt des EU-Sonderverwalters für Mostar übernommen. Damals war der Bosnien-Krieg noch im Gange. Aber die bosnischen Muslime und Kroaten hatten in Washington einen Separat-Frieden geschlossen. Koschnicks Ziel war es, die geteilte und zerstörte Stadt wieder zusammenzuführen.
Der Stolz, ein Mostarer zu sein
Den Wiederaufbau der Brücke über die Nerevta sieht er nicht unbedingt als persönliche Errungenschaft – für Koschnik steht sie vor allem für große Hoffnung. "In den Köpfen der Menschen von Mostar war die Brücke immer das Symbol ihrer Urbanität, ihr Bezug zur Vergangenheit und ihre Hoffnung für die Zukunft." Durch den Krieg habe sich das zwar geändert, weil auf beiden Seiten des Flusses viele Vertriebene zugezogen seien und die Bevölkerung sich gemischt habe. "Die Zugezogenen hatten nicht mehr den gleichen Bezug zur Brücke", erklärt Koschnik. Nun aber gebe es wieder etwas, das den Menschen das wiedergeben kann, was früher so wichtig war: "Den Stolz, ein Mostarer zu sein."
Dieser Stolz und der Wunsch nach Versöhnung gehören zu den zentralen Themen der Einweihungsfeier. Sulejman Kupusovic, Regisseur und Zeremonienmeister der Einweihungsfeier, wünscht sich, dass die Festlichkeiten beides widerspiegeln. Eingeladen wurden deshalb Chöre, Musik- und Theatergruppen aus allen Teilen des Landes – sogar aus Novi Sad in Serbien. "Alles zusammen soll eine Emotion hervorrufen", sagt Kupusovic. Die Menschen sollten begreifen, dass Hass zum Schlimmsten gehört, was es gebe. In seinem Programm gehe es deshalb vor allem um die Liebe und die Aussöhnung des Zusammenlebens. Er beschreibt das Bild von zwei Händen, die man sich über die Neretva reicht. Zur Einweihung, so hofft Kupusovic, würden sich wohl einige tausend junge Leute – vor allem aus Mostar - überall um die Brücke herum versammeln. "Diese Nachricht ist ehrlicher und viel stärker als alle möglichen politischen Programme."
Widerstand gegen die Versöhnung
Laut Kupusovic' gibt es auch heute noch starke Widerstände gegen die Vereinigung der Stadthälften. Diejenigen, die dafür gesorgt hätten, dass der Brückenbogen fiel, seien ja nicht weg. "Und die haben kein Interesse an der Rückkehr der alten Brücke, an einer völlig neuen Idee und an einer Atmosphäre, die uns heute fast unglaublich scheint", so der Filmemacher. Er erzählt von den hunderten Kindern und Jugendlichen, die man aus dem kroatischen Stadtteil zum Festival eingeladen hatte. "Die kamen mit einer unglaublichen Freude über den Spanischen Platz und über die Tito-Brücke – beides einst blutig umkämpfte Orte der Stadt - in den mehrheitlich muslimischen Ostteil." Tausende andere Mostarer hätten sie dort empfangen, ohne dass sie schief angeschaut worden seien, sagt Kupusovic.
Hans Koschnick hat zwar selbst viele Rückschläge und Enttäuschungen in seiner Amtszeit erlebt. Er ist dennoch zuversichtlich, dass der Brückenschlag von Mostar einen wichtigen weiteren Schritt zur Aussöhnung markiert – auch, wenn die Menschen noch Narben haben.